Woher kommen die 1.600 illegalen Mietwagen, die über die Plattformen von Uber, Free Now und Bolt in der Hauptstadt unterwegs waren? Der Berliner SPD-Politiker Timo Schopf stößt bei seiner Ursachenforschung auf sehr unbefriedigende Antworten aus der zuständigen Behörde.
Als die Fahrtenvermittler zum 1. April dieses Jahres endlich verpflichtet wurden, Ihre angemeldeten Mietwagen der Behörde zu melden, ergab der Abgleich dieser Daten mit dem tatsächlichen Bestand der offiziell angemeldeten Mietwagen eine Diskrepanz von 1.661 Fahrzeugen. Soll heißen: Mehr als 1.600 Mietwagen, die bei Uber, Bolt und Free Now vermittelt worden sind, besaßen keine behördliche Genehmigung für eine Personenbeförderung, waren somit also komplett illegal unterwegs (Taxi Times berichtete).
Wie konnte es dazu kommen und was steckt hinter dieser erschreckend hohen Zahl? Mit dieser Frage konfrontierte Tino Schopf, Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses, die verantwortliche Behörde „LABO“ bereits mehrfach in Form von Schriftlichen Anfragen an den Senat. So war es zum Beispiel relevant zu erfahren, wie sich die Unternehmen sowie die gemeldeten und beanstandeten Fahrzeuge, deren Konzessionen im Rahmen des Datenabgleichs entzogen wurden, auf die Vermittlungsplattformen verteilen. „Antwort: Diese Daten werden statistisch nicht erfasst“, berichtet Schopf in einem aktuellem Pressestatement. „Das LABO gibt ferner an, dass „einige der auffälligen Unternehmen, die aufgrund der Bestandsüberprüfung identifiziert wurden, (…) bereits zuvor durch andere Hinweise, wie etwa eigene Verkehrskontrollen des LABO oder Anzeigen der Polizei, in den Fokus geraten waren. Wie viele davon wohl daraufhin überprüft wurden? Antwort: Diese Daten werden statistisch nicht erfasst.“
Der SPD-Politiker wollte ferner wissen, auf wie viele Unternehmen sich diese Fahrzeuge verteilten. „Man ahnt es: Diese Daten werden statistisch nicht erfasst. Weil viele der unsauberen Unternehmen vor und nach dem Datenabgleich nach Brandenburg abgewandert sind und nun von dort aus versuchen das Geschäft in Berlin zu bedienen, wurde vereinbart, dass sich die dortigen Genehmigungsbehörden der Landkreise und kreisfreie Städte hierzu mit dem Berliner LABO austauschen. Wie oft beim LABO entsprechende Anfragen eingegangen sind wird (natürlich!) statistisch nicht erfasst.“
Tino Schopf gibt an, seit 2023 bereits drei Mal Akteneinsicht beim LABO genommen zu haben. „Dabei habe ich mir die Unterlagen von knapp 40 Unternehmen angesehen und bin dabei mehrheitlich auf Ungereimtheiten und Mängel in der Antragsbearbeitung gestoßen. Zwar wird dort viel Papier bewegt und angesammelt, aber solange im Verfahren in wesentlichen Punkten nur die Vollständigkeit der Unterlagen und weniger der Inhalt geprüft wird, ist es kein Wunder, dass auf den Straßen noch immer schwarze Schafe unterwegs sind.“ Schopf wirft der Genehmigungsbehörde vor, dass sie es den Tätern ausgesprochen einfach gemacht habe.
Auch zur Entstehungsgeschichte der Rahmenvereinbarung habe die Akteneinsicht nur sehr wenige Erkenntnisse gebracht. Zentrale Fragen seien weiterhin unbeantwortet geblieben. Zum Beispiel jene, wer daran konkret mitgewirkt habe, wer zu welchem Zeitpunkt welche Änderungen vorgenommen habe und wer diese Anpassungen abgenommen habe und sich hierfür verantwortlich zeichnet? „So dick die Akten, gespickt mit Zetteln und Haftnotizen, im Genehmigungsverfahren beim LABO auch sind – die Mappen; welche die Entstehungsgeschichte der Rahmenvereinbarung dokumentieren, sind auffallend dünn und lassen keine Rückschlüsse auf ihren Werdegang zu“, sieht sich Schopf in diesem Punkt in der Sackgasse.
Schopf wiederholt auch in seinem aktuellen Statement, dass man sich seitens des LABO auf eine Übermittlung der Bestanddaten mit Stand zum Stichtag am 1. April eingelassen hat. Ein früherer Zeitpunkt hätte dazu geführt, dass der Deal geplatzt wäre, hieß es dazu aus der Verkehrsverwaltung. Schopf wiederlegt diese Einschätzung: „Ein schlichter Anruf bei den Vermittlungsplattformen zeichnet jedoch ein anderes Bild. Natürlich sei es möglich gewesen, die Daten mit Stand vom 15. März zu übermitteln. Wie kann das sein? Warum wurde es nicht gleich so gemacht? Warum wurde unsauberen Unternehmen stattdessen zwei Wochen Zeit gegeben, sich abzusetzen?
Für Schopf ist all dies ein Drama, trotzdem lässt er sein Pressestatement versöhnlich ausklingen. Er nehme positiv zur Kenntnis, dass nach der Forderung der SPD-Fraktion mittlerweile die AG „Schattenwirtschaft und Schwarzarbeit im Taxi- und Mietwagengewerbe“ ins Leben gerufen worden sei. Und dass die Behörde Anfang September am Mietwagengipfel Berlin-Brandenburg des Bundesverbandes Taxi und Mietwagen in Potsdam teilgenommen hat, schätze er sehr. Und doch kann es für Schopf nur eine Konsequenz geben: „In der Behörde müssen tiefgreifende Änderungen erfolgen. Hierzu ist eine umfassende juristische und fachliche Begleitung von externer Seite nötig. Und weil die festgestellten Versäumnisse so gravierend sind, halte ich es für nötig, alle der rund 4.500 in Berlin erteilten Konzessionen hinterfragt und auf den Prüfstand gestellt werden.“ jh
Beitragsfoto: Axel Rühle
Whistleblower – bitte melde dich!
Ich finde, er sollte Klartext reden und das Wort Korruption mit einbringen aber das kann man ja zwischen den Zahlen relativ gut herauslesen.
Die Frage ist, warum er sich nicht traut, das laut auszusprechen!!
In Zeiten, in denen Social-Media-Kanäle ungeprüft Fake-News verbreiten können, finden wir es wohltuend, wenn sich jemand alleine auf die Fakten beruft und keine Mutmaßungen anstellt, solange diese nicht eindeutig belegbar sind.
Sehr geehrte Redaktion, wenn wir eine unabhängige Justiz hätten, was wir nicht haben, weil die Staatsanwaltschaft leider weisungsgebunden ist,dann würden die Verdachtsmomente gegenüber der Verkehrsbehörde schon lange ausreichen, um zu ermitteln. Beispiel: Italien, Frankreich, Spanien und einige andere Länder. Oder,die so genannten Uber Files in Frankreich? klingelt da was bei Ihnen?!!Also,die Verdachtsmomente sind so evident, dass vielleicht jetzt schon ermittelt wird oder eher nicht oder ermittelt werden muss siehe Düsseldorf.
Sobald die Justiz ermittelt und Ergebnisse jedweder Art präsentiert, liegen die von uns beschriebenen Fakten vor. Und dann – erst dann darf man von Korruption sprechen.
Auf jeden Fall ein großen Dank an Tino Schopf und die Redaktion…. Ich hatte es mir vorstellen können wie schlimm die Situation eigentlich ist…
Man muss leider feststellen, dass es keinerlei Interesse seitens des LABO gibt , diesen Sumpf auszutrocknen. Es würde reichen , die Mitarbeiter vor Ort prüfen zu lassen, ob Pausenräume für das Fahrpersonal zur Verfügung stehen , und es genügend gemietete Stellplätze gibt.
Danach müssten den Betrieben die Genehmigungen wieder entzogen werden.
Dem LABO war die Lage des Berliner Taxigewerbes vor der ersten Genehmigung eines Uberboltfreenow-Fahrzeugs bekannt.
In diesem Sinne ist es zwingend die Aufgabe des LABO jeden einzelnen Wagen der auf Berliner Straßen unterwegs ist wieder aus dem Verkehr zu ziehen.
Eine einfache Wirschaftlichkeitsprüfung,Betriebssitz Pausenraum etc pp würde schon ausreichen.
Das Durchwinken der uberboltfreenow war ja auch möglich.
Im Giftschrank der LABO liegt noch eine Mappe von 2004 mit dem Titel „Claudia Hämmerling“. Eine einfache Netzsuche mit den Stichworten Hämmerling+Taxi+Berlin fördert alles zu Tage.