Wie läuft es mit der Taxibranche eigentlich in den Nachbarländern Niederlande und Luxemburg? Und welche Ergebnisse erzielt die Taxi-Lobby in Brüssel bei der EU? Bei der Wiener Veranstaltung „Meet the Cab“ gab es zu diesen Fragen manche überraschende Antworten.
Für viele im Ausland ist die niederländische Taxibranche ein Rätsel: 75 Prozent des Umsatzes entfallen auf verschiedene Formen der sozialen (Vertrags-)Beförderung –mit langfristigen Verträgen, die von Taxiunternehmen durchgeführt werden. 25 Prozent des Umsatzes werden mit dem regulären Taxitransport erzielt – insbesondere in den Großstädten Amsterdam, Rotterdam, Den Haag und Utrecht.

Von dieser Aufteilung des niederländischen Personenbeförderungsmarktes berichtete Jantine Vochteloo vom niederländischen Branchenverband KNV. Vochteloo war wie viele andere internationale Taxivertreter der Einladung der Taxizentrale 40100 zur „Meet-The-Cab-Veranstaltung nach Wien gefolgt. Sie schilderte den zahlreich anwesenden taxi-Experten die Struktur der niederländischen Branche, in der ausschließlich Taxis (mit Fahrzeugen für bis zu 8+1 Personen) mit speziellen blauen Taxikennzeichen herumfahren und Mietwagen nicht existieren. Der klassische Taxiverkehr verlagert sich zunehmend vom Taxistand hin zu anderen Bestellarten.
In den Niederlanden arbeiten 22.000 Menschen in der Branche, darunter 9.500 selbstständige Taxifahrer und 630 Arbeitgeber. Letzteres deutet darauf hin, dass es im Sozialtransport eine ganze Reihe großer Unternehmen gibt. Die Firma Noot Personenvervoer beispielsweise verfügt über nicht weniger als 2.800 Fahrzeuge für verschiedene Formen des sozialen Transports im ganzen Land.
Um die Qualität in der Branche zu verbessern, will die Prüfstelle ILT bis spätestens 2028 die Daten der aktuellen Bordcomputer, die in allen Taxis Fahrpreise sowie Lenk- und Ruhezeiten erfassen, automatisch an eine Zentrale Taxidatenbank (CDT) weiterleiten. Die Zusammenarbeit mit dem öffentlichen Verkehr in dünn besiedelten Regionen muss – mit zwei Experimenten – zu einem ÖPNV-System führen, in dem nicht nur der öffentliche Verkehr, sondern auch soziale Verkehrsmittel und andere Transportformen wie Car- und Fahrrad-Sharing unter zentraler Steuerung gebündelt werden.
Null-Emissionen sind auch in der Branche ein zentrales Ziel. Obwohl teure Elektrofahrzeuge, hohe Strompreise und eine Überlastung der Stromnetze Probleme bereiten, will man am Ziel der Null-Emissionen bis 2030 festhalten. Derzeit sind allerdings erst etwa 30 Prozent der Taxis für den sozialen Verkehr (meist Kleinbusse) emissionsfrei, bei den herkömmlichen Taxis sind es 20 Prozent.
Neben Jantine Vochteloo vom Verband vertrat noch eine weitere Dame die Niederlande: Hedy Borreman fungiert als Geschäftsführerin der Amsterdamer Taxizentrale TCA und konnte ihre Branche aus der Sicht einer Vermittlung beschreiben. Vor Corona hatte TCA noch 1.250 Taxis, heute sind es 800. Borreman gab an, dass das Unternehmen den angeschlossenen Taxiunternehmern gehört.

Während die TCA an Beratungen zur Überarbeitung des Personenbeförderungsgesetzes aus dem Jahr 2000 und zur Schaffung gleicher Wettbewerbsbedingungen für Taxis und Plattformen beteiligt ist, hat die Stadt Amsterdam vor einigen Jahren mit der Gründung autorisierter Taxiorganisationen (TTO) und einem strengen Regelwerk die Zügel angezogen. Leider kontrolliert die Gemeinde nur die einzelnen Fahrer und nicht die TTOs selbst.
Schätzungsweise sind in Amsterdam 5.000 Taxis im Einsatz, viele davon kommen von außerhalb der Stadt und manche sind illegal. Die Plattformen Uber und Bolt sind sehr aktiv. Nur die sieben Amsterdamer TTOs (mehr als 3.200 Taxis) dürfen Kunden von Taxiständen abholen. TCA bietet sowohl Taxibeförderung als auch Vertragstransporte an.
In Sachen Ökologisierung hat die TCA im letzten Jahr erhebliche Fortschritte gemacht: Rund 60 Prozent der 800 TCA-Taxis sind emissionsfrei. Dies verdankt man auch der guten Zusammenarbeit mit der Gemeinde, die in der in der Stadt eine große Anzahl (Schnell-)Lademöglichkeiten geschaffen hat. Taxistände werden zunehmend für emissionsfreie Taxis reserviert.
Die nächste Herausforderung ist der Taxistand am nahegelegenen Flughafen Schiphol. Dieser ist seit 2023 nur noch für emissionsfreie Taxis von Unternehmen zugänglich, die im Rahmen einer Ausschreibung – unter Einbeziehung von Umweltauflagen – den Zugang zum Flughafen erhalten haben. Die nächste Ausschreibung startet bald.

Interessant war für die Konferenz-Teilnehmer auch der Bericht von Olivier Gallé vom luxemburgischen Unternehmen Colux. Er wies darauf hin, dass nach der letzten Gesetzesänderung im Jahr 2016 die Kontrollen für Taxis in seinem Land verschärft und von der lokalen auf die nationale Ebene verlagert worden seien. Jeder Fahrer müsse nun über eine Fahrerkarte verfügen. Nach dieser Änderung gaben viele ältere Fahrer auf. Mittlerweile kommen in Luxemburg auf 100.000 Einwohner 550 Taxis. Jedes Jahr werden zehn neue Taxis zugelassen, sofern sie die strengeren CO2-Vorgaben einhalten. Zwar gibt es eine Förderung von 6.000 Euro, beantragte Genehmigungen werden allerdings oft nicht genutzt, weil die E-Fahrzeuge und der Strom zu teuer sind. „Der letzte Besitzer einer E-Klasse hatte 800.000 km auf dem Tacho und wollte lieber seinen Motorblock tauschen, als sich ein E-Taxi zu kaufen”, so Gallé.
Nachdem ein großes lokales Busunternehmen ein Taxiunternehmen aufgekauft und Uber anschließend auf dem luxemburgischen Markt eingeführt hatte, sind Gallé und seine Kollegen nun auch mit Plattformwettbewerb konfrontiert. „Wir müssen die Politiker immer wieder daran erinnern, dass wir die lokalen Unternehmer sind und nicht Uber.“
Nicht nur beim Thema Uber hofft die Taxibranche auch auf politische Unterstützung seitens der EU. Mit Stara Mrdovic von der internationalen IRU Taxi Group (12 Mitglieder) und Gregor Beiner von der EU Lobbygruppe Taxis4SmartMobility (T4SM, 6 Länder) waren zwei EU-Lobbyisten nach Wien gekommen. Mrdovic skizzierte das akute Problem des (internationalen) Fahrermangels. Am 2. April wird die Gruppe bei einer Veranstaltung in Straßburg besondere Aufmerksamkeit auf die Ökologisierung von (Taxi)Fahrzeugen lenken. Im Hinblick auf die von der EU-Kommission verabschiedete Richtlinie über Plattformarbeiter (PWD) besteht weiterhin das Risiko, dass bestimmte plattformähnliche Aktivitäten von Taxizentralen in den Zuständigkeitsbereich des PWD fallen.
Gregor Beiner bezeichnete seine Organisation T4SM als „die Stimme der Taxis in der EU“, knüpfte in seinem Vortrag auf die PWD an und verwies ebenfalls auf die Umsetzung der Richtlinie durch die Mitgliedstaaten in den nächsten zwei Jahren. Zu diesem Zweck wird die Gruppe Gespräche mit den vielen neuen Abgeordneten des Europäischen Parlaments führen, bei denen auch über die Ökologisierung der Taxiflotten und die neue EU-Datenverordnung gesprochen wird. Taxiunternehmen, die Zugriff auf viele lokale Daten haben, können diese möglicherweise monetarisieren, wenn sie in ihrer Stadt autonome Fahrzeuge einsetzen. wf
Hinweis der Redaktion: Über das Taxitreffen „Meet the Cab“ berichtet Taxi Times mit mehreren Beiträgen. Sie können über diesen Link oder über die Stichwortsuche „Meet the Cab“ aufgerufen werden.
Beitragsfoto: Wim Faber