Nach dem gestrigen Amoklauf in einem Münchner Schnellrestaurant und einem angrenzenden Einkaufszentrum im Norden der Stadt kam der Verkehr zum Erliegen. Das betraf auch das Taxigewerbe – in mehrfacher Hinsicht.
In den ersten Stunden nach dem Amoklauf eines 18-jährigen in München musste die Münchner Polizei noch von mehreren Tätern und von einem Terroranschlag ausgehen. Um die Flucht zu erschweren, wurde deshalb der Betrieb der öffentlichen Verkehrsmittel komplett eingestellt. Busse, U-Bahn, S-Bahn, Tram, nichts ging mehr. Der Münchner Hauptbahnhof wurde evakuiert. Fernzüge fuhren München nicht mehr an. Autofahrer wurden aufgefordert, die Autobahnen nach München freizuhalten um Unterstützungskräfte aus Nürnberg und Stuttgart nicht den Anfahrtsweg zu versperren. Somit blieb den überall in der Innenstadt gestrandeten Personen nur mehr das Taxi, um gut und sicher nach Hause zu kommen. Die beiden Münchner Taxizentralen hatten ein dementsprechend hohes Vermittlungsaufkommen, das dem einer Silvesterschicht ähnelte – wobei ihnen diesmal weniger Fahrzeuge zur Verfügung standen. Etliche Taxifahrer hatten nach den ersten Meldungen ihre Schicht abgebrochen, um zuhause bei der eigenen Familie zu sein.
Unmittelbar am Tatort befindet sich ein Taxistand mit Platz für etwa 10 Taxis, der zum Zeitpunkt des Attentats auch besetzt war. Soweit bisher bekannt, wurde keiner der dort wartenden Taxifahrer getroffen. Einer der Kollegen hatte über Funk bei der Taxizentrale eine Schießerei gemeldet, was von der Zentrale sofort an die Polizei weitergegeben wurde.
Aufgrund einer hohen Flut an Fehlinformationen musste die Polizei wenig später auch von weiteren Tatorten in der Münchner Innenstadt ausgehen. Während dieser Phase wurden auch die Münchner Taxifahrer aufgefordert, in der Innenstadt vorsichtig zu sein und keine Einsteiger und Aufhalter mitzunehmen. Diese Nachricht gaben beide Taxizentralen an ihre angeschlossen Taxis weiter. Eine direkte Aufforderung seitens der Polizei an die Funkzentralen, die Vermittlung komplett einzustellen, hatte es allerdings nicht gegeben. Das bestätigten sowohl die IsarFunk-Taxizentrale als auch die Taxi München eG gegenüber Taxi Times.
Aus Sicht der Polizei wäre eine Einstellung des Taxibetriebes jedoch sinnvoll gewesen, da man befürchtete, es seien noch mehrere Täter in der Stadt unterwegs. Das hätte die Entscheidung, den Nahverkehr außer Betrieb zu setzen, untergraben, wenn die vermuteten Täter alternativ mit dem Taxi vom Tatort oder aus der der Stadt zu entkommen.
Trotzdem blieben viele Taxifahrer in ihren Fahrzeugen und versuchten möglichst viele von den gestrandeten Fahrgästen zu transportieren. Eine schnelle Beförderung wurde allerdings erschwert, weil die Polizei etliche Straßensperren errichtet hatte -sowohl in München als auch im Umkreis. Ein Kollege berichtete gegenüber Taxi Times, dass er einen Fahrgast (kostenlos) ins 35 Kilometer außerhalb liegende Holzkirchen brachte und dafür über 2 Stunden brauchte. Auf der Autobahn wurde jedes Fahrzeug kontrolliert, was einen Rückstau von 20 Kilometern verursachte.
Erst gegen drei Uhr morgens hätte sich die Nachfrage bei den Taxizentralen etwas reduziert. Die Sonderleistungen konnten aber zu jedem Zeitpunkt aufrechterhalten werden, berichtet ein Mitarbeiter der Taxi München eG, der selbst 15 Minuten nach den ersten Schüssen zur Unterstützung in die Taxizentrale gefahren war. Zu diesen Sonderleistungen zählten beispielsweise die Bestellungen der Kliniken oder auch der Transport von Blutkonserven von einem Krankenhaus zum anderen.
Münchens Taxigewerbe konnte so also auch in einer Ausnahmesituation seine Zuverlässigkeit unter Beweis stellen. Die Redaktion von Taxi Times München fühlt mit den Opfern und deren Angehörigen aber auch mit der Familie des Täters, dessen Vater laut Bericht eines Nachrichtenmagazins Taxiunternehmer sein soll. tb jh