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Start Kriminalität

Münchner Mietwagen-Kontrollen: Zoll ermittelt bei mehr als 50 Prozent

von Jürgen Hartmann
11. August 2025
Lesedauer ca. 4 Minuten.
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Wer für Uber und Bolt zu Dumpingpreisen Personen befördert, verstößt mehrheitlich gegen Arbeitszeitgesetze und betreibt Sozialversicherungsbetrug. Diese Schlussfolgerung lässt sich aus den Ergebnissen aktueller Kontrollen des Münchner Hauptzollamtes ziehen.

Den Anfang machte die Münchner Aufsichtsbehörde KVR: Sie kontrollierte während der letzten drei Jahre 60 Münchner Mietwagenbetriebe und musste 59 davon wegen diverser Rechtsverstöße beanstanden (Taxi Times berichtete). Da neben den Verstößen gegen das Personenbefördungsgesetz (PBefG) auch Verdachtsmomente für Unregelmäßigkeiten bei der Einhaltung der Arbeitszeit- und Mindestlohngesetze bestanden sowie Sozialversicherungsbetrug vermutet werden musste, hat das KVR einige dieser Fälle auch an das Hauptzollamt weitergeleitet. Parallel fanden auch gemeinsame Kontrollaktionen von KVR und Zoll statt.

Über die Ergebnisse machte das Hauptzollamt München gegenüber Taxi Times auf Nachfrage folgende Angaben: „Betrachtet man das vergangene Jahr, so wurden dem Hauptzollamt München etwa vierzig Verstöße von Mietwagenbetrieben vom Kreisverwaltungsreferat (KVR) zur weiteren Überprüfung gemeldet. […] In knapp der Hälfte der Fälle hat das Hauptzollamt München bereits Ermittlungen aufgenommen. In rund fünfzehn Prozent der Fälle wurden die Vorgänge aufgrund der örtlichen Zuständigkeit an andere Hauptzollämter abgegeben, da sich die Firmensitze außerhalb des Münchner Raums befinden. Ob dort Ermittlungen eingeleitet werden, hängt von den Ergebnissen der jeweiligen Prüfungen ab.“

Solche Zahlen bestätigen auch für den Großraum München, was Razzien in anderen Bundesländern bereits zu Tage gefördert haben, unter anderem in Hessen, wo in einem Gefrierfach eine Viertel Million Euro Bargeld gefunden wurde: Mietwagenbetriebe, die für Plattformen wie Uber und Bolt taxiähnliche Personenbeförderung durchführen, verstoßen nicht nur zu fast einhundert Prozent gegen Vorschriften des PBefG, sie begehen darüber hinaus auch mehrheitlich gravierende Verstöße gegen Arbeitszeitgesetze sowie Sozialversicherungsbetrug.

Was den Mietwagenbetrieben genau vorgeworfen wird, präzisiert das Hauptzollamt München: „Bei den festgestellten Pflichtverstößen handelt es sich unter anderem um fehlerhafte oder unvollständige Arbeitszeitaufzeichnungen sowie um Überschreitungen der gesetzlich zulässigen Arbeitszeiten. In einigen Fällen besteht zudem der Verdacht, dass Arbeitsentgelt vorenthalten und veruntreut wurde – das heißt, dass Sozialversicherungsbeiträge von den Arbeitgebern entweder nicht oder nicht in der vorgeschriebenen Höhe abgeführt wurden. Teilweise gingen diese Sachverhalte auch mit dem unrechtmäßigen Bezug von Sozialleistungen einher, sodass neben arbeitsrechtlichen auch sozialleistungsrechtliche Verstöße, insbesondere Betrug, festgestellt wurden.

Zu den Konsequenzen dieser Verfehlungen kann der Zoll noch keine Angaben machen: „Viele Vorgänge beim Hauptzollamt München befinden sich derzeit noch in Prüfung, sodass belastbare Aussagen zum weiteren Verlauf zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich sind.“ Auch zu weiteren Beanstandungen wie steuerrelevanten Verstößen (z. B. Sozialversicherungsbetrug, Gewerbesteuerumgehung), können aufgrund laufender Ermittlungen seitens des Zolls noch keine Angaben gemacht werden.

Sofern es sich bei den Verstößen um reine Ordnungswidrigkeiten handelt, wurden laut Zollangaben im aktuellen Jahr „bislang knapp zehn Verfahren wegen Verstößen gegen Mitwirkungspflichten von Arbeitnehmern geführt. In einigen Fällen erließ das Hauptzollamt München Bußgeldbescheide über jeweils 250 Euro. Ein Blick auf die Vorjahre zeigt: Zwischen 2022 und 2024 wurden Verfahren im unteren zweistelligen Bereich gegen Mietwagenunternehmen abgeschlossen, in denen die Geldbußen zwischen 250 und 2.500 Euro verhängt wurden.“

Wie hoch die Summe ist, die der Stadt München durch diese nachgewiesenen Verstöße entgangen sind, lässt sich seitens des Zolls „aufgrund einer vermuteten hohen Dunkelziffer“ nicht beziffern. Belastbare Angaben dazu werden nach Abschluss der eingeleiteten Verfahren dann die zuständigen Staatsanwaltschaften, die Deutsche Rentenversicherung, die Gewerbeaufsichtsämter sowie die Steuerfahndungen machen können. jh

Anmerkung der Redaktion: Die Ergebnisse des Münchner Hauptzollamtes sind keine Überraschung. Sie sind die logische Konsequenz, wenn Mietwagenbetriebe ihre Existenz nahezu ausschließlich über Aufträge der Plattformanbieter bestreiten müssen. Sie sind dann gezwungen, zu jenen Dumpingpreisen zu fahren, die ihnen von Uber und Bolt vorgeschrieben werden. Da damit aber keine Kostendeckung erzielt werden kann, sind massenhafte Rechtsverstößen die logische Konsequenz. Dass die Behörde und der Zoll das nun genauer kontrollieren, ist folgerichtig. Keine Stadt in Deutschland darf sich so etwas bieten lassen.

Jede Stadt ist allerdings ebenso verpflichtet, bei solch offenkundigen Missbrauchsfällen auch politische Konsequenzen zu ziehen und regulierend einzugreifen, indem man beispielsweise Mindestbeförderungsentgelte für Mietwagen festlegt. Wenn das Geschäftsmodell von Uber und Bolt ausschließlich auf Rechtsbruch ausgelegt ist, muss der Gesetzgeber eingreifen, sonst wird der Rechtsstaat unglaubwürdig. In München war man sich darüber bereits einig, ein entsprechender Antrag zur Einführung von Mindestbeförderungsentgelten war ausgearbeitet – bis der Münchner SPD-Oberbürgermeister Dieter Reiter seine Fraktion zwang, von ihrem eigenen Antrag Abstand zu nehmen und stattdessen mit Unterstützung der Münchner CSU einem Änderungsantrag zuzustimmen, der einen Aufschub um mindestens zehn Monate bewirkt.

Der eigentliche Skandal an dieser Gutsherrenpolitik ist allerdings: Herr Reiter kann nicht sagen, er hätte von den Auswirkungen der Dumpingpreise nichts gewusst. Die hier erwähnten Zahlen des Zolls wurden dem OB während eines runden Tisches präsentiert, zu dem er selbst im Frühsommer eingeladen hatte. Da sich Münchens OB also trotz aller Fakten einer pragmatischen und sozialgesellschaftlich unabdingbaren Lösung entgegenstellt, bekommt er jetzt den geballten Zorn aus dem Taxigewerbe zu spüren. Und das Münchner Taxigewerbe wird nicht locker lassen, Herrn Reiter und seine Münchner SPD davon zu überzeugen, dass sie mit diesem Rückzug und Wortbruch einen fatalen Fehler begangen haben, den der OB wie auch seine Partei schnellstmöglich korrigieren müssen.

Beitragsfoto: Münchner Uber-Fahrzeuge bei einer Demonstration gegen die Einführung von Mindestbeförderungsentgelten. Die teilnehmenden Fahrer waren teilweise gekauft und wussten gar nicht, dass sie eigentlich gegen ihre eigenen Interessen demonstrieren. 

Tags: Arbeitszeitgesetz ArbZGHauptzollamtMietwagenkontrolleMindestlohnRechtsverstöße
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Jürgen Hartmann

Der Verlagskaufmann und ehemalige Taxiunternehmer gründete 2014, als Reaktion auf die Veränderungen innerhalb des Taxigewerbes, den Taxi Times Verlag. Als Herausgeber etablierte er die Taxi Times Print-Magazine und das Onlineportal Taxi-Times.com mit dem Anspruch, ein Sprachrohr für die Taxibranche zu schaffen.

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Kommentare 2

  1. jayjaytzambesi says:
    4 Monaten her

    ich habe von unseren Kollegen gehört, das ein Anruf vom amerikanischen Konsulat die Ursache war für die absage des MBE, ob das alles so stimmt kann ich leider nicht sagen.

    Antworten
  2. Martin Heller says:
    4 Monaten her

    Ab dem 1.1.26 müssen wir Taxifahrer mit TSE fahren. 99% der Mietwagen haben eine Befreiung vom Wegstreckenzähler.
    Es wird also keine TSE-Wegstreckenzähler für Mietwagen geben?
    Wie können dann die Behörden ihre Kontrollen durchführen?
    Eine fette Einladung für Schwarzarbeit und Betrug.

    Antworten

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