Seit über einem Jahr fehlt der Taxibranche die Qualitätskontrolle beim Berufszugang. Gestern nun sprachen Vertreter des BVTM und des TMV wieder mit Beamten des Bundesverkehrsministeriums über die künftige Fachkunde. Es ist ein lange geforderter nächster Schritt, doch vor 2023 wird es zu keiner Fachkunderegelung kommen.
Seit August 2021 darf salopp gesagt jeder über 20, der einigermaßen fahrtüchtig und weder schwerkriminell noch drogenabhängig ist, auch ohne Orts- oder Sprachkenntnisse oder irgendeine sonstige Qualifikation in Deutschland Taxi fahren. Für Mietwagen gilt die gleiche Beliebigkeit bereits seit über vier Jahren.
Auf eine Revision der eklatanten Entscheidungen wird man aber vergeblich hoffen, denn durch Einsicht in Fehler fällt keine der beteiligten Parteien besonders häufig auf. Der Bundesverband Taxi und Mietwagen e. V. (BVTM) und der Taxi- und Mietwagenverband Deutschland e. V. (TMV) hatten die politische Debatte im Vorfeld der Novelle des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) immer wieder in vielen Punkten scharf kritisiert.
Seit Auftauchen der Uber-Files steht fest, dass Uber seine Finger bei politischen Entscheidungen der jüngsten Zeit zu Ungunsten des Taxigewerbes deutlich mehr im Spiel hatte als bis dahin angenommen. Dafür, dass es den Abgeordneten bei der PBefG-Novelle mehr um einen Gefallen für die Uber-Lobby als um eine vernünftige Regulierung des Marktes ging, spricht auch die Tatsache, dass seinerzeit keine Nachfolgeregelung für die entfallene Ortskundeprüfung getroffen wurde. Mit dem Problem wurden Länder und Kommunen alleine gelassen, die sich schließlich mit selbst ausgearbeiteten, provisorischen Regeln bei der Erteilung von P-Scheinen behelfen mussten. Was die künftige Regelung zur Fachkundeprüfung angeht, hatten BVTM und TMV den Beamten das damaligen Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) unter Andreas Scheuer (CSU) bereits vor fast genau einem Jahr im persönlichen Gespräch ihre Positionen klargemacht, der TMV sogar bereits im März in schriftlicher Form. Viel passiert war seitdem nicht, wenngleich die Verbände den Bund immer wieder zum Handeln aufforderten und das Gespräch mit Politikern suchen.
Nachdem der TMV bei einem Treffen mit dem jetzigen Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) am 20. Juli Druck gemacht hatte, war für die letzte Juliwoche ein Gespräch zwischen Bundesverband, TMV und Bundesministerium (BMDV) in Bonn vereinbart worden, das kurz darauf ohne Grund wieder abgesagt wurde. Als Ersatztermin wurde der 4. August anberaumt. Auch dieser wurde kurzfristig abgesagt.
Tatsächlich stattgefunden hat das Gespräch am gestrigen 24. August. Mit weit über einem Jahr Verspätung wird nun offenbar konkret an einer bundesweit einheitlichen Regelung zur Fachkunde für die Fahrerlaubnis zur Personenbeförderung gearbeitet. „Das Ministerium hat in erfreulichem Maße Positionen und Empfehlungen des Bundesverbands aufgegriffen und sich teilweise zu eigen gemacht. Die Richtung stimmt, jetzt kommt es auf eine saubere Umsetzung an“, wie BVTM-Präsident Herwig Kollar im Anschluss an den 75-minütigen Austausch bilanzierte. Auch beim TMV sieht man seine Positionen umgesetzt. „Das Bundesverkehrsministerium hat die Argumente des TMV übernommen: Das Ministerium wird für alle Verkehre eine bundeseinheitliche Fachkunde vorsehen. Uns als TMV freut es ganz besonders, dass das Ministerium sich unserem Standpunkt für eine verpflichtende Prüfung angeschlossen hat“, gaben TMV-Vizepräsident Thomas Kroker und Bundesgeschäftsführer Patrick Meinhardt in ihrer Pressemeldung bekannt.
Neben der bundesweit einheitlichen, verpflichtenden Prüfung ist aber – entsprechend den Forderungen aus dem Gewerbe – keine Schulungspflicht vorgesehen. „Auch bei den angedachten inhaltlichen Modulen besteht große Übereinstimmung zwischen den Vorstellungen des Ministeriums und des Verbands“, heißt es von Seiten des BVTM.
Gegenstand der Erörterung waren darüber hinaus Verfahrensfragen zu Schulung und Prüfung sowie der Umgang mit Fahrerlaubnissen zur Fahrgastbeförderung, die seit Inkrafttreten der PBefG-Novelle, aber vor Inkrafttreten einer neuen Fahrerlaubnisverordnung erteilt wurden oder werden. Die Änderung der Fahrerlaubnisverordnung muss mit den Ländern in verschiedenen Bund-Länder-Fachausschüssen abgestimmt werden, so dass laut BVTM weitere Beratungen ausstehen.
Beim TMV herrscht trotz der nun eingetretenen Bewegung „eine riesengroße Verärgerung“, auch wenn das Ministerium „jetzt auf dem richtigen Weg“ sei: „Über ein Jahr nach der Verabschiedung des Personenbeförderungsgesetzes hat es bislang immer noch keine bundesweite Regelung gegeben. Seit dem von uns beantragten Runden Tisch am 26. August im letzten Jahr in Bonn herrschte absolute Funkstille. So geht man nicht mit Verbänden, so geht man nicht mit unserer Zukunftsbranche um. Jetzt heißt es für uns als TMV, konkret bei den weiteren Vorschlägen kontinuierlich mitzuarbeiten, zügig die Inhalte für eine kleine Fachkunde vorzubereiten und den Fachkundenachweis auf den Weg zu bringen.“
Laut TMV startet von Seiten des Ministeriums ein Verordnungsverfahren, welches auf sieben bis zwölf Monate veranschlagt ist. Nächster Schritt werden die Bund-Länder-Fachausschüsse im September sein. „Im Rahmen des Verfahrens wird es auch eine Verbändeanhörung geben, an dem wir als TMV aktiv mitarbeiten werden, um endlich Planungs- und Qualitätssicherheit für die Unternehmen der Branche zu garantieren.“
Vor dem Taxigewerbe liege noch eine Durststrecke, da neben dem Bund auch die Bundesländer zustimmen müssen, was das Beratungsverfahren so langwierig mache. „Wir werden als TMV alles nur Erdenkliche tun, damit diese Strecke so kurz wie nur möglich ist.“
Mit einem Abschluss des Verfahrens rechnet der BVTM erst für 2023. „Wir werden den Prozess weiter intensiv begleiten und haben dem Ministerium angeboten, dauerhaft die inhaltliche Ausgestaltung zu unterstützen. Dieses Angebot hat das Ministerium angenommen“, so Herwig Kollar. Die Einführung der „kleinen Fachkunde“ war das Ergebnis intensiver Auseinandersetzungen im Rahmen der PBefG-Novelle, bei der der Bundesverband seine Forderung nach einer einheitlichen Fahrerqualifikation schlussendlich durchgesetzt sieht. ar
Beitragsfoto: TMV
Mir wird immer unklarer, was man da eigentlich abfragen will. Die Taxibranche findet sehr schwer neues Personal. Jetzt soll der Zugang noch schwerer werden. Hier droht uns wieder, dass wir dem Mietwagen gegenüber wieder einmal schlechter gestellt werden, wenn man nich aufpasst. Es ist schon einmal passiert.
Wenn das am Ende auf eine „Prüfung“ für Mietwagenfahrer (auch Schüler- und Behindertentransport benötigt fast immer den P-Schein), dann gute Nacht Gewerbe. Wie kann ein Interessenverband so etwas fordern?
Meiner „ unmaßgeblichen Meinung“ – nach (ich bin ja erst seit über 30 Jahren selbstfahrender taxiunternehmer!)) wird wohl die hinhaltetaktik der „eigentlich zuständigen Behörden“ , die ja Ihre Aufgaben nicht mehr im Sinne des Fahrgastes (Sicherheit!!!) erfüllen wollen, aufgehen : Taxi-egal-Uber &Bolt (etc)kann weiter den bis jetzt seriösen Markt der Personenbeförderung okupieren & dann nach ihren „Spielregeln“ neu regeln(1.Fahrpreise^ Je nach aufkommen bis zu 2facher willkürlicher Anhebung An Feiertagen,2.Ausbeutung der Fahrer durch Umgehung des mindestlohns>Scheinselbständigkeit< 3. keine Garantien für Fahrgäste in ländlichen Regionen befördert zu werden & so weiter) ! Die Behörden werden wohl Ihren fatalen(!) Fehler erst erkennen, wenn es Zu spät ist-siehe San Francisco ,da gibt’s keine regulären Taxis mehr😢 !!!