Der Mörder des Berliner Taxifahrers Mustafa A. gibt vor Gericht menschenverachtende Aussagen von sich. Er habe A. getötet, um sich eine Mahlzeit genehmigen zu können. Es hätte jeden anderen treffen können.
Den Tatvorwurf, einen Taxifahrer in Berlin erstochen zu haben, hatte Hassem B. bei der Polizei ohne Umschweife eingeräumt. Die Beute waren nur zehn Euro, aber mehr wollte er gar nicht unbedingt, denn es reichte für eine Tüte Chips und einen Softdrink. Der 24-Jährige Doppelmörder, der Anfang April in Berlin-Grunewald den Taxifahrer Mustafa A. tötete, offenbarte in seinen Vernehmungen nach der Tat eine erschreckend menschenverachtende Gesinnung, wie nun im Gerichtsprozess bekannt wird, der am Dienstag begonnen hat. Das Abspielen einer Verhör-Aufzeichnung im Gerichtssaal in Berlin-Moabit hat am ersten Verhandlungstag für Entsetzen gesorgt. „Töten ist eine gute Sache“ – dieses Zitat des Angeklagten haben einige Medien in ihre Schlagzeilen genommen.
Die „Berliner Zeitung“ schreibt von „verstörenden Momenten“, die das Abspielen der Aufzeichnung in der Gerichtsverhandlung bewirkt habe. Im Saal 701 des Berliner Strafgerichts hätten gegen 11 Uhr alle Anwesenden den Atem angehalten. Der Angeklagte sagte gegenüber zwei Polizeibeamten und einem Dolmetscher, Töten sei „eine gute Sache.“ Die Aufzeichnung wurde auf einem großen Bildschirm für Besucher und Prozessbeteiligte abgespielt.
Die Tat hatte zu Ostern dieses Jahres weit über Berlin hinaus für Entsetzen gesort: Am frühen Morgen des 6. April 2023, Gründonnerstag, war der Beschuldigte am Bahnhof Südkreuz aus Belgien eingetroffen (dort hatte er zwei Tage zuvor bereits gemordet) und hatte sich, nachdem ein erster Taxifahrer ihn aus nicht genannten Gründen abgewiesen hatte, in irgendein anderes Taxi gesetzt – Mustafa A. war ein reines Zufallsopfer. Der schwerverletzte 53-jährige Taxifahrer wurde wenig später von einem Passanten nahe einem Hotel in der Brahmsstraße gefunden. Der Passant leistete sofort Erste Hilfe, doch der Familienvater starb Stunden später im Krankenhaus. Bereits am nächsten Tag wurde B. in Flensburg von der Polizei gefasst.
Laut Presseberichten erzählte Hassem B. in der Vernehmung von seiner Flucht aus Tunesien im Jahr 2011, als er 13 war. Über die italienische Mittelmeerinsel Lampedusa habe ihn der Weg nach Frankreich, dann nach Belgien geführt, wo er bis Anfang 2023 lebte. Die Beamten wollten sich die „außergewöhnliche Einstellung“ des Angeklagten gegenüber Menschenleben erklären und fragten ihn nach den Hintergründen seiner Flucht und ob er in Tunesien Opfer von Gewalt geworden war. Auf beide Fragen sagte der Beschuldigte, die Antworten seien „zu privat“.
Vor Gericht sitzt der Tunesier, der laut „Tagesspiegel“ wegen Diebstahls und weiterer Delikte vorbestraft ist, auf der Anklagebank in einer Glaskabine und schaut das Video seiner Vernehmung schweigend mit an. Seine Verteidigerin hat zu Beginn gesagt, ihr Mandant wolle vorerst nicht aussagen. Die beiden Tötungsdelikte hat er bereits mehrfach gestanden: den Mord an Taxifahrer Mustafa A. und zuvor den an seiner Freundin in Belgien.
Später im Film erzählt der Angeklagte, er sei nach der ersten Bluttat in Lüttich in den Zug gestiegen. Eigentlich habe er über Dänemark nach Oslo Fahren wollen. Beim Umsteigen auf dem Weg nach Berlin habe er in der Nacht schon versucht, jemanden zu finden. Er hätte am Mittag des Vortages zuletzt etwas gegessen. „Als ich ausgestiegen bin, hatte ich Hunger“, sagt er, „ich wollte jemandem Geld wegnehmen, ihn töten.“ Auf den Straßen habe er allerdings niemanden gefunden, obwohl „jeder“ infrage käme. Um im Zug jemanden nach Geld oder Essen zu fragen, sei er zu stolz gewesen.
Die Polizeibeamten im Video fragen ihn, nachdem er erzählt hatte, bei Lidl Schuhe gestohlen zu haben, warum er dort nicht auch Bananen oder sonstige Lebensmittel gestohlen hätte, statt einen Menschen umzubringen. Der Angeklagte sagt: „Wenn man etwas haben will, dann muss man töten.“ Kurz vor dem Ende des Videos beschreibt B. die Situation, als der Taxifahrer, dem er das Klappmesser in den Hals gestochen hatte, sich aus dem Fahrzeug geschleppt hatte und er allein im Taxi saß. Er suchte nach Geld und fand nur zehn Euro. Auf die Frage, ob er damit zufrieden gewesen sei, antwortet er: „Es hat gereicht, um meinen Bauch vollzumachen und weiterzufahren.“ Von den zehn Euro habe er sich Chips, „Capri-Sonne“ und einen Kaffee gekauft, bevor er mit dem Zug über Hamburg nach Flensburg fuhr.
Die ganze Aufzeichnung dauert zweieinhalb Stunden. Am Schluss fragen die Vernehmungsbeamten Hassem B., ob er weiter töten wolle. Er weicht zunächst aus – jetzt sei er ja im Gefängnis. Und danach? „Ich glaube, ich werde es fortsetzen.“ Das Gericht hat angedeutet, Hassem B. könnte in eine psychiatrische Klinik eingewiesen werden. Der nächste Verhandlungstag ist Dienstag, der 5. September. Letzter Verhandlungstag mit Urteilsverkündung soll der 29. September sein. ar
Beitragsbild: Das Berliner Strafgericht in Moabit; Foto: Axel Rühle