Das ÖPNV-Taxi mutiert zum Dauerthema. Langweilig wird es deshalb nicht, denn die Integration der vorhandenen Taxistruktur in kommunale On-Demand-Angebote ist alternativlos. Das machte beim Treffen der Taxi-Nordverbände, dem „Glückstädter Kreis“, auch der „Ziehvater“ dieses Projekts deutlich.
Taxi ist wertvoll, vor allen Dingen dann, wenn sich deren Gewerbevertreter gut untereinander vernetzen und austauschen. So wie beim Glückstädter Kreis, bei dem im Februar traditionell auf Einladung der Hamburger Taxen-Union die Vertreter von Taxiverbänden und Taxizentralen aus den norddeutschen Bundesländern zu einer Art Think-Tank zusammenkommen. Treffpunkt ist dabei immer im Schleswig-Holsteinischen Glückstadt, weshalb diese Veranstaltung auch den Beinamen „Glückstädter Kreis“ trägt.
Den Tag begonnen hatte Dr. Hubertus Baumeister von der Bremer Kanzlei BBG. Er gilt als der Ziehvater des ÖPNV-Taxis, jene Form eines On-Demands-Verkehrs, bei dem Taxis immer dann zum Einsatz kommen, wenn eine Kommune ihren Bürgern keine zumutbare ÖPNV-Verbindung bieten kann.

Den knapp 40 Zuhörern war die Grundidee dieses Konzepts längst bekannt (auch aufgrund vieler Berichte in Taxi Times), so dass sich Baumeister auf die Zukunft des ÖPNV-Taxis konzentrieren konnte. Basierend auf den Erfahrungen des erfolgreichen „Premium-Projekts“ im schwäbischen Freudenstadt könnten zukünftige ÖPNV-Taxiprojekte mit einer eng definierten Zielgruppenauswahl verfeinert werden. Das Angebot solle in erster Linie Menschen zur Verfügung stehen, die aufgrund ihrer Immobilität auf das ÖPNV-Taxi angewiesen sind. Für Baumeister sind das junge Menschen ohne Führerschein oder Senioren, die sonst nicht am gesellschaftlichen Leben teilnehmen können. Menschen, die dagegen sowieso drei Pkw in ihren Carports stehen haben, sollten dagegen zuschlagspflichtig sein, wenn sie auf das ÖPNV-Taxi zurückgreifen.
Auch von politischer Seite arbeite man laut Baumeister noch an Verbesserungen. Für ein erfolgreiches ÖPNV-Taxi müssten drei Punkte realisiert werden: erstens die Abschaffung der Großen Busfachkunde für Linienbedarfsverkehre. Diesbezügliche Überlegungen stünden kurz vor dem Abschluss, verriet Baumeister.
Zweitens muss die Freifahrt für Schwerbehinderte auch für das ÖPNV-Taxi definiert sein. Drittens wäre auch eine Klarstellung im PBefG zum ÖPNV-Taxi wünschenswert. Diese werde bereits im Bund-Länder-Fachausschuss beraten.
Innerhalb der brancheninternen Kommunikation sollte man die Taxibetriebe noch viel intensiver aufklären, dass ein ÖPNV-Taxi ein lohnendes Exklusiv-Modell ist, da es weder für Mietwagen noch für Plattformanbieter angewandt werden kann. Das konnte auch ein Teilnehmer bestätigen, der mit seinen Taxis im niedersächsischen Harz das ÖPNV-Taxi betreibt und damit seinen Umsatz spürbar steigern konnte. Da diese Fahrten allerdings zu selten mit Trinkgeld versehen sind, fehle bei manchen Fahrern die Akzeptanz. Baumeister versprach, dass man dies bereits auf dem Schirm habe und an einer Lösung arbeite.
Auch wenn das ÖPNV-Taxi derzeit hauptsächlich die Versorgungslücken im ländlichen Bereich schließt, ist es doch auch ein Modell für den städtischen Bereich. In Hamburg sind die Planungen schon weit fortgeschritten, dort soll es dann von den beiden Vermittlern Hansa-Funk und Free Now umgesetzt werden. „Auch Berlin würde es sehr helfen“, sagte Baumeister und generell allen Städten, in denen die ÖPNV-Zuschüsse derzeit durch die Decke schießen. Baumeister nannte als Beispiel die Stadt Bremen und zeigte sich ein wenig enttäuscht, dass die dortige Gewerbevertretung bisher nicht auf eine entsprechende Anfrage reagiert habe.

Als derzeit hoffnungslosen Fall für die Einführung von ÖPNV-Taxis bestätigte Dr. Baumeister das Bundesland Mecklenburg-Vorpommern. Hier hätten die kommunalen Busbetriebe den Fuß in der Türe.
Ganz anders dagegen im Bundesland Nordrhein-Westfalen, wo erst kürzlich im Landtag ein Beschluss für eine landesweite Förderung von ÖPNV-Taxis gefällt wurde. Baumeister bedankte sich dafür bei den dortigen Taxiverbänden für deren intensive Vorarbeit. Auch der Bundesverband Taxi und Mietwagen wurde für seinen Aufklärungsflyer zum ÖPNV-Taxi gelobt, ebenso der Dachverband TMV für seine Beharrlichkeit.
Das ÖPNV-Taxi als zusätzliches Geschäftsfeld wird sich also über kurz oder lang in Deutschland durchsetzen, sowohl im ländlichen als auch im städtischen Bereich. Klar ist aber auch, dass davon nur diejenigen Taxibetriebe profitieren werden, die ihre Unternehmensstruktur schon entsprechend digitalisiert haben. Taxis mit Sprachfunk oder Handyvermittlung werden von diesem Kuchen nichts abbekommen. jh
Beitragsfoto: Losch Digital
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Tja, da bin ich aber gespannt, ob in der Münchner Region durch die ziemlich rasante Ausweitung des MVV
nahezu ringsum und z.B. sogar bis Rosenheim. Landshut, Augsburg usw. so etwas wie ÖPNV-Taxi mitbedacht wird. Die TAXI MÜNCHEN e.G. als größte Taxigenossenschaft der Welt ist m.M.n. technisch sicher dazu in der Lage. Was tut sich diesbezüglich schon beim MVV, verehrte Redaktion ?