Beim Parlamentarischen Abend des Bundesverbands Taxi stellten sich drei Bundestagspolitiker der Ampelkoalition den Fragen und aktuellen Problemen des Gewerbes.
Mitten im Berliner Regierungsviertel, im Gebäude der Hamburger Landesvertretung, fand am Donnerstag der Parlamentarische Abend des Bundesverbands Taxi und Mietwagen (BVTM) statt. Solche Events werden von Verbänden mindestens einmal pro Legislaturperiode abgehalten. Es ist ein Get-Together zwischen Verbandsvertretern und Bundestagsabgeordneten. Von letzteren waren nicht allzu viele erschienen, drei von ihnen stellten sich allerdings einer Podiumsdiskussion: Martin Kröber von der SPD, Stefan Gelbhaar von den Grünen und Jürgen Lenders von der FDP. Vervollständigt wurde die Gesprächsrunde von Herwig Kollar, Präsident des BVTM. Drei Mitglieder des BVTM-Vorstands streuten zudem Kurzvorträge ein.
Kollar hatte in seiner Begrüßung die Richtung vorgegeben, die man sich von der Bundespolitik erwarte: Unterstützung bei der Umsetzung der Novelle des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG), die vor zwei Jahren in Kraft trat, deren neu geschaffenen Instrumente bis dato aber nicht umgesetzt worden seien. „Das einzige, was man bisher in der Öffentlichkeit wahrnehmen kann, sind die blauen Ordnungsnummern für Mietwagen, die mehr weniger flächendeckend eingeführt wurden“, monierte des BVTM-Präsident. Insbesondere die Abgrenzung von Taxiverkehr zum app-basierten Mietwagenverkehr habe sich in Metropolregionen noch nicht durchsetzen lassen.
Bei der Umsetzung der ebenfalls neu eingeführten Bedarfsverkehre sehe man als Taxigewerbe vor allem im ländlichen Bereich Fehlentwicklungen, die „mit Sicherheit so von den Urhebern der PBefG-Novelle nicht geplant waren.“ Kollar spielte damit auf die Entwicklung an, wonach On-Demand-Dienste in sehr vielen Kommunen von den dortigen Verkehrsbetrieben hochsubventioniert und mit zusätzlichen Fahrzeugen neu eingeführt werden, anstatt diese Angebote in Kooperation mit dem Taxigewerbe und mithilfe von dessen bereits vorhandenen Fuhrpark zu gestalten.
Gerade bei solchen Kooperationen ist es wichtig, das Taxi als Bestandteil des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) zu begreifen. Darüber waren sich denn auch alle Teilnehmer der Diskussionsrunde einig. Martin Kröber appellierte gleich zu Beginn an das Taxigewerbe „sich als Teil des ÖPNV zu fühlen“. Jürgen Lenders sprach sich ebenfalls dafür aus, das Taxi im ländlichen Bereich als ÖPNV-Bestandteil zu integrieren und mahnte an, es dafür aber auch an den Regionalisierungsmitteln teilhaben zu lassen. Diese Möglichkeit wurde in der Novelle des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) explizit eingeräumt, sie wurde aber noch nicht genutzt.
All diese bisherigen Versäumnisse und Fehlentwicklungen führen letztlich dazu, dass im ländlichen Bereich ein Taxisterben droht. Dies machte auch die Taxiunternehmerin Bärbel von Teuffel in einem kurzen Statement klar. Sie führt einen 1994 gegründeten Taxibetrieb in zweiter Generation in Hausach (Kinzigtal im Schwarzwald). „Wir sind zuständig für die Grundversorgung und für das Recht der Bürger auf Beförderung“, sagte Frau von Teuffel. Als Mobilitätsanbieter betreibe man einen regelrechten „Bauchladen“: Dialyse-, Chemo- und Bestrahlungsfahrten, Schülerbeförderungen und natürlich auch den klassischen Gelegenheitsverkehr. Dabei betonte die Unternehmerin auch, dass Taxibetriebe im ländlichen Bereich bei der Verfügbarkeit von Inklusionstaxis schon deutlich besser aufgestellt seien als die Unternehmer in den Städten.
Wenn sich bei der Umsetzung dieser breiten Angebotspalette allerdings wie zuletzt Finanzierungslücken auftun, sei zunehmend die Existenz bedroht. „Wir sind das einzige Verkehrsmittel des ÖPNV, das sich ausschließlich aus den Fahrgasteinnahmen finanziert“, erinnert von Teuffel. Die gestiegenen Kosten und fehlenden Quersubventionen immer nur durch Tariferhöhungen auszugleichen, sei kein geeignetes Mittel. Sie wandte sich mit einer fast schon philosophischen Frage direkt an die drei Bundestagsabgeordneten: „Wollen wir als Gesellschaft das Taxi auch noch morgen haben?“
Hier brachte Martin Kröber einen interessanten Ansatz zur Sprache: „Der Topf der Regionalisierungsmittel ist vorrangig für den ÖPNV gedacht und dort für den Schienenpersonennahverkehr. Es muss für On-Demand-Verkehre eine eigene Finanzierungssäule aufgebaut werden.“ Übereinstimmend regten Kröber wie auch Gelbhaar einen ÖPNV-Pakt an, den der Bund mit den Ländern schließen soll. „Das Ziel muss sein, dort wenigstens Mindeststandards zu definieren“, saget Gelbhaar, der eine „Effizienzdebatte“ forderte.
Um (fehlende) Effizienz ging es beim zweiten großen Thema der Diskussionsrunde – der Konflikt zwischen Taxi und Uber, oder auch dem „Straßenkampf“, wie es Michael Oppermann, Geschäftsführer des BVTM, formulierte. Oppermann moderierte die Podiumsveranstaltung, an der rund 100 Gäste teilgenommen hatten.
Stefan Gelbhaar, der bereits seine zweite Legislatur im Bundestag erlebt und bei der damaligen PBefG-Novelle eng involviert war, gab zu, dass er und seine Grünen-Partei gerne eine schärfere Trennung zwischen Taxi und Mietwagen gehabt hätten – mit Regelungen, die „sauber kontrollierbar sind und bei denen die Kommunen einen leicht bedienbaren Baukasten bekommen.“
Gekommen ist es bekanntlich anders, nahezu alle neuen Instrumente der Novelle sind bisher nicht umgesetzt. Das monierte auch Hermann Waldner, Vizepräsident des BVTM in seinem kurzen Statement. Sowohl die alten wie nun auch die neuen Regelungen, mit denen die Trennung zwischen Taxis und Mietwagen klar definiert sein sollen, bestünden derzeit nur auf dem Papier. „Würde das funktionieren, hätten wir gar nicht das Problem, über das wir gerade reden.“
So aber musste darüber geredet werden und es wurde die Frage gestellt, welchen Einfluss die Bundesspolitik nehmen kann, wenn ein von ihr beschlossenes Gesetz an der Umsetzung auf Länder- bzw. kommunaler Ebene scheitert. Gelbhaar regte dazu an, die Evaluierung vorzuverlegen und anstatt nach fünf Jahren schon nach drei Jahren eine Bilanz zu ziehen. „Es wird dann zu Nacharbeiten kommen, ganz klar.“
Kröber räumte ein, dass ein direkter Einfluss nicht mehr möglich sei. „Man müsste über die Administration oder Ministerien Dienstanweisungen rausgeben.“ Lenders regte an, darüber zu diskutieren, wie man disruptiven Geschäftsmodellen begegnen kann. Typisch für einen FDP-Politiker warnt er davor, „einen Markt abzuregulieren und dem Wettbewerber das Leben schwer zu machen. Das ist in der Regel noch nie gutgegangen.“ Er zeigte wenig Verständnis dafür, dass einem Taxigewerbe durch die Tarifpflicht die Chance genommen werde, zu guten Zeiten nicht auch den Tarif anheben zu dürfen.
Dem setzte BVTM-Präsident Herwig unter dem Beifall der Zuhörer jedoch ein klares Gegenstatement: „Disruption ist bei mobiler Daseinsvorsorge gar nicht wünschenswert.“ Kollar erinnerte daran, dass „die aktuellen Marktverzerrungen in der individuellen Personenbeförderung nicht durch disruptive Technologie entstanden sei, „sondern schlicht und einfach durch Nichtbeachtung bestehender Gesetze hervorgerufen wurden.“
Für Kollar ist deshalb klar: „Politik muss dann eingreifen, wenn sie feststellt, dass Behörden versagen.“ Neue Gesetze müssten dafür aber nicht formuliert werden, ergänze Kröber: Es gehe nicht darum, beim Gesetz neu anzusetzen, sondern die Chancen, die auf Basis der aktuellen Gesetzeslage gegeben sind, endlich zuzugreifen.
Na dann mal los! jh
Das Beitragsfoto zeigt die Teilnehmer an der Podiusmdiskussion beim Parlamentarischen Abend des Bundesverbands Taxi und Mietwagen (BVTM). von voren nach hinten: Martin Kröber (SPD, Stefan Gelbhaar (Bündnis 90 / Die Grünen), Herwig Kollar, Präsident des BVTM, und Jürgen Lenders von der FDP. Foto: Taxi Times