Im Bereich der Sitzend-Rollstuhlfahrten haben viele Taxi- und Mietwagenfahrten Einzelverträge mit Krankenkassen geschlossen. Um die gestiegenen Betriebskosten aufzufangen, sollten sie rechtzeitig zum Ende der Vertragslaufzeit gekündigt werden. Der 31.12.23 ist dafür ein wichtiger Stichtag.
„Die meisten Verträge haben eine Kündigungsfrist zum letzten Tag des vorherigen Quartals. Wer also zum 1. April mit seiner Krankenkasse eine bessere Vergütung aushandeln will, muss seinen Vertrag noch in diesem Jahr kündigen“. Auf diese Frist weist die Krankenfahrten-Expertin Gisela Spitzlei hin.
Als Inhaberin eines Abrechnungsunternehmens für Krankenfahrten wie auch als Vorsitzende des Fachausschusses Krankenfahrten im BVTM kennt Frau Spitzlei die gängige Praxis bei Krankenfahrten mit im Rollstuhl sitzenden Patienten: In den meisten Bundesländern haben die Krankenkassen mit den Taxi- und Mietwagenunternehmen Einzelverträge abgeschlossen. Die meisten davon bewegen sich – wenn überhaupt – am Rande der Wirtschaftlichkeit, weil die Kassen gerade gegenüber den einzelnen Betrieben in der besseren Verhandlungsposition sind.“
Bei solchen Verträgen, die wirtschaftlich „auf Kante genäht“ sind und in der Regel für ein Jahr gültig sind, ist es wichtig, fristgerecht zu kündigen. Wird diese Kündigungsfrist übersehen, verlängern sich viele Verträge automatisch um ein weiteres Jahr. Dann wird es sehr schwierig bis nahezu unmöglich, eine Anpassung an die gestiegenen Kosten zu erreichen.
Die Kündigung muss schriftlich spätestens am letzten Tag eines Quartals bei der Krankenkasse eingegangen sein. „Es genügen ein paar Zeilen“, beruhigt Gisela Spitzlei, in denen auch klar formuliert wird, dass man aus wirtschaftlichen Gründen kündigt und dass man gerne weiterhin die Beförderungen durchführen möchte – nur eben nicht mehr zu diesen Preisen. Konkret könnte eine solche Kündigung beispielsweise so formuliert sein: „sehr geehrte Damen und Herren, hiermit kündigen wir aus wirtschaftlichen Gründen den mit Ihnen geschlossenen Vertrag über die Vergütung für die Beförderung von Patienten im Rollstuhl sitzend zum 31.3.2024. Aufgrund der enormen Preissteigerungen in allen Bereichen des täglichen Lebens – hier im Besonderen den Lohn – und Energiekosten – können wir die mit Ihnen geschlossene Preisvereinbarung nicht aufrechterhalten.
Da wir selbstverständlich auch weiterhin Ihre Versicherten mit Inklusionsbedarf pünktlich, sicher und zuverlässig zu und von den Behandlungen befördern möchten, bitten wir um ein neues, schriftliches Vergütungsangebot, gerade auch im Hinblick auf die weitere Erhöhung des Mindestlohns im Jahr 2024.“
Für die an die Kündigung anschließenden Verhandlungen ist es auch noch wichtig zu wissen, dass Krankenkassen nach dem Fünften Sozialgesetzbuch (SGB V) die Entgelte jederzeit im Rahmen der Grundlohnsummensteigerungsrate anpassen dürfen. Für das Jahr 2023/2024 wurde diese Rate vom Bundesministerium für Gesundheit auf 4,22 Prozent festgesetzt. Eine Preiserhöhung um eben diese 4,22 Prozent sollte also mindestens erreicht werden.
Oft koppeln Krankenkassen solche Erhöhungen an eine längere Vertragslaufzeit von 15, 18 oder gar 24 Monaten. Auch darauf sollte man sich derzeit keinesfalls einlassen und auch hier klar begründen, warum der Vertrag nur für ein Jahr abgeschlossen werden sollte. Eine beispielhafte Formulierung hierfür könnte sein: „Wir bitten um Prüfung der Laufzeit des Vertrages. In Anbetracht der politischen Situation und den auch noch weiterhin drohenden Kostensteigerungen durch Entscheidungen der Bundesregierung können wir eine Laufzeit von maximal zwölf Monaten wirtschaftlich vertreten.“
Das Risiko, durch eine solche Kündigung die Fahrten zu verlieren, stuft Frau Spitzlei als gering ein. „Die Kassen sind darauf angewiesen, dass wir Ihre Rollstuhl-Patienten fahren! Zudem bleiben die Konditionen des alten Vertrags auch über das Laufzeitende bestehen, solange man sich in aktiven Verhandlungen befindet.“
Frau Spitzlei selbst habe schon mehr als einhundert Taxi- oder Mietwagenunternehmer zu solchen Kündigungen geraten und es habe keinen einzigen gegeben, der nach solch einer Kündigung hinterher ohne Vertrag dagestanden wäre. Sie wisse aber von vielen Betrieben, die hinterher bessere Vergütungen hatten als zuvor. jh
Beitragsfoto: Axel Rühle