Einmal im Jahr sorgen Taxiunternehmen aus europäischen Ländern für eine Art Barometer des Taxigewerbes. Dieses Jahr tagte die ERTA in Amsterdam. Taxi Times fasst die Stimmen und Stimmungen dieses bemerkenswerten Erfahrungsaustauschs in drei Teilen zusammen. Hier nun Teil 3.
Hedy Borreman, ERTA-Vorsitzende und CEO der Amsterdamer Taxizentrale TCA, begrüßte 28 Taxifachleute aus Spanien, Deutschland, den Niederlanden, Belgien, Luxemburg, Malta, Finnland, Frankreich, Dänemark, Polen, Island und Großbritannien. Sie berichtete ausführlich über die Taxisituation in den Niederlanden und über die Aktivitäten ihrer TCA-Zentrale – nachzulesen im Teil 1 der Taxi-Times-Meldungen zum Erta-Treffen.
Im Teil 2 unserer Berichterstattung ging es um die skandinavischen Länder und die Erfahrungen zweier großer Taxi-Familienbetriebe in Belgien und Luxemburg.
Für viele Taxiunternehmer klingt „Zusammenarbeit“ nach Fortschritt und mehr Umsatz. Für andere bedeutet sie jedoch, die weiße Flagge zu hissen und sich an die Plattformbranche zu verkaufen. Apropos Unruhe in der Taxibranche: Hitzige interne Diskussionen innerhalb von Taxiunternehmen in Deutschland, Dänemark, Schweden und anderen Ländern entstehen, wenn sie im Visier von Uber & Co. stehen. Diese führen oft zu schwierigen Verhandlungen mit den Plattformen, die auf eine Spaltung der Taxibranche abzielen. Mit Taxiunternehmen und Unternehmen, die oft nur lokal oder höchstens regional tätig sind – selten jedoch auf nationaler oder internationaler Ebene – sowie mit Plattformen, die im Geld von Private-Equity-Fonds und anderen Investoren schwimmen und weltweit mit einer Stimme sprechen, wird der Wettbewerb verzerrt. Für Plattformen ist es relativ einfach, weltweit neue Geschäftspartner zu gewinnen wie beispielsweise Fluggesellschaften, Hotels mit ihren Meilenprogrammen oder Einzelhandelsketten. Genauso einfach ist es auch, überall neue Kundenprogramme zu starten – etwa für junge Leute, Geschäftsreisende und – neuerdings – bei Uber auch für Ü-65-Jährige. Außerdem ist es ein Leichtes, ihre Dienste weltweit zu vermarkten und zu bewerben, wie zum Beispiel in den Ankunftshallen großer Flughäfen.
Diese geografische Vielfalt im Marketing fehlt einem Taxiunternehmen oft – selbst einem großen. Grenzüberschreitende Taxikooperationen sind in Europa nicht besonders stark und im Vergleich zu Plattformen ausgesprochen schwach. Zudem gibt es nur wenige Beförderungsmöglichkeiten, die nicht durch eine Plattform repräsentiert werden. Auf dem kürzlich in Hamburg stattgefundenen großen UITP-Gipfel war Uber mit einer öffentlichen Verkehrsversion vertreten: Uber Transit. Gerade hat Uber bekannt gegeben, in Deutschland mit Uber Health auch in den Markt der Krankenbeförderung einzusteigen. So gibt es für jede Art der Mobilität eine spezielle Uber-Lösung.
Die ERTA zeichnete grob folgendes Bild: eine weitgehend unsichere Taxibranche, die – oft nach hitzigen internen Diskussionen – entweder mit Plattformen kooperiert (die Zwischenform der Taxibuchung über die Uber-App ist ebenfalls eine Kooperation) oder ein eigenes Wettbewerbsmodell entwickelt. Die perfide Art und Weise, wie Plattformen versuchen, Taxiunternehmen gegeneinander auszuspielen, um daraus Profit zu schlagen, ist ein zynisches Beispiel für Landnahme.
Doch was hält Taxiunternehmer davon ab, sich an den umfangreichen Marketinghandbüchern und der operativen Erfahrung der Plattformen zu orientieren? Viele Taxiunternehmen tun dies mittlerweile – langsam aber sicher. Viele haben zielführend von den (elektronischen) Praktiken der Plattformen gelernt. Erfolgreiche Beispiele dafür sind die Taxizentrale 40100 in Wien und eCabs in Malta, die sich am Vorbild der Plattformen orientieren und oft eine deutlich höhere Servicequalität bieten. Zudem übernehmen sie neue Tarifmodelle, meist mit einer Differenz von +20 % bzw. -20 % im Vergleich zur eigenen App. Sowohl eCabs in Malta als auch Taxi 40100 in Wien haben große Anstrengungen unternommen, um das Marketing und die Preisgestaltung der Plattformen zu kopieren. Sie sind jedoch nicht die einzigen in Europa. (Taxi Times berichtete über die Erfahrungen in Wien und Malta bei „Meet The Cab“).
Im Vergleich zu den Plattformen sind die Marketing- und operativen Bemühungen der Taxibranche lokal, oft fragmentiert und, seien wir ehrlich, nicht immer auf dem gleichen Niveau wie die gut ausgestattete App-Konkurrenz. Lokale Taxiunternehmen verfügen jedoch über umfassendes Wissen über ihre Umgebung, die lokalen Mobilitätsgewohnheiten und einen großen, vielfältigen Kundenstamm – Ressourcen, die nicht durch eine vermeintliche Zusammenarbeit mit blutrünstigen Konkurrenten wie Uber und Bolt verschwendet werden sollten.

Ein geschickter Social-Media-Ansatz, bei dem der Taxifahrer zum Helden wird – wie Lukas Kleinecke in Amsterdam veranschaulichte –, ist ein relativ einfacher erster Schritt, um in der Stadt präsenter zu sein. Einige Taxizentralen personalisieren die Dienste ihrer Fahrer durch Social-Media-Storytelling, bauen eine treue Anhängerschaft auf und machen „das Taxi“ zum nächsten großen Hype in der Region. „Verstehen Sie Ihre Zielgruppe, verlieren Sie nie den Kontakt zu den Einheimischen.“

Während der ERTA Amsterdam wurde allmählich ein wachsendes Durchsetzungsvermögen im Taxisektor sichtbar. So warnte beispielsweise der spanische Vertreter, der mit Taxi 033 in ganz Spanien zusammenarbeitet, davor, den ausbeuterischen Plattformen nachzugeben: „Werden Taxis aus Spanien verschwinden? Niemals! Wird Uber das neue Taxi? Niemals! Wir sehen eine steigende Nachfrage nach Taxis in Spanien.“ Doch nicht alle Taxiunternehmen zeigen dieses Durchsetzungsvermögen und diese Entschlossenheit.
Insgesamt erholt sich die Taxibranche nur langsam: Kundenverlust nach Covid, schleppende Nachfrage, Bedarf an mehr Fahrern, steigende Taxi-, Teile- und Treibstoffkosten, das Streben nach Null-Emissionen sowie inaktive oder risikoscheue Regulierungsbehörden, die Mietwagen nicht angemessen regulieren und sich durchsetzen wollen.
Berlin hat gezeigt, erläuterte Hermann Waldner von Taxi Berlin/taxi.eu, wie sich unter dem Einfluss von politischem Wandel, energischer Durchsetzung und strenger Regulierung die Zahl der faulen Äpfel im Mietwagenkorb in weniger als einem Jahr halbieren lässt. Leider war diese Halbierung im Taxibereich bereits unter der vorherigen Berliner Regulierungsbehörde erfolgt: Heute gibt es 5.409 Taxis statt mehr als 8.000 für 3,78 Millionen Berliner.

Beitragsfoto: Die ERTA-Teilnehmer im Überblick. Foto: Wim Faber/Katie Challans








