Beim Zusammentreffen von Taxigewerbevertretern und Politikern in Berlin hat BVTM-Präsident Herwig Kollar erneut klargemacht, wie sehr die Untätigkeit der Behörden gegenüber Uber & Co. die Taxibranche bedroht und dass das Taxi als Teil des ÖPNV im ländlichen Bereich nicht durch Konkurrenzflotten ersetzt werden darf.
Wie schon im letzten Jahr hatte der Bundesverband Taxi und Mietwagen e. V. (BVTM) für gestern Abend in eine Landesvertretung eingeladen, diesmal die saarländische, und eine kleine Gesprächsrunde aus drei Personen plus Moderator zusammengestellt. Diskussionsteilnehmer waren diesmal von der Opposition Michael Donth, langjähriger Bundestagsabgeordneter der CDU und Verkehrsexperte, aus der Koalition der SPD-Verkehrspolitiker Jan Plobner, der seit November 2021 Mitglied des Bundestages ist, sowie der BVTM-Präsident und Experte für Personenbeförderungsrecht, Rechtsanwalt Herwig Kollar. Donth und Plobner sind im Parlament Mitglieder des Verkehrsausschusses.
Unter den Besuchern waren neben zahlreichen Gewerbevertretern aus ganz Deutschland auch weitere Bundestagsabgeordnete, darunter der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, Oliver Luksic von der FDP.
Herwig Kollar begrüßte die Gäste und gab eine Einführung, bevor Oliver Luksic eine Ansprache hielt. Anschließend leitete BVTM-Geschäftsführer Michael Oppermann die Diskussion ein und bat die Diskutanten auf das Podium. Über eine Auswahl der diskutierten Themen wird Taxi Times gesondert berichten.
Kollars Ansprache enthielt eine Zusammenfassung der Lage auf dem individuellen Personenbeförderungsmarkt: Ubers Markteintritt in Deutschland erfolgte 2014. Das Geschäftsmodell des Fahrdienstanbieters bezeichnete Kollar als „hochgradig rechtswidriges Modell, mit dem jeder, der ein Auto hatte, ungeprüft, ohne Lizenz, ohne besondere Fahrerlaubnis, ohne besonderen Versicherungsschutz, entgeltliche Personenbeförderung durchführen konnte, vermittelt durch eine Plattform aus Kalifornien.“
Die Taxibranche habe sich damals verwundert die Augen gerieben – „nicht nur über diese Unverfrorenheit, sondern vor allem auch über die Untätigkeit der Verwaltungen und der Politik!“ Es habe zugegebenermaßen Verbotsverfügungen von den Verwaltungen etwa in Berlin und Hamburg gegeben, die aber nur regional wirkten. Um das Verbot von „Uber Pop“ bundesweit durchzusetzen, habe es dann schon eines Gerichtsverfahrens durch das Taxigewerbe bedurft.
„Interessant“ sei die Reaktion von Uber gewesen, die Kollar auf die Aussage verkürzte „das interessiert uns nicht, wir machen weiter“. Uber habe diis damkit begründet, dass das Personenbeförderungsgesetz (PBefG) veraltet sei und man deshalb eben eine Digitalisierung brauche.
Im Taxigewerbe habe man sich weiter verwundert die Augen gerieben: Es war gerichtlich festgestellt worden, dass Rechtsverstöße vorlagen, und im PBefG stehe, wer ohne Genehmigung Personen befördert, riskiert 20.000 Euro Geldbuße für jeden Einzelfall. Doch passiert sei nichts. 2019 stellte ein Gericht fest: Juristisch gesehen ist Uber Beförderer (und nicht, wie häufig behauptet und sogar auf vielen Mietwagentüren aufgedruckt, lediglich Vermittler). Als Unternehmer brauche Uber eine Genehmigung. Wiederum habe niemand reagiert, weder die Politik noch die Verwaltungen.
Heute, zehn Jahre nach Ubers Markteintritt, wird in Verkehrsauschüssen wie kürzlich im Berliner Abgeordnetenhaus „frank und frei erklärt: Das Geschäftsmodell von Uber funktioniert nicht. Es sind illegale Unternehmen unterwegs. Der Leiter der Zollfahndung in Berlin spricht von organisierter Clan-Kriminalität.“
Kollars vorsichtig formuliertes Fazit: „Jetzt, glaube ich, ist die Zeit zum Handeln gekommen – sowohl für die Politik wie auch für die Verwaltungen.“ Die Taxibranche sei „immeendlich in der Praxis angewandt werden.“ Die Tatsache, dass das Taxigewerbe „bisher relativ zurückhaltend und zivilisiert auf diese ganzen Umstände reagiert hat“, dürfe nicht darüber hinwegtäuschen, dass es „eine große Verzweiflung und riesige Enttäuschung über diese Entwicklung in den letzten zehn Jahren“ gibt, die zu einer besorniserregenden Politik- und Verwaltungsverdrossenheit führt.
Dann richtete Kollar sich direkt an die Politiker: Wenn Politik und Verwaltung auf diese Zustände nach zehn Jahren jetzt nicht endlich hart reagieren, dann werde es ausgesprochen schwierig. „Dann wird auch das Taxigewerbe nicht mehr so zivilisiert und zurückhaltend agieren können.“
Kollar erwähnte eine Aussage des Juniorchefs der milliardenschweren Drogeriekette Rossmann: „Es scheint eine gewisse Narrenfreiheit für fragwürdige Plattformmodelle in Deutschland zu geben.“ Roßmann jun. fordere: „Wer sich als Plattformbetreiber nicht an die Regeln hält, muss abgeschaltet werden.“ Das komme aus einer Branche, die mit dem Taxigewerbe nichts zu tun habe, doch werde auch der Einzelhandel von Wettbewerbern unter Druck gesetzt, „die sich an keine Regeln halten und keinen Einhalt geboten bekommen von den Stellen, die dafür eigentlich vorgesehen sind.“
Dies alles sei nur eines der Themen, mit denen der Bundesverband die Politiker im Rahmen des Parlamentarischen Abends konfrontieren wolle. Ein weiteres sei die Mobilitätswende, für die man insbesondere auf dem Land noch nach Lösungen suche. Auch hier habe man bereits vor zwei oder drei Jahren darauf hingewiesen, dass die in diesem Bereich bisher umgesetzten Maßnahmen in eine völlig falsche Richtung abzudriften drohen. „Modelle werden gefördert mit Millionensubventionen, ohne dass irgendwie auf Effektivität geachtet wird. Es sollen Parallelstrukturen von Flotten aufgebaut werden, die von öffentlichen Verkehrsbetrieben oder sonstigen Unternehmen betrieben werden.
Kollar erinnerte daran, dass es eine Flotte gibt, „die schon da ist, die auch schon in den letzten Jahrzehnten Mobilität auf dem Land aufrechterhalten hat – mit Anruf-Sammeltaxen, Rufbussen, Krankenbeförderung. Zur Erinnerung: 85 Prozent aller Krankenbeförderungsfahrten in Deutschland werden von Taxi- und Mietwagenunternehmen durchgeführt, und wenn man jetzt mit falschen Entwicklungen in diesem Bereich die bestehenden Strukturen gefährdet oder sogar zerstört, wird das Auswirkungen haben für die Bevölkerung in ländlichen Strukturen.“
Abschließend formulierte Kollar einen dringenden Appell an die Politiker: „Gucken sie sich den Markt genau an, gucken sie sich unsere Vorschläge genau an, und diskutieren sie offen, ehrlich und vorurteilsfrei mit uns darüber und ringen sie mit uns gemeinsam um die beste Lösung!“
Darauf folgten die Ansprache von Staatssekretär Luksic und die von Michael Oppermann moderierte Podiumsdiskussion, bevor die Gäste sich bei warmem Frühlingswetter im Garten der Landesvertretung noch lange über die diskutierten Themen austauschten. ar
Beitragsbild: BVTM-Präsident Herwig Kollar bei seiner Eröffnungsrede; Foto: Axel Rühle