Obwohl der Debatte im Berliner Abgeordnetenhaus keine konkrete Entscheidung folgte, ist der Bundesverband zuversichtlich, dass nun das Zeitalter der Mindesttarife anbricht. Alle Fraktionen hatten den Antrag befürwortet.
Der Bundesverband Taxi und Mietwagen e. V. (BVTM) setzt sich immer wieder auch für landespolitische Gewerbebelange ein, wenn sie gewisse bundesweite Relevanz haben. Die Debatte im Berliner Landesparlament am 19. Dezember über den „dringlichen Antrag“ der Regierungsfraktionen SPD und CDU, in dem unter anderem eine Aufforderung zur Umsetzung der Prüfung der Vorgabe eines Mindestbeförderungsentgelts für den Mietwagenverkehr gemäß § 51a Personenbeförderungsgesetz (PBefG)“ stand, war beim Bundesverband mit großer Spannung erwartet worden. Geschäftsführer Michael Oppermann und Referent Floris Cooijmans waren daher persönlich unter den Zuhörern.
Der BVTM unterstützt die Initiative, die maßgeblich auf den SPD-Verkehrspolitiker Tino Schopf zurückgeht: „Die Regierungsinitiative ist ein wichtiger Schulterschluss für die Daseinsvorsorge, für das Taxigewerbe und für eine Stadt, die wieder Ordnung schafft auf ihren Straßen“, so Oppermann. „Wir unterstützen den vorliegenden Antrag der Berliner Regierung zu 100 Prozent. Damit wird der Wildwuchs bei der Konzessionserteilung beendet, die Kontrollen werden gestärkt und die Einführung von Mindestpreisen für Mietwagen wird endlich vorbereitet.“
Auch Hermann Waldner, Vizepräsident des Bundesverbandes, Vorsitzender des Gewerbeverbandes Taxi Deutschland Berlin e. V. und Betreiber der Funkgesellschaft Taxi Berlin, begrüßt die politische Aktivität der Landeskoalition: „Es ist ein wichtiger Schritt, den die Regierungsfraktionen des Berliner Abgeordnetenhauses mit diesem Antrag gehen. Die Landespolitik gibt damit auf höchster Entscheidungsebene klare Maßgaben für stärkere Kontrollen vor und ermöglicht, dass bandenmäßige Kriminalität wirkungsvoll bekämpft werden kann. Zudem wird mit dem Antrag der klare Wille zur Einführung von Mindestentgelten für Mietwagen bekundet.
Wäre die Fraktion Die Linke noch Teil der Berliner Landeskoalition, so stünde mit Sicherheit der Name Kristian Ronneburg mit auf dem Antrag, denn er ist gemeinsam mit Schopf seit Jahren in der Berliner Landespolitik die treibende Kraft beim Engagement für das Taxigewerbe. Doch auch der jetzige Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) hatte bereits zu Zeiten des Wahlkampfs 2021 dem Berliner Taxigewerbe seine Unterstützung zugesagt, und so ist nun sein Parteifreund Johannes Kraft an der Seite von Tino Schopf federführend bei der Regierungsinitiative. Oppermann würdigte daher die Inititative der beiden verkehrspolitischen Sprecher der Koalitionsfraktionen: „Unser besonderer Dank gilt den Abgeordneten Kraft und Schopf, die dieses wichtige Thema in ihren Fraktionen und nun im Abgeordnetenhaus auf die Agenda gesetzt haben und mit Nachdruck auf Lösungen beharren.“
Bevor Oppermann und Kooijmans das Abgeordnetenhaus betraten, um dem entscheidenden Teil der achtstündigen Debatte beizuwohnen, gab Oppermann ein kurzes Statement in Form einer Videoaufnahme ab, in dem er die Vorgänge in der Berliner Landespolitik als wichtiges Signal für alle Städte deutschlandweit bezeichnete.
Die 15 Punkte des Antrags, über den debattiert wurde, hat der BVTM auf dem Schirm, darunter mehr Personal für die Aufsichtsbehörde, eine dezidierte Überprüfung der Unternehmen vor Konzessionserteilung, einschließlich einer Überprüfung, ob der Geschäftsplan ohne Sozialdumping und Betrug aufgehen kann (so genanntes Hamburger Modell), ein öffentliches Taxi- und Mietwagenregister, bessere und koordinierte Kontrollen, vorbereitende Prüfung eines Mindestbeförderungsentgelts für Mietwagen, Stärkung des Taxis im Bereich ÖPNV-Ergänzung und Inklusion sowie eine Überprüfung der bisher ergriffenen Maßnahmen und Prozesse.
Oppermann, der für seine konstruktive Sichtweise mit Tendenz zum Optimismus bekannt ist, kommentierte: „Der Antrag adressiert die von uns immer wieder vorgetragenen Missstände im Gewerbe und der Aufsicht. Die Tage des Systems ‚Der Ehrliche ist der Dumme‘ sind damit gezählt. Die Regierungsfraktionen machen deutlich: Berlin ist kein rechtsfreier Raum, auch nicht für Uber & Co. Damit geben sie auch der Aufsichtsbehörde LABO wichtige politische Rückendeckung, die bereits in den letzten Monaten spürbar die Zügel angezogen hat.“
Besonders wichtig ist für den Verband die Einführung von Mindestpreisen für Fahrdienste wie Uber. Oppermann erläutert: „Das Taxi ist Teil des öffentlichen Verkehrssystems und dieses öffentliche Verkehrssystem ist zu schützen – unter anderem auch gegen Dumping-Angebote privater Plattformen. Ganz besonders gilt dies, wenn bekannt ist, dass die Dumping-Preise nur durch Ausbeutung der Fahrerinnen und Fahrer sowie durch Abgabe- und Sozialversicherungsbetrug möglich sind. Das Bundesgesetz ermöglicht die Einführung solcher Mindestpreise, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Berlin schafft nun die entsprechende Grundlage.“
In der Debatte war auch die zwei Wochen zuvor abgehaltene Demonstration von Taxifahrern und Gewerbevertretern vor dem Parlamentsgebäude thematisiert worden. Oppermann erinnerte daran, was auf ihren Plakaten zu lesen war: „Stop Sozialdumping von Uber & Co. – Mindestpreise jetzt!“
Im Plenum herrschte bemerkenswerte Einigkeit zwischen allen fünf Fraktionen: Jeder der fünf Redner sprach sich für den Antrag aus. Der Linken und der AfD ging der Antrag sogar nicht weit genug. Wie vorgesehen wurde der Antrag an die Ausschüsse für Mobilität und an den Hauptausschuss verwiesen. Mit konkreten Entscheidungen ist daher erst im März 2025 zu rechnen. ar
Beitragsbild: Tino Schopf (SPD), Michael Oppermann (BVTM), Johannes Kraft (CDU). Foto: BVTM