Der BVTM hat verstärkt auf die existenzbedrohende Situation des Taxigewerbes hingewiesen. Die meisten Medien bezeichnen kriminelle Mietwagenanbieter noch immer verharmlosend als „Konkurrenz“.
Kürzlich nahmen sich bereits Focus, Bild, n-tv und der Hessische Rundfunk des Themas an (Taxi Times berichtete). Die schlechte Situation der Taxibranche schlägt weiter Wellen. Dazu hat maßgeblich die Pressearbeit des Bundesverbandes Taxi und Mietwagen e. V. (BVTM) beigetragen.
Süddeutsche Zeitung, Stuttgarter Nachrichten, Saarbrücker Zeitung und weitere Online-Portale schreiben unter Überschriften wie „Taxigewerbe unter Druck – Kräftige Preiserhöhung erwartet“ oder „Taxifahrten werden wohl teurer“ von Corona, Uber, Mindestlohn, teuren Ersatzteilen und Rekordspritpreisen als Ursachen. Das deutsche Taxigewerbe stehe mit dem Rücken zur Wand. Nach BVTM-Schätzungen sei die Zahl der Taxis, Unternehmen und Fahrer in Deutschland seit Beginn der Corona-Krise um rund ein Fünftel gesunken. „Insbesondere in den Großstädten, wo der Großteil der deutschen Taxis stehe, seien die Betriebe unter Druck, erklärt Geschäftsführer Michael Oppermann. Und die Schrumpfung ist wohl noch nicht vorbei, denn es ist eine Vielzahl von Effekten, die der Branche das Leben derzeit schwer macht.“
Zwar gebe es aktuell keine bundesweiten Zahlen, doch in Berlin beispielsweise gab es vor der Corona-Krise gut 8000 Taxis, im Januar 2022 nur noch 5905. Dieser Rückgang sei zwar in der Hauptstadt stärker als im Bundesdurchschnitt, doch zeige er das Ausmaß des Problems. Besonders in den Großstädten habe Corona viele Taxi-Geschäftsbereiche einbrechen lassen. Tourismus, Messen, Geschäftsreisen, Flughafenfahrten und Nachtleben seien enorm zurückgegangen. Und Oppermann sei skeptisch, dass in allen Bereichen die Werte vor der Pandemie wieder erreicht werden. „Daneben war das Gewerbe bereits vor Pandemieausbruch durch Konkurrenten wie den Fahrdienstvermittler Uber unter Druck. Zu alledem kommen auch noch Rückforderungen von Corona-Hilfen, die anstehende Erhöhung des Mindestlohns und die kräftig gestiegenen Preise für Werkstattbesuche und Sprit.“
Das größte finanzielle Problem sei aber laut Oppermann der Mindestlohn, denn Personal mache rund zwei Drittel der Kosten im Taxigewerbe aus, so dass die Spritpreise, die derzeit rund 40 Cent pro Liter über dem Durchschnitt der vergangenen Jahre liegen, weniger ins Gewicht fallen. Doch auch das könne – angesichts der „auf Kante genähten“ Taxitarife – der Tropfen sein, der das Fass für ein Unternehmen zum Überlaufen bringe.
Zum Ausgleich müssten die Tarife laut Oppermann möglichst bis Oktober, wenn der Mindestlohn erhöht wird, um rund ein Viertel steigen. Dafür bräuchten die Kommunen normalerweise ein Jahr, doch jetzt hoffe er auf eine zügigere Umsetzung.
Dennoch glaube Oppermann nicht, dass der Taxi-Schwund bereits beendet ist. Insgesamt geht er durch die Pandemie von einem Rückgang um ein Drittel bei Fahrzeugen, Fahrern und Unternehmen aus, mit dem bisherigen Fünftel sei das bei weitem noch nicht erreicht. Zudem seien bei Ende der Corona-Krise im Unterschied zu vielen anderen Branchen keine Nachholeffekte zu erwarten, sagt Oppermann. „Die Leute fahren ja nicht jetzt zweimal um den Block, weil sie die letzten zwei Jahre so wenig Taxi gefahren sind.“
Der Berliner Kurier, wichtigste Konkurrenz zum Boulevard-Riesen BZ, nennt die gleichen vom BVTM verbreiteten Fakten und zitiert zudem Leszek Nadolski, den 1. Vorsitzenden der Berliner Taxi-„Innung“, er als Ein-Wagen-Unternehmer könne sich keinen Angestellten mit 12 Euro Mindestlohn leisten, da er derzeit nur zehn Euro Umsatz pro Stunde erziele: „Meine Frau leistet sich einen Taxifahrer“, wie er die Einkommensverhältnisse seines Privathaushalts bitter-scherzhaft umschreibt.
Immerhin werden auch „andere Taxifahrer-Vertreter“ indirekt zitiert, die nicht nur Michael Oppermanns Analyse bestätigen, sondern zudem als „speziellen Berliner Grund für die Taxi-Misere“ die gesetzeswidrige Arbeitsweise der „Fahrvermittlungsdienste wie Uber“ beim Namen nennen, denn die Berliner Ordnungsbehörde LABO tue alles andere, sorge aber nicht für Ordnung. Hamburg sei bei den Kontrollen von Uber & Co. deutlich besser, vom LABO bekomme das Berliner Taxigewerbe immer nur zu hören: „Wir haben keine Leute und können deshalb nicht kontrollieren.“ Hier ist aber zumindest ein wenig Besserung in Sicht. Seit Anfang 2021, als das LABO im Rahmen seiner schwierigen personellen Möglichkeiten die Kontrollpraxis verändert hat, stagniert die Zahl der Mietwagen in Berlin, wenn auch auf hohem Niveau.
Die Berliner Verbände haben bereits einen gemeinsamen Antrag auf einen neuen Taxitarif eingereicht, der als Neuerung auch sogenannte Festpreiszonen beinhaltet, durch die man Festpreise für Fahrten ab dem Hauptstadtflughafen BER anbieten möchte. ar
Anmerkung der Redaktion: Was trotz allem in der Medienlandschaft noch immer weitgehend verschwiegen wird, sind die unlauteren Methoden der Mietwagenkonzerne, deren ausführender Partnerfirmen sowie der meist unterbezahlten Fahrer. Die Personalnot der Behörden und ihre daraus folgende Untätigkeit plagt das Berliner Taxigewerbe seit Jahren. Würden LABO, Ordnungsämter Poizei usw. ihre Arbeit zufriedenstellend ausführen und Rechtsverstöße konsequent ahnden, so wäre ein Großteil der Firmen, die für Uber, Free Now, Bolt usw. Mietwagenfahrten durchführen, in kurzer Zeit pleite, der Markt wäre ein Stückweit bereinigt und es würde weitgehende Gerechtigkeit auf dem Markt für individuelle Personenbeförderung herrschen. Diese Erkenntnis scheuen die Mainstream-Medien mit Ausnahme des Berliner Kuriers offensichtlich nach wie vor. Sie sprechen noch immer verharmlosend von „Konkurrenten“ statt von Kriminalität.
Beitragsfoto: Nur einer der Sargnägel des Taxigewerbes, aber allnächtliches Bild in Berlin – Mietwagen, so weit das Auge reicht. Foto: Axel Rühle
Ein sehr realistisches Foto. So einige Kollegen glauben bis heute nicht, was in einigen Ballungszentren abgeht.