Durch den Bruch der Ampelkoalitionen und den für Februar vorgesehen Neuwahlen bleibt den Parteien wenig Zeit, detaillierte Wahlprogramme auszuarbeiten. Der Taxi- und Mietwagenverband (TMV) hat auf sieben Seiten seine Forderungen an die Parteien formuliert, sorgt aber bei der Begrifflichkeit für Verwirrung.
Der TMV bezeichnet seine Forderungen als „Wahlprüfsteine“. Als solche werden in der Regel Anfragen von Interessenverbänden zu bestimmten Sachthemen bezeichnet, die dann von den Parteien beantwortet werden – auf Basis des bereits ausgearbeiteten Wahlprogramms.
Die als Wahlprüfsteine deklarierten Forderungen des TMV sind allerdings nicht in Frageform formuliert, sondern enthalten Empfehlungen, wo die Parteien politisch ansetzen sollten, um die richtigen politischen Rahmenbedingungen für ein wirtschaftlich tragfähiges Taxi- und Mietwagenwesen zu schaffen. Man sehe die Wahlprüfsteine als wichtige Eckpunkte für das Wahlprogramm, die politische Diskussion und für ein künftiges Regierungsprogramm.
Aufgeteilt ist der siebenseitige Forderungskatalog in die Themenblöcke Verkehr, Arbeit & Soziales, Wirtschaft und Finanzen sowie Umwelt. Beim letzteren Thema betont der TMV seine Haltung zur Technologieoffenheit und sieht bei der Dekarbonisierung des gewerblichen Straßenpersonenverkehrs dringenden Handlungsbedarf.
Die längsten Ausführungen finden sich bei den TMV-Wahlprüfsteinen zum Thema Verkehr. Die Mobilitätsdatenlieferverpflichtungen sollten so ausgestaltet sein, dass „die Genehmigungsbehörden diese auch zum Erkennen und Ahnden von Verstößen nutzen können.“
Auch bei einem der Kardinalfehler der Novelle des Personenbeförderungsgesetzes fordert man von der künftigen Bundesregierung eine Korrektur: „Insgesamt krankt die PBefG-Novelle 2021 daran, dass der Gesetzgeber an vielen Stellen es unterlassen hat, für neugestaltete Vorschriften eine Ordnungswidrigkeitenbewehrung vorzusehen.“ Damit fehle die behördliche Durchsetzungsmöglichkeit über Ordnungsgelder.
Um das Taxi als öffentliches Verkehrsmittel und als integraler Bestandteil der Daseinsvorsorge zu stärken, fordert der TMV, dass die klare Abgrenzung zum privatwirtschaftlichen Mietwagen bereits textlich innerhalb des PBefG hervorgehoben wird. Zudem solle die Politik verstärkt auf das ÖPNV-Taxi setzten, indem man es durch bundesgesetzliche Rahmenrechtssetzungen fördert. Konkret schlägt der Verband die Einrichtung einer Kompetenzstelle auf Bundesebene vor.
Da der TMV den Mobilitätsmarkt in Deutschland als stark regulierten Markt ansieht, komme den Kontroll- und Steuerungsinstrumenten der Genehmigungsbehörden eine beträchtliche Bedeutung zu. Ein solches Steuerungsinstrument aus der Personenbeförderungsrechtsnovelle 2021 ist das Mindestbeförderungsentgelt für Mietwagenverkehre. Solche Mindestbeförderungsentgelte können derzeit nur im Wege der Allgemeinverfügung oder Einzelverfügung durch die Genehmigungsbehörden festgelegt werden. Deshalb sei es sinnvoll, hier ebenfalls eine Verordnungsermächtigung analog zu § 51 PBefG einzuführen.
Überdacht werden sollte laut dem Forderungskatalog auch die bestehende Regelung der BOKraft zur Zulässigkeit von Werbung. Sie sei ein Relikt aus der Zeit, als das Taxi in Form einer Limousine mit Kofferraumdeckel auf den Straßen unterwegs war. Dies entspräche nicht mehr der Realität und zum anderen könnten die Genehmigungsbehörden in Sachen Ausnahmeanträge entlastet werden, wenn in der BOKraft künftig bei fünftürigen Fahrzeugen – analog zu den Seitentüren – auch auf der Heckklappe Werbung unterhalb der Fenster grundsätzlich gestattet sein würde.
Die Digitalisierung sei der Motor für die Mobilität der Zukunft, ist sicgh der TMV sicher. Dabei läge der Hauptaugenmerk derzeit auf Bestellsystemen. Wichtig sei aber auch, die Digitalisierung insgesamt voranzutreiben. „Stiefmütterlich wurde bislang die Möglichkeit des konformitätsbewerteten softwarebasierten Systems (§§ 28 Abs. 1 Satz 2, § 30 Abs.1 Satz 2 BOKraft) als Alternative zum Fahrpreisanzeiger (Taxameter) bzw. auch Wegstreckenzähler behandelt“. >Als TMV erwarte man daher eine Anpassung der Eichvorschriften zur Ermöglichung dieser Systeme, eine klare technische Regelung sowie deren ideelle und materielle Entwicklungsförderung. Außerdem bedingt sich der TMV eine mittelfristige Verpflichtung zum Betrieb digitaler Systeme aus, um einen entsprechenden Anpassungsdruck zu erzeugen, weniger beim ohnehin technologieaffinen Gewerbe, als vielmehr bei den Herstellern von Fahrpreisanzeigern, von deren Entwicklung das Gewerbe abhängig sei.
Um in Zukunft Sichtkontrollen zu vereinfachen, schlägt der TMV eine bundeseinheitlich vorzunehmende Vorgabe in der BOKraft zur Gestaltung der Ordnungsnummern vor. Eine Kombination aus ein- bis dreistelligem Unterscheidungszeichen aus Buchstaben zur eindeutigen Identifizierung des Verwaltungsbezirks der Genehmigungsbehörde sowie einer vierstelligen Nummer, deren ersten beiden Ziffern eine eindeutige Identifizierung der Betriebssitzgemeinde ermöglichen, wäre von Vorteil. Eine entsprechende Liste sei zudem im Bundesanzeiger zu veröffentlichen.
Da sich in den letzten Jahren Fahrzeuge derart verteuert haben, dass das Gewerbe in vielen Fällen auf gebrauchte Fahrzeuge anstatt Neufahrzeugen zurückgreifen muss, um wirtschaftlich arbeiten zu können, fordert der TMV ein modernes Eichrecht, welches es ermöglicht alle Fahrzeuge zu Taxis oder Mietwagen umzubauen.
Ein weiterer Punkt auf der Agenda ist die Stärkung der Verbände. Diese sind Anhörstellen nach § 14 Abs. 2 PBefG. Bis dato sind sie dabei, anders als die Anhörungsstellen für den Linienverkehr, nur gutachtlich und nicht aus eigenem Interesse und Recht zu hören. Dadurch seien die Rechtsschutzmöglichkeiten begrenzt, eine Anpassung unumgänglich.
Die derzeitige Ausgestaltung des Mindestlohns erachtet der TMV als effektives Instrument gegen Lohndumping. Er sorge für faire Arbeitsbedingungen, mit dem auch ein für alle gleicher Wettbewerbsrahmen festgelegt wird. Damit das so bleibe, sei es nötig, dass die Festlegung durch die Mindestlohnkommission frei von politischer Einflussnahme oder gar Einmischung erfolge. Zudem solle die Einhaltung des Mindestlohns weit stärker und effektiver kontrolliert werden, nicht durch mehr bürokratischen Aufwand bei den Arbeitgebern, sondern durch mehr und besseres Personal bei den Kontrollbehörden.
Da Inklusionstaxen ein wesentliches Element für die Mobilität und gleichberechtigte Teilhabe behinderter Menschen darstellen sollte ein weiterer Ansatzpunkt Kapitel 13 des SGB IX sein: Die unentgeltliche Beförderung schwerbehinderter Menschen im Öffentlichen Personennahverkehr. Dabei ließe sich die Idee des Inklusionstaxis als originärer Bestandteil des ÖPNV durch die Ergänzung des § 230 Abs. 1 SGB IX durch eine hinzugefügte Ziffer 8 „Inklusiontaxen“ verwirklichen. Das Angebot, auf den Rollstuhl angewiesene Menschen zu den gleichen Bedingungen zu befördern wie der übrige ÖPNV, wäre eine bürokratiearme Lösung für die Beförderungsberechtigten wie auch für die Unternehmen. Wenn der amtliche Berechtigungsausweis auch im Inklusionstaxi ausreichen würde, entfielen beispielsweise komplizierte Gutscheinlösungen. Zudem sollte, laut TMV, der Bund als Kostenträger für den neuen Bereich Inklusionstaxen festgeschrieben werden.
Ferner fordert der Taxi- und Mietwagenverband Deutschland gutes Unternehmertum und faire Arbeitsbedingungen. Hierbei seien die Rechenschaftspflicht beim algorithmischen Management sowie die Förderung von Transparenz und Rückverfolgbarkeit der Plattformarbeit von zentraler Bedeutung. Die Vermeidung von prekärer Scheinselbständigkeit und ausbeuterischer Lohnarbeit sei von Nöten, insbesondere durch „das Unterlassen der mittelbaren Subventionierung solchen Geschäftsgebarens durch fehlgesteuerte staatliche Sozialleistungen“.
Unter dem Punkt „Wirtschaft & Finanzen“ mahnt der TMV zum einen zu einer gesetzlichen Neuregelung der grenzüberschreitenden Unternehmensveräußerungen, die künftig verhindere, dass bei Unternehmensverkäufen über die Landesgrenzen hinaus, Abgabenforderungen und Nachweispflichten ins Leere laufen. Möglich wäre dies beispielsweise durch eine persönliche Haftung der Veräußerer.
Zum Anderen führt der TMV unter diesem Punkt die Forderung nach einer Umgestaltung der bestehenden Regelung zur Absetzbarkeit von Taxifahrten an. Der Verband sehe, in Übereinstimmung mit dem Bundesverfassungsgericht, das Taxi als öffentliches Verkehrsmittel an. Es sei daher nicht nachvollziehbar, dass durch die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes zur Absetzbarkeit von Taxifahrten auf dem Weg zur Arbeit im Rahmen der Einkommenssteuererklärung eine Unterscheidung vorgenommen werde zwischen dem Taxi und dem übrigen ÖPNV. Es müsse eine entsprechende Klarstellung im Gesetz erfolgen, dass auch Taxifahrten in ihrer vollen Höhe – und nicht nur bis zur Entfernungspauschale – absetzbar werden. Das Taxi sei eine Ergänzung anderer öffentlicher Verkehrsmittel und auch als solches zu behandeln. jh/nu
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