Die Londoner Aufsichtsbehörde Transport for London hat einen Aktionsplan vorgestellt. Die legendär schwere Ortskundeprüfung soll digitalisiert werden, doch große Verbesserungen für die Branche sucht man vergebens.
Von einem Verhältnis aus Taxis und Mietwagen wie in deutschen Städten kann die Londoner Taxibranche nur träumen. In der britischen Hauptstadt (Greater London, also der Ballungsraum um die Hauptstadt, hat etwa 9 Millionen Einwohner) fahren heutzutage nur noch 14.700 „Black Cabs“ mit 17.000 lizenzierten Fahrern. Ende 2013 waren es noch 22.810 Taxis. Im gleichen Zeitraum ist die Zahl der Mietwagen (Private Hire Vehicles – PHV) auf 96.788 mit 107.998 Fahrern angestiegen – überwiegend Uber- und Bolt-Fahrer.
In einem „Aktionsplan“ der Genehmigungsbehörde Transport for London (TfL) mit 14 Maßnahmen, eher sanften Vorschlägen, wird dargelegt, wie die Taxi- und PHV-Branche in den nächsten fünf Jahren unterstützt werden soll. Eine Moderniserung der legendären Ortskunde „The Knowledge“ ist einer dieser Punkte. Das Taxigewerbe zeigt sich nicht begeistert von den TfL-Plänen, gerade weil wichtige Themen wie Subvention für den Kauf eines E-Taxis (inzwischen beendet) und ein gewerbefreundlicher Mehrwertsteuer-Tarif beim Laden an öffentlichen E-Ladesäulen Sachen der britischen Regierung und nicht der Londoner Stadtverwaltung sind.
Der TfL-Plan ist eine Reaktion auf die Warnung des Thinktanks Centre for London, dass „Black Cabs“ innerhalb von 20 Jahren aussterben könnten, wenn die Taxifahrer weiterhin aus dem Geschäft aussteigen (Taxi Times berichtete). Es gibt auch Bedenken hinsichtlich des anhaltenden Anstiegs der Fahrpreise, der viele Londoner dazu ermutigen dürfte, Uber oder andere Mietwagen-Apps zu nutzen. Die Taxi-Fahrpreise steigen zum kommenden Monatswechsel um rund 7,5 Prozent. In einer offiziellen Berechnung wird eine Reihe von Betriebsausgaben berücksichtigt.
In einem Interview mit Taxi Times, das in den kommenden Tagen erscheint, erklärt Steve McNamara, Generalsekretär der Licensed Taxi Drivers Association (LTDA), die mit 10.000 Mitgliedern die wichtigste Organisation der Londoner Taxifahrer ist, dass die anfangs billigen Apps oft die gleiche Preisentwicklung zeigen wie die „Black Cabs“. „Früher nahm jeder einen Uber-Mietwagen, weil sie viel billiger waren als Taxi, Bus und U-Bahn. Das ist jetzt nicht mehr der Fall. Oft sind Taxis sogar billiger, zuverlässiger und vor allem qualitativ besser.” Viele ehemalige App-Kunden seien wegen Qualitätsmängeln bei den Apps wieder auf Taxis umgestiegen.

Die Ortskundeprüfung (das berühmte „Knowledge of London), die Londoner Taxifahrer absolvieren müssen, soll nach mehr als zehn Jahren Diskussionen endlich modernisiert werden, um die langfristige Zukunft des Taxigewerbes zu garantieren. „The Knowledge“ ist ein wichtiger Teil des Bewerbungsverfahrens für eine Taxifahrerlizenz (der „Green Badge“, die die meisten Londoner Taxifahrer tragen) und erfordert, dass sich die Bewerber Tausende von Straßen und Routen im Umkreis von zehn Kilometern um den Bahnhof Charing Cross einprägen, darunter wichtige Ziele wie Krankenhäuser, Theater und Nachtclubs. Der Knotenpunkt nahe dem berühmten Trafalgar Square gilt als das Zentrum Londons. Damit ist das Gehirn eines Londoner Taxifahrers nachweislich anders entwickelt. Der Test ist ebenso intensiv wie einzigartig.
Mit „Manor House nach Gibson Square“ fängt es an – Route 1. Wo die Lernzeit der 320 Standard-Routen im „Blue Book“ – dem Blauen Buch (oft in der Vergangenheit auch rosa) – mit regelmäßigen persönlichen Prüfungen durch ehemalige Polizisten – in der Freizeit vor 20 Jahren noch maximal anderthalb Jahre dauerte, muss heutzutage durchschnittlich drei Jahre gebüffelt werden. Wo die Schulung früher auf Stadtplänen auf Papier basierte, fahren die Knowledge-Studenten jetzt mit ihren Laptops auf ihren Mopeds die einzelnen Routen nach.
Im Rahmen des Aktionsplans wird die Prüfung modernisiert und digitalisiert. TfL hat nun eine Liste mit 6.000 wichtigen Punkten veröffentlicht, die in der Wissensprüfung abgefragt werden können. Bisher kann ein Prüfer fragen, was er will – was oft zu Überraschungen bei den Kandidaten führt. Darüber hinaus werden weiterhin Optionen mit Vertretern der Taxibranche und den „Wissensschulen“ zum Einsatz von Technologie und zur Modernisierung des Bewertungsprozesses diskutiert. Fahrern werden verbesserte Schulungen angeboten, darunter Online-Kurse zu Sicherheitshinweisen, Konfliktmanagement und Kundenserviceleistung.
TfL aktualisiert derzeit das „Blaue Buch“, um diese Änderungen zu berücksichtigen. Ein anderes Kuriosum in der Londoner Taxiwelt bleibt vorläufig erhalten: der Wendekreis von 7,62 Metern, mit denen ein „Black Cab“ in den Londoner Straßen einfach umdrehen kann. Londoner Taxifahrer stimmen immer wieder für die Erhaltung dieses kleinen Wendekreises bei den Londoner Taximodellen. Zum Vergleich: Ein VW Touran hat einen Wendekreis von 11,5 Metern, ein Toyota Prius+ von über zwölf Metern und ein Ford Tourneo von 13 Metern.
Die LTDA, andere Taxiverbände und Free Now bezeichneten den TfL-Aktionsplan als „verpasste Chance“. „Der Plan ist voller Plattitüden über die Bedeutung lizenzierter Taxis und erkennt die ernsten Herausforderungen an, vor denen wir stehen. Doch er enthält keine konkreten Pläne, um diese Herausforderungen tatsächlich anzugehen,” so Steve McNamara. Tatsächlich enthält der Aktionsplan zwar eine Fülle von Daten und Diagrammen und viele wohlklingende Ausführungen, aber wenig handfeste Maßnahmen.
McNamara: „Obwohl TfL und der Bürgermeister immer wieder auf die Probleme der Branche hingewiesen werden, sehen wir statt Taten nur die gleichen leeren Versprechungen, mit uns zusammenzuarbeiten, uns zu beraten, zu fördern und für Dinge zu lobbyieren, die die Regierung bereits beschlossen hat – ohne konkrete Maßnahmen zur Unterstützung hart arbeitender Taxifahrer. Uns ist völlig klar, dass die lizenzierten Londoner Taxifahrer allein in dieser Lage sind und es an uns liegt, die Langlebigkeit der legendären Londoner Black Cabs und ihren unverzichtbaren Service zu sichern.“

In dem neuen Aktionsplan, dem ersten seit 2016 (!), der das Taxigewerbe und die Mietwagenbranche der Hauptstadt in die Lage versetzen soll, die Herausforderungen der nächsten fünf Jahre zu meistern, betont TfL „dass Londons lizenzierte Taxi- und Mietwagendienste eine wichtige und geschätzte Rolle im Verkehrsnetz der Hauptstadt spelen. Der neue Plan ist das Ergebnis einer umfassenden Zusammenarbeit mit Interessengruppen, dem Taxigewerbe, der Mietwagenbranche und Kundengruppen. TfL wird nun eng mit dem Taxigewerbe, der privaten Mietwagenbranche, den Kommunen und Fahrgastverbänden zusammenarbeiten, um den Plan umzusetzen und das Verkehrsnetz der Hauptstadt sicherer, zugänglicher und nachhaltiger zu gestalten.”
Der neue Plan sieht 14 Maßnahmen zur Unterstützung der Dienste in den nächsten fünf Jahren vor, darunter:
– Verbesserungen bei der Ortskunde „The Knowledge“ und verbesserte Schulungen für Fahrer;
– Sicherstellung, dass Taxis weiterhin, wo immer möglich, Zugang zu Busspuren haben, und Ermutigung der Londoner Stadtteilverwaltungen, Taxis Zugang zu Busspuren auf ihren Straßen zu gewähren;
– Verbesserung des Schulungsangebots für Taxi- und Mietwagenfahrer, einschließlich neuer freiwilliger Online-Schulungen und neuer Schulungen zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen, die in Zusammenarbeit mit Interessenvertretern von Menschen mit Behinderungen entwickelt werden. Freiwillige Online-Schulungen decken verschiedene Themen ab, darunter Sicherheitshinweise und Konfliktmanagement, Kundenservice sowie Gesundheits- und Wellnesstipps. Diese Schulungen wurden auf Anfragen von Taxi- und Mietwagenvertretern hin durchgeführt;
– Zusammenarbeit mit der Regierung, um mehr Befugnisse zu erlangen, um Taxi- und Mietwagendienste noch sicherer zu machen, einschließlich Befugnissen zur Bekämpfung grenzüberschreitender Anmietungen, Befugnissen zur Verhängung von Bußgeldern und Befugnissen zur Regulierung von Taxibuchungsunternehmen;
– TfL setzt sich bei der Regierung für die Fortsetzung der Plug-in-Taxi-Förderung, die Senkung der Mehrwertsteuer auf öffentliche Ladestationen und die Abschaffung der Mehrwertsteuer beim Kauf von Taxis und speziell für Rollstuhlfahrer geeigneten Mietwagen ein;
– Überprüfung der optimalen Verteilung, Positionierung und Gestaltung von Taxiständen, auch an öffentlichen Verkehrsknotenpunkten, um sicherzustellen, dass Taxistände bei Bedarf verfügbar sind.
Seit der Veröffentlichung des ersten Aktionsplans von TfL im Jahr 2016 hat sich viel verändert, und es bestehen weiterhin Herausforderungen: die sinkende Zahl lizenzierter Taxis und Taxifahrer; Bedenken hinsichtlich der Sicherheit und Barrierefreiheit von Fahrern und Fahrgästen; und die Notwendigkeit, die Luftqualität weiter zu verbessern und die CO2-Emissionen zu reduzieren. wf
Beitragsbild: Londoner Black Cabs am Flughafen Heathrow; Foto: Wikipedia (Unisouth (talk)
Die Entwicklung ist erschreckend. England hat ähnliche Bestimmungen zur Unterscheidung von Taxi und ‚Private Hire Vehicle‘ (PHV) wie die deutschen Mietwagen. Allerdings scheint es keine Rückkehrpflicht zu geben. Heute gibt es in London 6,6 mal so viele PHV wie Taxis. Das Maximum an Black Cabs war 2015, danach mit einem starken Coronaeinbruch seitdem um mehr als ein Drittel abgenommen.
Seit 2013 ist dagegen die Zahl der PHV geradezu explodiert!
Wann war nochmal der Start von Uber&Co?
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