Einmal im Jahr sorgen Taxiunternehmen aus europäischen Ländern für eine Art Barometer des Taxigewerbes. Jedes Jahr am Ende des Monats Mai tagt die ERTA, die European Radio Taxi Association (ein etwas altmodischer Name für ein Gewerbe, das rapide digitalisiert ist).
Die vom ehemaligen Londoner Taxiprofi Geoffrey Riesel gegründete Organisation ERTA ist schon über 15 Jahre die einzige zweitägige Konferenz, bei der sich ausschließlich Taxi-Fachleute treffen, um zu diskutieren und Informationen sowie Ratschläge auszutauschen. Damit ist diese exklusive Konferenz eine Ausnahme im internationalen Taxigewerbe.
In Amsterdam trafen sich in diesem Jahr 28 Taxiprofis aus Spanien, den Niederlanden, Belgien, Luxemburg, Malta, Finnland, Frankreich, Dänemark, Polen, Island und Großbritannien. Für Deutschland war Hermann Waldner in seiner Funktion als Inhaber der Berliner Taxizentrale vertreten. Hedy Borreman, CEO der Amsterdamer Taxizentrale TCA, war vor einem Jahr in der Türkei zum ersten Mal als Nachfolgerin von Geoffrey Riesel und als neuer Vorsitzende dabei. Diesmal war ERTA zu Besuch in der niederländischen Hauptstadt Amsterdam, wo es im typisch Amsterdamer Stil viele Bootstouren gab – durch die Stadt und auf dem IJsselmeer. Borreman hatte viel ‘Bootszeit’ geplant, damit die Kollegen sich auf den Kanälen und auf dem Meer in aller Ruhe und ausführlich unterhalten konnten. Die Hauptthemen: Konkurrenz oder Zusammenarbeit mit Plattformen, technischer Fortschritt (Apps, Buchungen, KI, künstliche Intelligenz), innovativeres Marketing (z.B. Social Media), neue Aktivitätsfelder (z.B. Hotelbuchungen) und Nachhaltigkeit.

Im Laufe der Konferenz wurden alle wichtigen Branchen-Themen behandelt. Borreman eröffnete die zweitägige Veranstaltung mit einem Überblick über die eigenen Aktivitäten. In den Niederlanden gibt es insgesamt 39.000 Taxis, davon mehr als 6.000 in Amsterdam. Dort gehören 775 Fahrzeuge – sowohl Kleinbusse als auch herkömmliche Taxis – zur TCA, und bereits 85 % davon werden digital gebucht. Für die Niederlande gilt, dass etwa 75 % des nationalen Umsatzes im Taxigewerbe auf Sozialaufträge auf Kontraktbasis entfallen. Diese Aufträge werden per Ausschreibung für vier oder fünf Jahre an Taxiunternehmen vergeben. Klassische Taxizentralen gibt es nur in Städten wie Amsterdam, Rotterdam, Den Haag und Utrecht.

Neben der Konkurrenz bei Ausschreibungen und dem Wettbewerb mit Plattformen ist Nachhaltigkeit ein heiß umkämpftes Thema im westlichen Nachbarland. Für den öffentlichen Nahverkehr (ÖPNV) und Taxis ist ein Zeitlimit für „Zero-Emissions“ bis 2030 vorgesehen. Bereits 65 % der TCA-Taxis sind emissionsfrei: Bei der TCA fahren Fahrzeuge von Mercedes-Benz, Hyundai, Kia und Tesla. Besonders gefragt sind die lokale Zusammenarbeit und die Angebote der Mercedes-Benz Niederlassung.
Die Stadt Amsterdam verfügt über ein großes Netz von E-Ladestationen, darunter mehrere Schnell-Lader. Ein Teil davon ist ausschließlich für Taxis reserviert. Dank der 2.400 Taxis sowie 4.000 Uber- und Bolt-Fahrzeugen ist Amsterdam der bedeutendste Taximarkt des Landes. Die TCA arbeitet neben den eigenen TCA-Fahrern – Anteilhabern des Unternehmens – auch mit selbstständigen Taxifahrern zusammen.
In Borreman’s Eröffnungsbeitrag wurden bereits einige wichtige und typische europäische Entwicklungen angesprochen: Technologischer Fortschritt. Die Zentrale wechselte vor zwei Jahren auf iCabbi statt FMS. iCabbi macht auch in Europa weiterhin erhebliche Fortschritte und nutzt in Amsterdam Künstliche Intelligenz (KI) für Buchungs- und Dispositionsverfahren. Leider ist KI ein Thema, das sich nur schwer mit klaren Beispielen belegen lässt. So hat die Pariser Taxizentrale G7, die ein selbst entwickeltes Buchungs- und Dispositionssystem nutzt, bereits auf KI umgestellt, um E-Mails zu beantworten. Der Konferenzsponsor iCabbi nannte einige Beispiele aus verschiedenen Taxi-Buchungsverfahren.
Vor kurzem gewann die TCA einen wichtigen Anteil an der heiß umkämpften Ausschreibung für den Amsterdamer Flughafen Schiphol, der mit insgesamt 800.000 Taxifahrten pro Jahr ein bedeutender Markt ist. Zudem verbesserte die TCA die Zusammenarbeit mit der Hotelbranche in Amsterdam. Hotelgäste erhalten beim Check-In eine TCA-Karte mit einem QR-Code, um nach dem Stadtbesuch das Taxi leichter zum Hotel zu buchen.
Der Co-Sponsor Hotelride (jetzt Hubride) bemüht sich, die Zusammenarbeit zwischen dem europäischen Taxigewerbe und Hotels zu verbessern und zu vereinfachen. Dass neben TCA auch andere Taxiunternehmen das Hotelgewerbe wieder ins Auge fassen, zeigt die kleinere Wiener Taxizentrale 31300, die eigens eine Tochterfirma gegründet hat. Diese betreut Touristen mit Buchungsautomaten an der Hotelrezeption für touristische Aktivitäten sowie Taxifahrten.
Für den „grünen“ Flughafentransfer, der Flughafen besteht auf emissionsfreie Fahrzeuge, versucht die TCA, sowohl Hin- als auch Rückbuchungen zu organisieren. In der eigenen TCA-App bietet die Zentrale einen Rabatt von 20 % an. Das hatte jedoch auch eine negative Seite, wie Borreman ihren Kollegen mitteilte: „Wir haben festgestellt, dass die Nutzung der App eine Reihe von Problemen mit den Fahrern verursacht hat. Damit wir sicherstellen können, dass ein Fahrer eine Fahrt annimmt und tatsächlich ausführt, hatten wir immer ein internes Belohnungssystem. Das werden wir in Zukunft ändern müssen.“
Aufgrund der großen Anzahl von Taxis sowie Uber- und Bolt-Fahrzeugen im Amsterdamer Zentrum versucht die Stadt Amsterdam, den Zugang zur Innenstadt zu regulieren und zeitweise sogar abzuriegeln. Die Art und Weise – möglicherweise durch Zugangskontrollen per Nummernschild – wird noch geprüft. wf
Beitragsfoto: 28 europäische Taxifachleute aus 12 Ländern wurden per Boot durch das 750 Jahre alte Amsterdam geführt – durch die Kanäle hindurch und hier auf der Festungsinsel Pampus. Foto: Katie Challans.








