In Barcelona sorgt eine Allianz aus Taxi-Gewerkschaft und Politik für die rigorose Durchsetzung von Recht und Gesetz gegen illegale Fahrdienstanbieter. In Madrid dagegen versagt die Politik wie in anderen Ländern.
In spanischen sozialen Medien kursiert derzeit ein Video eines portugiesischen Touristen in der katalanischen Metropole Barcelona, der berichtet, wie er mit einem Uber-Auto auf dem Weg zum Flughafen war, als der Fahrer in eine Mausefalle der Stadtpolizei Guardia Urbana geriet. Wie sich herausstellte, hatte der Privat-Pkw keine Mietwagen-Genehmigung. Er wurde daraufhin an Ort und Stelle stillgelegt und von der Polizei sichergestellt. Für den Touristen wurde gleich ein Taxi angehalten, damit er seinen Flug nicht verpassen würde „Am Ende ist alles gut ausgegangen, aber …“
Zu den Hintergründen berichtet das Netzwerk „Gig Economy Project“, Katalonien habe im vergangenen Jahr ein Gesetz verabschiedet, das Fahrern von Privatautos, die gewerbliche Mietplattformen wie Uber, Bolt und den spanischen Anbieter Cabify nutzen, den Betrieb verbietet, es sei denn, sie setzen konzessionierte Mietwagen ein. Die Regelung trat am 1. Januar 2023 in Kraft. Die Plattformanbieter reagierten so, wie man es in Deutschland und anderen Ländern von Uber kennt: Sie ignorierten das Gesetz und betrieben ihre Apps auch in Katalonien weiter, als ob nichts wäre.
Katalonien ist die nordöstlichste der 17 Regionen Spaniens und grenzt an Frankreich und Andorra. Ihre Hauptstadt Barcelona mit 1,6 Millionen Einwohnern liegt am Mittelmeer. Die Region ist politisch separatistisch dominiert und hält ihre Autonomie gegenüber der spanischen Regierung besonders hoch.
Élite Taxi Barcelona, die größte Taxigewerkschaft der Region, die maßgeblich an der Ausarbeitung des neuen Gesetzes beteiligt war, rechnete schon damit, dass Uber & Co. sich nicht darum scheren würden, und organisierte eine Einsatzgruppe aus Taxifahrern, um am Bahnhof Sants, einem innerstädtischen Verkehrsknotenpunkt, private Pseudo-Mietwagen zu identifizieren. „Was Sie tun, ist von heute an illegal“, sagten die Taxifahrer nach einem Bericht der katalanischen Tageszeitung „La Vanguardia“ zu einem Fahrer am Bahnhof. „Das Bußgeld beträgt 4.000 Euro, und das wird Ihnen auferlegt, nicht Uber.“ Der Fahrer widersprach und gab die Verantwortung dem Fahrdienstanbieter: „Sie haben mein Auto gewechselt und mir gesagt, dass ich problemlos damit arbeiten kann.“
Élite Taxi forderte von der Gaurdia Urbana ein konsequentes Vorgehen gegen die Verstöße und drohte, anderenfalls reihenweise Proteste zu organisieren. Die städtische Polizei reagierte prompt und greift seitdem hart durch. Die Erfahrung des portugiesischen Fahrgastes mit dem Video war nur einer von vielen Fällen, in denen sich Fahrgäste von plattformvermittelten Autos nach einer Polizeikontrolle am Straßenrand wiederfinden, während ein Abschleppwagen das Auto zum Polizei-Lagerhaus transportiert – das mittlerweile ziemlich voll sein dürfte. Élite-Taxi-Chef Alberto ‚Tito‘ Álvarez äußerte sich „zufrieden und beruhigt” über die Durchsetzung geltenden Rechts.
Spanische Journalisten beurteilen es als außergewöhnlichen Vorgang, dass in Katalonien die Macht der Konzerne durch die entschlossenen Bemühungen der „Taxiarbeiter” und ihrer Gewerkschaften im Bündnis mit lokalen Politikern herausgefordert wird, um menschenwürdige Arbeitsbedingungen aufrechtzuerhalten.
Nicht jeder glaubt indes daran, dass Uber & Co. sich so leicht geschlagen geben. Die gewerblichen Fahrdienstanbieter könnten darauf spekulieren, dass das katalanische Gesetz von einem europäischen Gericht als rechtswidrig eingestuft und gekippt wird, so dass die privaten Mietwagen den Taxis in Barcelona bald wieder legal Konkurrenz machen würden.
Spanische Wirtschaftsfachleute warnen daher bereits, ein „liberalisierter“ ÖPNV-Markt sei ein „Wettlauf nach unten” für alle Fahrer von Mietwagen (in der katalanischen Sprache VTC genannt) und Taxis. Kataloniens Versuch, VTCs einzuschränken und Taxis mit einer öffentlichen App zu unterstützen, sei eine beachtenswerte Initiative gegen die Uberisierung.
Ein solches Szenario, eine Uberisierung des Verkehrssektors, ist für das Taxigewerbe auch mit Blick nach New York City eine Schreckensvorstellung. Dort mussten die Taxifahrer seit Beginn der Eroberung des Marktes durch Uber 2011 eine stetige Verschlechterung ihrer Einkünfte erleben. „Als Fahrgäste und Fahrer die Apps annahmen, brach die Taxibranche ein“, heißt es in einem Bericht der New York Times. Dass die Plattform-Fahrer dort noch schlechter verdienen als die Yellow-Cab-Fahrer, was Uber auch noch mit allen Mitteln gegen jegliche Widerstände verteidigt, um die Fahrpreise niedrig zu halten, ist dabei ein schwacher Trost. „Taxibesitzer, von denen viele sich Hunderttausende von Dollar geliehen hatten, um Medaillons zu einem überhöhten Preis zu kaufen, erstickten in Schulden. Die Verzweiflung trieb einige in den Selbstmord“, so die amerikanische Tageszeitung.
In Spaniens Hauptstadtregion scheint man nicht so weit blicken zu wollen wie in Barcelona. Die im Zentrum Spaniens gelegene Autonome Region Madrid steht vor der Umsetzung eines der „liberalsten“ Taxi- und Mietwagengesetze aller spanischen Provinzen.
Am Donnerstag, dem 12. Januar, fand deshalb in der 3,27-Millionen-Stadt eine große Protestdemonstration von Taxifahrern gegen das neue Gesetz statt, von dem das Gewerbe befürchtet, dass es einer Uberisierung des Verkehrssektors Tür und Tor öffnen wird. Dem Protestaufruf folgten 5.000 Taxifahrer, rund ein Drittel aller Taxis in der Metropole. Ein Fernsehbericht zeigt einen Teil des Protests.
Die geplante Einführung des Gesetzes schlägt Wellen. Unter den geplanten Bestimmungen soll sich die maximale Anzahl von Lizenzen für Privatvermieter (VTC) von drei auf 50 pro Person erhöhen, es gibt keine Begrenzung der Arbeitszeit und keine Beschränkung der Tarife. Julio Sanz, Präsident des Madrid Taxi Professional Federation (FPTM), gibt sich kämpferisch: „Wir werden nicht zulassen, dass ein solcher Gesetzestext zustande kommt.“ Die Frist für die Debatte über die Verordnung endete am gestrigen 19. Januar, und während Isabel Díaz Ayuso, die christdemokratische Präsidentin der Autonomen Gemeinschaft Madrid, behauptet hat, sie wolle einen „Konsens“ erzielen, widersprechen die Gewerkschaften: Ihnen seien gar keine Gespräche angeboten worden.
Die geplante Reform soll den privaten Mietwagen – zunächst auf vier Jahre befristet – den Betrieb in der Hauptstadtregion erlauben.
Zurück nach Barcelona: Von den düsteren amerikanischen Aussichten und der Entwicklung in Madrid alarmiert, hat die Élite Taxi bereits die nächsten Proteste organisiert. Letzten Dienstag demonstrierten weit über 1.000 Taxifahrer vor dem Katalanischen Kunstmuseum gegen Ride-Hailing-Apps wie Uber, Free Now, Bolt und Cabify. Ein zweiter Protestzug kam von einer Gruppe ganz anderer Leidtragender: Vom Verband der nicht-plattformvermittelten Mietwagen fuhr eine Kolonne Mietwagen vom Flughafen aus zum Verkehrsministerium. Parallel fuhr ein Taxikorso durch die Stadt zum Regionalparlament. Ein Amateurvideo zeigt auch hier lange Fahrzeugkolonnen. Die Gewerkschafter verlangten ein Gespräch mit dem katalanischen Präsidenten Pere Aragonès und Territorialminister Juli Fernández. Nachdem diese Gespräche nicht zustande kamen, kündigte Gewerkschaftschef Álvarez in seiner Rede bei der Abschlusskundgebung eine Fortsetzung der Proteste an. Am Abend sagte er in einem Fernsehinterview: „Sie deregulieren den Sektor, wie es in Madrid geschieht, um Druck auszuüben. […] Wir kämpfen dafür, dass alle Benutzer, egal, welchen Anbieter sie wählen, den gleichen Preis zahlen.“
Bereits Ende des Monats wird nun die nächste Proteststufe gezündet: Es geht es mit zwei Streiks weiter. Um eine hohe (Öffentlichkeits-)Wirkung zu erzielen, wurden zwei Tage während einer Messe mit erwarteten 50.000 Besuchern für die Arbeitsniederlegung ausgewählt: der 31. Januar und der 1. Februar. So schnell geben die Katalanen mit ihrer langen Autonomie-Tradition nicht auf. ar, wf
Beitragsfoto: Pixabay (Stoyan Stoyanov)
Höre es immer wider von Fahrgästen, die negative Erfahrungen in der katalanischen Hauptstadt machen müssen:
In Barcelona muss das Taxigewerbe ihre schwarzen Schafe loswerden. Solange es nicht unterbunden wird, dass die Fahrgäste, speziell Touristen, von Fahrern abgezockt werden, wird Cabify, Uber & Co. ein Argument mehr haben.
Das ist nicht nur dort so, die schwarzen Schafe mache das Geschäft überall schlecht,
da gehört von Seiten der Zentralen und der Behörden einfach mehr kontrolliert.