Erst Brüssel, dann Australien, jetzt London: Das Verfahrenskürzel „BULit21“ klingt wie das Wort „bullet“ (Kugel aus einer Schusswaffe) – was die Fantasie der Beobachter anregt: Die Einschläge für Uber kommen näher.
In Australien wurde Anfang letzter Woche vor Gericht festgestellt, dass der Uber-Konzern, als er „wie Piraten” den australischen Markt enterte, rechtswidrig handelte. Nach einem fünf Jahre dauernden Gerichtsstreit zahlt Uber mindestens 8.000 australischen Taxi- und Mietwagenfahrern umgerechnet gut 163 Millionen Euro Entschädigung, was für manche aber schlicht und einfach zu spät kommt. Jetzt läuft auch in London für rund 11.000 Black Cab-Fahrer ein ähnlicher Gerichtsprozess an, der genau genommen bereits 2021 auf den Weg gebracht wurde.
Kürzlich wurde in dem Rechtsverfahren RGL Black Cab versus Uber Litigation 2021, abgekürzt BULit21, mit 14,7 Millionen Pfund (17,14 Mio. Euro) die Prozessfinanzierung erfolgreich gesichert. Diese Klage, geführt von der Londoner Anwaltskanzlei RGL Management, „zielt auf Wiedergutmachung der Verluste, die durch den Betrieb von Uber ab Juni 2012 bis März 2018 für Londoner Taxifahrer entstanden sind und in dem Bemühen, die finanzielle Lage der Antragsteller zu schützen.”
Neben dieser Finanzierung gibt es eine sogenannte Event-Versicherung (ATE), womit die Rechtskosten für die knapp 11.000 beteiligten Taxifahrer übernommen werden – unabhängig vom Ausgang des Rechtsstreits. Die Vorkehrungen sind getroffen und dazu gehört auch eine Reduzierung des Gewinnanteils des Geldgebers von 30 auf 27,5 Prozent, was eine Erhöhung der potenziellen Auszahlung für jeden am Schadensfall beteiligten Fahrer bedeuten würde.
Der Anspruch eines Taxifahrers könnte bis zu 25.000 Pfund (29.143 Euro) betragen, bevor Gebühren anfallen. Unter dem Strich könnte jeder Fahrer mit etwa 18.000 Pfund (20.983 Euro) rechnen. Damit könnte dieses Gerichtsverfahren von 11.000 Taxifahrern den Uber-Konzern um die 320.738 Millionen Euro Schadensersatz kosten.
Die Klage wird von der führenden Anwaltskanzlei Mishcon de Reya eingereicht. Die Anwaltskanzlei wird versuchen, die ersten Klagen vor dem Obersten Gerichtshof einzubringen. „Fahrer, die die Kriterien als potenzielle Antragsteller erfüllen, werden weiterhin eingeladen, sich dem Rechtsstreit anzuschließen, und jeder lizenzierte Londoner Taxifahrer, der zwischen Juni 2012 und März 2018 gearbeitet hat, ist anspruchsberechtigt. Es wird erwartet, dass die Bewerbungen im Mai abgeschlossen werden.”
Wie in Australien ist damit zu rechnen, dass sich Uber auch in London mit aller Kraft gegen jede Klage der Black-Cab-Fahrer wehren wird. Ähnliche Klagen, gerade im Bezug auf die „Piratenjahre“ von Uber, sind auch in anderen Ländern zu erwarten. Auch in Brüssel, wo das Berufungsgericht feststellte, dass Uber zwischen 2015 und 2022 illegal in der belgischen Hauptstadt arbeitete, können Taxiunternehmer Schadensersatz verlangen.
Von allen diesen Klagen unbeirrt, versucht Uber noch immer, Londoner Taxifahrer dafür zu interessieren, sich der App anzuschließen. Ein Uber-Sprecher behauptet, dass es „Startversuche” gegeben hat und dass die Black-Cab-Option in der Uber-App „wie geplant läuft.” Anfang 2024 wollte Uber mit diesem Service starten. „Doch nach allem, was wir gesehen haben,” so kommentieren Londoner Taxifahrer, „hat Uber nur geringe Fortschritte gemacht.”
Der Uber-Sprecher behauptet „man hätte viele Fahrer getroffen”, meist in kleinen Diskussionsgruppen, „wo das Feedback sehr groß war.” Uber hat keine gezielte Fahrersuche über soziale Medien versucht und auch die Verteilung von Flugblättern an Taxiständen stieß oft auf heftigen Widerstand der Black-Cab-Fahrer. Die Taxifahrer erinnern sich allzu oft an die Jahre 2012 bis 2018, in denen Uber illegal in der britischen Hauptstadt arbeitete. Die spätere Erfolgsbilanz der Ride-Hailing-Giganten machte es für die Taxifahrer besonders bitter. wf
Beitragsbild: Das Kürzel für die Gerichtsklage „BULit21“ (Wortspiel: Bezeichnung klingt wie „bullet“, also Geschoss) inspirierte das Londoner „Taxi-Newspaper“ zu diesem Cover. Screenshot: Taxi Newspaper