„Das ÖPNV-Taxi punktet mit Flexibilität und Effizienz. Es kommt mit wenig bürokratischem Aufwand aus und ist digital. Es ist zuverlässig, sicher und bezahlbar und erfüllt damit alle Kriterien eines modernen ÖPNV“ – diese Formulierungen entstammen keiner Werbebroschüre für das ÖPNV-Taxi, sondern einem Beschluss des Verkehrsausschusses des Landtag Nordrhein-Westfalen vom 15. Januar 2025. Der angenommene Antrag gilt damit als Beschluss des Landtages von NRW.
Taxi ist wertvoll, unter anderem auch deshalb, weil man es in digitale On-Demand-Konzepte einbauen kann, mit denen kommunale Verkehrsträger einen Linienverkehr auf Bedarf anbieten. Das haben auch die Politiker des Verkehrsausschusses von NRW erkannt.
Die Initiative für den jetzt verabschiedeten Antrag ging von der FDP-Fraktion im Nordrhein-Westfälischen Landtag (Landtag NRW) aus. Deren ursprüngliche Beschlussvorlage musste zunächst eine längere Zeit in der Warteschleife schmoren, bevor sie es endlich auf die Tagesordnung des Verkehrsausschuss NRW schaffte. Dann aber schlossen sich ihm die Fraktionen der CDU und der Grünen an und der Antrag wurde nach einigen kleinen Änderungswünschen der drei Fraktionen beschlossen (nachzulesen hier). NRW ist somit das erste Bundesland, welches die Förderung des ÖPNV-Taxi zur Staatsaufgabe gemacht hat.
Der Antrag beschreibt zunächst generell die Funktion von On-Demand-Verkehren (ODV) als Ergänzung zum klassischen Linien-ÖPNV. ODVs werden in NRW derzeit ebenfalls vielfach gefördert und in ihrem Nutzen evaluiert. Dann aber stellt der Antrag das ÖPNV-Taxi als weitere Ergänzungsoption sehr eloquent vor: „Eine sinnvolle Ergänzung im Bereich des Bedarfsverkehrs ist das Projekt „ÖPNV-Taxi“. Bei diesem Projekt werden Taxis als Ergänzung des klassischen ÖPNV in ländlichen Gegenden eingesetzt, um die Angebotsqualität zu verbessern. Damit kann der klassische Linienverkehr auf Angebote konzentriert werden, die eine entsprechende Nachfrage aufweisen – somit auf Hauptachsen und stärker frequentierte Verbindungen. In den städtischen Räumen kann dieses Angebot auch auf ausgewählte Zeiten, zum Beispiel Abendstunden sowie sonn- und feiertags konzentriert werden.“
„Die Fahrt mit dem „ÖPNV-Taxi“ wird für den Fahrgast nach dem ÖPNV-Tarif plus einem Zuschlag abgerechnet. Die Höhe des Zuschlags legen die Kreise und kreisfreien Städte fest. Der Fahrgast zahlt den Fahrtpreis an den Aufgabenträger. Die Taxiunternehmen erhalten vom Aufgabenträger auf der Grundlage des Markttarifs einen Ausgleich für die Mindereinnahmen der konkreten Fahrt. Unabhängig von den ÖPNV-Fahrten betreiben die Taxiunternehmen weiterhin ihr Alltagsgeschäft. Neue Genehmigungen sind nicht erforderlich, weil die ÖPNV-Fahrten mit den bestehenden Taxikonzessionen erbracht werden können.“
Beabsichtigt ist gemäß dem Antrag, das ÖPNV-Taxi in NRW zukünftig vollständig in eine landesweite ODV-Bestell-App zu integrieren: „Für die Auskunft, Buchung und Abrechnung wird das Buchungsportal der ODV einschließlich App um die Fahrten mit dem „ÖPNV-Taxi“ erweitert. Ziel sollte ein landesweit einheitliches Buchungssystem sein. Entsprechende Projekte für den Aufbau eines solchen Hintergrundsystems werden bereits vom Land gefördert. Für den Fahrgast ändert sich nichts. Er kann wie gewohnt nach der Registrierung und Hinterlegung eines Zahlungsmittels über die App neben den bestehenden Verkehrsmitteln auch auf das Angebot einer Taxifahrt zugreifen. Die App zeigt dem Fahrgast im Idealfall alle möglichen Verkehrsmittel der gewünschten Fahrt an. Sollte diese Fahrt auch mit einem Linienbus oder einem klassischen On-Demand-Angebot unternommen werden können, sollte kein Angebot mit dem „ÖPNV-Taxi“ zur Verfügung stehen.“
In der Beschlussfassung stellte der Landtag NRW dann fest:
- Grundlage einer klimafreundlichen Verkehrspolitik ist die Schaffung von konkurrenzfähigen und klimafreundlichen Mobilitätsangeboten.
- Während es in vielen Städten oft ein großes Mobilitätsangebot und auch einen Mix aus öffentlichen und privaten Anbietern gibt, bleibt es insbesondere im ländlichen Raum herausfordernd, ein ÖPNV-Angebot darzustellen, das möglichst vielen Menschen ihre individuellen Mobilitätsbedürfnisse erfüllen kann.
- On-Demand-Verkehre können den Linienverkehr im ÖPNV – insbesondere im ländlichen Raum – bedarfsgerecht ergänzen. Diese On-Demand-Verkehre können sinnvoll durch das Taxigewerbe ergänzt werden.
- ÖPNV-Taxis sind als Bestandteil der On-Demand-Verkehre besonders attraktiv, weil für sie keine zusätzlichen Fahrzeuge und Fahrer bei den Verkehrsbetrieben vorgehalten werden müssen.
Der Landtag beauftragt die Landesregierung, im Rahmen vorhandener Mittel,
- gemeinsam mit dem „Zukunftsnetz Mobilität NRW“ die Kreise und kreisfeien Städte als Aufgabenträger in geeigneten Formaten über die Möglichkeiten des „ÖPNV-Taxi“ zu informieren und zu motivieren, sie zusammen mit weiteren On-Demand Möglichkeiten als Ergänzung im öffentlichen Nahverkehr zu integrieren,
- zu prüfen, wie aus rechtlicher Sicht die notwendige Investitionssicherheit für Taxi-Unternehmen im Hinblick auf ÖPNV-Kooperationen bezogen auf die Regelungen zu Konzessionsvergaben einerseits und Nahverkehrsplan andererseits verbessert werden kann,
- ein landesweites Hintergrundsystem zur Verfügung zu stellen, das nicht nur für den On-Demand Verkehr genutzt werden kann, sondern über eine offene Schnittstelle auch die Tiefenintegration des digitalen ÖPNV-Taxis ermöglicht, und somit eine Verzahnung dieser Angebote vereinfacht,
- die bei den Aufgabenträgern entstehenden Ergänzungen der ODV durch das digitale ÖPNV-Taxi mit Blick auf Effizienz und Kosten zu evaluieren und dem Landtag einen entsprechenden schriftlichen Bericht vorzulegen.“
Die Konzeption und die klaren Formulierungen des Antrags sind auf die gute Lobbyarbeit der Taxiverbände zurückzuführen. Die beiden NRW-Verbände VSPV und FP-Nordrhein haben die FDP-Initiative mit einer 35 Seiten fassenden Studie faktenreich unterstützt. Beide Verbände sind Mitglied im Dachverband TMV und dieser hat daraus ein Positionspapier zu ÖPNV-Taxis verfasst und veröffentlicht. Auch bei einem Gespräch mit dem NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer wurden die Vorteile eines ÖPNV-Taxis erläutert.
Der Bundesverband Taxi und Mietwagen (BVTM) engagiert sich ebenfalls sehr für das ÖPNV-Taxi und hat kürzlich einen Leitfaden veröffentlicht. Bereits vorher hatte der BVTM gemeinsam mit seinem Landesmitglied, dem Taxiverband NRW, eine zustimmende Stellungnahme zu dem vorgelegten Antrag abgegeben. Entsprechend positiv äußert man sich auch zur nun erfolgten Zustimmung: „Das ÖPNV-Taxi ist eine intelligente Ergänzung zum Linienverkehr. Das System greift flexibel nach Bedarf auf die schon vorhandene Taxiflotte zurück und ist deshalb deutlich effizienter als der Aufbau neuer Flotten“, erklärte BVTM-Geschäftsführer Michael Oppermann. Es sei gut, dass der Landtag von NRW diesen Vorteil nun ausdrücklich anerkennt und für die oft klammen Kommunen in NRW nutzen möchte. Laut Oppermann stünde das Taxi für die Kooperation bereit. rw
Anmerkung der Redaktion: Es musste sicherlich viel Wasser den Rhein hinabfließen, bevor es zu solch einem Bekenntnis zu den Möglichkeiten des ÖPNV-Taxi als wichtige Säule der Mobilitätswende in einem deutschen Parlament kommen konnte. Nun aber sind NRWs Taxler gefragt, sich diese Beschlusslage zu eigen zu machen und sie mit Leben zu füllen. rw
Beitragsfoto: Grafik, Remmer Witte;