In einer mit Spannung erwarteten Pressekonferenz hat der Daimler-Konzern gestern die Marke mytaxi endgültig zu Grabe getragen. Präsentiert wurde ein Marketing-Konzept. Starten will man zunächst einmal nur in Hamburg, später dann Berlin und Frankfurt am Main.
Wie schon mehrfach kommuniziert, sollen unter dem neuen Namen mit ein und derselben App nicht nur Taxis, sondern auch Mietwagen vermittelt werden. Das Pilotprojekt soll Ende Juli mit 100 Mietwagen in Hamburg starten und schnell ausgebaut werden. Berlin und Frankfurt a. M. sollen Ende August folgen und weitere Städte bis Ende September. Um ein möglichst breites Mobilitätsangebot zu bieten, sollen für die sogenannte letzte Meile auch die elektrischen Tretroller in der App gleich noch mit vertrieben werden.
Wozu der neue Name? Wenn man jetzt auch Mietwagen, Tretroller und zukünftig was weiß ich noch alles vermittelt, ist der Begriff Taxi im Namen mytaxi nicht mehr so recht passend. Außerdem möchte man die Zugehörigkeit zur Angebotspalette unter der Bezeichnung „now“ zum Ausdruck bringen. Am bekanntesten davon ist der Car-Sharing-Dienst „Drive Now“ von BMW, der zukünftig gemeinsam mit Daimlers car2go als „Share Now“ weiter machen soll.
„Now“ steht für Gegenwart, Leben im Hier und Jetzt. Ein wenig Hedonismus soll schon sein. Warum die Beförderung von Leuten im Pkw mit Fahrer ausgerechnet Free Now heißen soll, hat weniger mit der Sache an sich zu tun, als mit dem lockeren Lebensgefühl, das man damit vermitteln will. „Free“ klingt toll. Wer wollte nicht frei sein?
Der Daimler-Konzern konzentriert sich hier bewusst auf eine smartphone-gesteuerte Zielgruppe. Das Werbematerial von Free Now ist von fröhlichen jungen Menschen bevölkert, die nichts anderes zu tun haben, als sich zu vergnügen. Eine offenbar glückliche junge Frau in einer Badewanne kommt auch vor. Um die Markenbekanntheit zu erhöhen, investiert Free Now ein Budget in zweistelliger Millionenhöhe in eine internationale Markenkampagne – und wird damit eine Zielgruppe ansprechen und erreichen, die Taxibestellungen per Telefonanruf (inklusive Warteschleife) kaum noch kennen bzw. nutzen wollen.
Kritik am neuen Kurs kam postwendend von der höchsten Stelle des Taxigewerbes: „BMW und Daimler versuchen panisch, Uber hinterherzulaufen“, sagte Michael Müller, Präsident des Bundesverband Taxi und Mietwagen e. V. „Das ist keine Option für die Verbraucher. Denn nur das Taxi garantiert die Mobilität für alle durch feste Tarife, die von den Kommunen festgelegt werden. Free Now ist offenbar nur ein Uber-Imitat, das zu mehr Verkehr und weiteren Staus in den Innenstädten führen wird.“ wh
Anmerkung der Redaktion: Wozu das Ganze, wenn am Schluss doch nur wieder Leute im Auto mit Chauffeur befördert werden? Das neue Nowtum von Daimler und BMW möchte gegen die internationale Konkurrenz angehen. Man möchte in Europa der Mobilitätsanbieter Nr. 1 werden. Es geht gegen Volkswagens Moia und gegen Uber. Denn der Trend geht zum Mietwagen, heißt es. Taxiunternehmer wechseln zum Mietwagen, weil der weniger stark reguliert ist, heißt es. Junge Fahrgäste wandern zum Mietwagen ab, weil der billiger ist, heißt es.
Den Wahrheitsgehalt und die Hintergründe der einzelnen Aussagen lassen wir mal dahin gestellt. Fakt ist, wenn schon ein Beförderungswesen, von dem bisher ein paar hunderttausend Menschen in Deutschland leidlich leben konnten, zerstört (Disruption) und neu verteilt werden soll, dann will der Daimler-Konzern an führender Stelle dabei sein – in fürsorglicher Verbundenheit mit den Fahrern, Unternehmern und den Städten, versteht sich.
Auf ausdrückliche Nachfrage versichert Alexander Mönch (Free-Now-Chef für Deutschland und Österreich, vormals mytaxi), dass die neue Taxi-und-Mietwagen-Gemeinschafts-App rechtlich einwandfrei arbeiten soll. Das heißt, Aufträge an Mietwagen sollen zumindest über einen Computer am Betriebssitz an den Fahrer vermittelt werden. Ob der sich dabei an seinem Betriebssitz aufhält, soll dann wohl im Verantwortungsbereich des Mietwagenunternehmers liegen. Free Now betreibt keine eigenen Flotten. Es ist zu befürchten, dass das alles „Anschlussaufträge“ sein werden, und allzu viele Mietwagenfahrer den Betriebssitz ihres Unternehmens gar nicht kennen. Wer mit Uber mithalten will, muss auch deren Methoden übernehmen.
Free Now macht seinen angeschlossenen Fahrern keine Vorgaben, ob sie auch Aufträge von anderen Vermittlern beziehen dürfen. Taxifahrer können auch für andere Apps oder Zentralen fahren. Mietwagen können auch Aufträge von Uber und anderen bekommen. Wollen Taxifahrer tatsächlich gemeinsam mit Konkurrenten vermittelt werden, von denen sie durch notorische Rechtsverstöße ruiniert werden?
Politisch strebt der Daimler-Konzern ein Einheitsgewerbe ohne Unterscheidung von Taxis und Mietwagen an – mit dem Besten aus beiden Welten (mit ride-sharing, Preiskorridor mit Ober- und Untergrenzen, Ortskunde für alle…). Die tiefe Verbundenheit zwischen dem Daimler-Vorstand und dem Bundesverkehrsminister ist bekannt. Kein Wunder, dass Herr Scheuer von seinen Eckpunkten trotz der massiven Taxiproteste nicht abrücken will. wh
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Laut einer von der heutigen SZ zitierten DPA-Meldung hat ein Hamburger Gericht im Eilverfahren entschieden, daß Moia doch mit 500 Fahrzeugen seinen „Versuch“ in HH starten darf.
Daß dies ein katastrophaler Schlag gegen jeden anderen Personenbeförderer sein wird, ist abzusehen.
Besonders kannibalisiert es den öffentlichen Linienverkehr mit Pseudohaltestellen an jeder x-beliebigen Ecke.
Wenns die Linienverkehrsbetreiber nicht stört, weil sie sowieso subventioniert sind?!
Dann deckt dieser Versuch auch keinen wirklichen Bedarf ab, da er nur in ohnehin gut versorgten innerstädtischen Bereichen stattfinden soll.
Wenn aber dieser angebliche ‚Linienverkehr‘ doch taxiähnlich handelt, wie wir schon bisher beobachten konnten, zeigt das wieder mal wie dringend eine Novellierung des PBefG ist.
Damit wir endlich Taxi-Ride-Sharing/Pooling mit einer bisher nicht existierenden Rechtsgrundlage durchführen können. Die technischen Voraussetzungen existieren längst und sind kundenfreundlich über unsere taxieigenen Vermittlungszentralen organisierbar.
Daß sich HH hier zum Spielball eines Autokonzern macht, ist inakzeptabel. VW, im Abstieg begriffen wg eigener Fehler, sucht mit Moia nach neuen Betätigungsfeldern genauso wie Daimler und BMW nach dem Zusammenschluss ihrer ‚Mobilitätsplattformen‘.
Das bundesdeutsche Taxigewerbe mit direkt 250000 dort Beschäftigten stellt einen größeren Wirtschaftsfaktor dar als mancher zur Kenntnis nimmt..
Dazu kommt noch das wirtschaftliche Umfeld mit Autohandel, Tankstellen, Betriebssoftware, Büroausstattung, Werkstätten……… .
Daß nun unter dem „Now“ Logo nochmal gezielt mit Werbebudget in zweistelliger Millionenhöhe auf unsere Kernkompetenz als erprobter Personenbeförderer losgeschlagen wird, um uns als Taxi zu verdrängen und letzten Endes uberistisch free-floating-prices verlangen zu können, war nach den letzten Ereignissen zu erwarten.
Wer Vertrauen so verspielt, braucht keine Geduld zu erwarten!
Wehren wir uns!
Sorgen wir für vernünftige Novellierung im PBefG!
Seit es die Sänftenträger vorm Berliner Schloss gegeben hat, ist unser Gewerbe über die Pferdedroschken und Fiaker zum Funktaxi geworden.
Heute haben wir längst unsre eigenen App’s zur Auftragsvermittlung.
Daß die leider oft nicht bekannt sind, gerade bei der Smartphoneaffinen Kundschaft muß dringend verbessert werden.
Aber das hat natürlich auch wieder was mit dem für Werbung nötigen Geld zu tun. Siehe oben.
Unsere Stärke ist unser Kundenkontakt, bei dem wir ohne finanziellen Aufwand uns gut darstellen können, ohne Millionen verpulvern zu müssen!
Wer kann Personenbeförderung?
Yes, wir können’s!
Hier geht es um die vernichtung von existenzen u.arbeitsplätzen im taxigewerbe.das ist auch in anderen branchen so im gange es giebt bald keine kleinen bäcker o.metzger mehr nur als beispiel .und das zieht sich wie ein roter faden durch viele berufssparten an derem ende die abhängigkeit von den groß konzernen steht.das ganze dann mit tatkräftiger hilfe der politik.das ende vom lied ist diktatur
Man sollte dazu unbedingt erwähnen, das FreeNow Ende August auch in Berlin ( mit 600-700Wagen) und in Frankfurt startet: https://www.berliner-zeitung.de/berlin/verkehr/freenow-startet-in-berlin-taxis-bekommen-noch-mehr-konkurrenz–32793258 …gerade rechtzeitig zu Beginn der großen Messen. Was das in den betroffenen Städten bedeutet, braucht man nicht weiter zu kommentieren.
Lieber Leser, das haben wir im Beitrag erwähnt. Taucht bereits im zweiten Absatz auf: „Berlin und Frankfurt a. M. sollen Ende August folgen und weitere Städte bis Ende September.“
Das Taxi Gewerbe ist selber schuld. Es ist von Anfang an kommuniziert worden wohin Mytaxi will und trotzdem fahren die Taxifahrer für Mytaxi. Im Sinne “ ich fahre für meinen eigenen Schlachter“. Jetzt sehe ich Taxen mit FREE Now Werbung. Genauso gibt es sehr viele, die auf ihren Vermittlungs Smartphones die UBER App haben. Das heißt die fahren sogar für Uber. Ich finde das ist ein unterirdisches Niveau. Weiter so.