Die August-Ausgabe des Online-Diskussionsformats „TMV direkt“ hatte die Hamburger Bundestagsabgeordnete Dorothee Martin (SPD) zu Gast. Quintessenz: Taxen haben einen gesellschaftlichen Auftrag und sollen nach Möglichkeit in das Gesamtangebot des ÖPNV integriert werden.
Engagiert und kompetent stellte sich die aktuelle verkehrspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion der Branche vor. Nachdem sie sich über neun Jahre in der Hansestadt für Verkehrsthemen stark gemacht und sich dabei im Gewerbe als Förderin des Hamburger Moia-Engagements nicht nur Freunde gemacht hat, ist sie nun in der Bundespolitik aktiv und hatte dabei ein sehr offenes Ohr für die aktuellen Sorgen und Nöte des Taxigewerbes.
Als wichtiges Anliegen Ihrer Politik nannte Sie den Teilhabe-Aspekt, also die Möglichkeit, allen Bürgern den Zugang zu sämtlichen öffentlichen Angeboten zu ermöglichen. Ein Vertreter der Taxen-Union Hamburg habe das letztens so schön formuliert und gesagt, dass das Taxi eben nicht nur für Anzugträger da sein dürfe. Damit sprach sie den teilnehmenden Branchenvertretern natürlich aus der Seele.
Gleichzeitig hatte Doro Martin auch einige Fragen an die Taxler mitgebracht. Vor allem wollte Sie gern wissen, ob die neuen Tools wie Tarifkorridore oder Mindestpreisregelungen für Mietwagen aus der PBefG-Novelle schon Wirkung zeigen. Eine klare Absage erteilte sie jedoch von vornherein möglichen Forderungen der Verwendung von Regionalisierungsmitteln außerhalb der engen Grenzen des ÖPNV-Linienverkehrs. Sharing Mobiity sei zwar ein wichtiges Thema der Zukunft, jedoch sehe sie hier eher die Kreativität der Regionen in der Pflicht. Dies gelte auch für den Wunsch, die Förderung von Inklusionstaxis über deren Aufnahme in die Regelungen des Sozialgesetzbuches zu forcieren. Auch im Rahmen der aktuellen Haushaltsberatungen im Bund müsse klar sein, dass Sparen die aktuelle Vorgabe sei und für Mehrausgaben derzeit keine Mittel verfügbar seien, egal wie charmant die einzelnen Ideen dafür im Detail auch seien.
Genauso klar erteilte die Bundestagsabgeordnete auch dem Reizwort der Technologieoffenheit eine Absage. Die Entscheidung sei gefallen und die Elektromobilität sei unumkehrbar die Technik der Zukunft in Deutschland. Weder Wasserstoff noch E-Fuels müssten ihrer Meinung nach noch für den Verkehr mit Pkw immer wieder als Thema aufgewärmt werden. Die drängende Aufgabe sei nunmehr vielmehr, die notwendige Ladeinfrastruktur dafür zu schaffen und die E-Mobilität über die Prämisse des Förderns und Regulierens nach dem Beispiel Hamburgs auch für Taxis und Mietwagen so schnell wie möglich zu etablieren. Dies würde sie auch persönlich forcieren, indem sie als Kundin wo möglich immer das E-Taxi dem Verbrenner vorziehen würde.
Mit großem Interesse nahm Doro Martin auch die Anregungen aus der TMV-direkt-Gesprächsrunde auf und schrieb fleißig mit. Zunächst beschrieb Thomas Kroker die erste Umsetzung eines Tarifkorridors für München, welche erst vor wenigen Tagen endgültig beschlossen worden war. Mit der Option, Kunden nun endlich im Voraus Festpreise für Beförderungsaufträge zusagen zu können, mache das Gewerbe in der bayerischen Landeshauptstadt wieder Boden gegenüber den Mietwagenanbietern gut. Allerdings fehle nun noch die parallele Umsetzung einer Mindestpreisregelung für Mietwagen. Ohne diese bleibe die Einführung des Tarifkorridors ein zahnloser Tiger.
Zusätzlich müsse sichergestellt werden, dass auch bei der Entlohnung Gleiches mit Gleichem verglichen werde. Taxis und Mietwagen hätten ja letztlich dieselben minimalen Lohn- und Fahrzeugkosten, da könne es natürlich nicht angehen, dass Mietwagen trotz des höheren Steuersatzes Taxipreise unterböten, ergänzte Dr. Michael Stehr bei seinem Bericht aus den Uber-Brennpunkten Düsseldorf und Köln. Inzwischen seien hier vier Gutachten im Umlauf und die nordrhein-westfälische Landeshauptstadt habe ein fünftes in Auftrag gegeben, welches die Ergebnisse der ersten vier nun in Relation setzen solle. Für Düsseldorf lägen inzwischen Anträge für 200 weitere Mietwagenkonzessionen vor, gleichzeitig sei die Anzahl der Taxikonzessionen um 100 gesunken.
Eine aktuelle Untersuchung aus Mannheim solle im Übrigen (nach seinen bisher noch vertraulichen Informationen) ergeben haben, dass dort in der Mietwagenbranche nur die Hälfte der Arbeitsstunden tatsächlich auch bezahlt würden. Daher seien nach seiner Einschätzung erste Kontrollen schon drei Monate nach Konzessionserteilung notwendig und nannte hier als Vorbild die konsequente Arbeit der Hamburger Genehmigungsbehörden. Parallel berichtete Stehr von zunehmenden Beschwerden über fehlende Sprachkenntnisse der Uber-Fahrer. Die Umsetzung von App-Lösungen sei so eben nur ein Teil, auch die Dienstleistung müsse stimmen, wenn Anbieter wie Uber Taxiverkehre ersetzen wollten.
Besonders beim Thema Mannheim hörte die SPD-Politikerin Martin besonders aufmerksam zu. Hier schlug sie vor, dass sie Behörden bei Arbeitszeitkontrollen nach einem Best-Practice-Prinzip nach Möglichkeit austauschen sollten, um hier ein Vollzugsdefizit zu eliminieren, und schrieb sich diese Anregung gleich auch ins eigene Lastenheft. Allerdings definierte sie auch klar, dass es gegebenenfalls die Aufgabe des Bundes sei, Gestaltungsspielräume zu schaffen, welche sich Länder und Kommunen dann zu Eigen machen müssten.
Beim Thema der kleinen Fachkunde war mach sich einig, dass hier endlich Ergebnisse her müssen. Keinesfalls dürfe die Verkehrsministerkonferenz im Oktober diesbezüglich ergebnislos verstreichen. TMV-Vize Markus Gossmann verwies allerdings auch darauf, dass die Problematik der Identitätsprüfung bei Online-Prüfungen bisher noch ungelöst seien. Stehr verwies auf die leider immer wieder erkennbare, ausgesprochen große kriminelle Energie, die Teile der Branche auszeichneten.
Gossmann trug dann auch die leidige Problematik der anstehenden Aufnahme der Taxameter in die Regelungen der Kassensicherungsverordnung schon zum anstehenden Jahreswechsel vor (Taxi Times berichtet regelmäßig). Besonders ärgerlich sei dabei auch, dass sich inzwischen ungesundes Halbwissen zum Thema verbreite, da einzelne Anbieter Falschinformationen verbreiteten und behaupten würden, dass die Umsetzung der Reglungen zum Jahreswechsel noch möglich sei. Auch der Bundestagsabgeordneten lagen solche Informationen vor. Gossmann zufolge gehe es aber eben nicht allein um die TSE-Karten, sondern auch um die umgebende Hardware, die nie und nimmer zum 1. Januar 2024 für 100.000 Fahrzeuge zur Verfügung stehen würden. Es sei unsäglich, dass hier einzelne Anbieter nur den Erfolg ihres Produkts im Auge hätten. Auf Martins Nachfrage stellte er selbst den Januar 2025 als möglichen Umsetzungstermin noch in Frage.
Doro Martin bot an, die drängende Problematik an ihre Kollegen im Finanzausschuss weiterzuleiten und dort um eine entsprechende Anfrage an das Finanzministerium zu bitten. Leider seien Wunsch und Realität auch im BMF nicht immer deckungsgleich. Auch wenn immer noch wenig Hoffnung besteht, die Katastrophe der stumpfen Umsetzung der Regelungen noch verhindern zu können, hinterließ dieses Statement dann immerhin etwas Hoffnung.
Das Onlineformat „TMV direkt“ wird am 4. September fortgesetzt, diesmal erneut mit Michael Donth von der CDU. rw
Hinweis der Redaktion: Alle bei Taxi Times bisher veröffentlichten Beiträge zum Thema TSE-Pflicht finden Sie hier.
Screenshot: TMV