Die Aufsichtsbehörde von New York City entzog tausenden Taxi- und Mietwagenfahrern, die wegen verschiedenster Vergehen, zum Teil Lapalien, vorläufig festgenommen worden waren, die P-Scheine. Dagegen wehrten sie sich und hatten nun Erfolg – nach 19 Jahren.
Anwälte, die eine Gruppe von fast 20.000 Taxi-, App-, und Mietwagenfahrern vertreten, und die Gewerkschaft New York Taxi Workers Alliance (NYTWA) haben am Dienstag bekanntgegeben, dass sie nach 19 (!) Jahren intensivem Rechtsstreit einen historischen Vergleich in Höhe von 140 Millionen US-Dollar (128 Millionen Euro) mit der Stadt New York City erzielt haben. In dem langwierigen Verfahren vor einem US-Bundesgericht wurde das Versäumnis der zuständige Behörde, der New York City Taxi and Limousine Commission (TLC) angefochten, faire Anhörungen zu gewährleisten, die es Fahrern ermöglicht hätten, ihren P-Schein-Entzug nach einer Festnahme anzufechten.
Die Kläger und ihre Anwälte argumentieren, dass 90 Prozent der Festnahmen, die zum Entzug der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung durch die TLC führten, unbegründet waren oder auf geringfügige Vergehen reduziert wurden. Dennoch verloren die Fahrer zwischen 2003 und 2020 durch diese Entzüge insgesamt mehr als 3 Millionen Arbeitstage. Die meisten Festnahmen erfolgten wegen einfacher Vergehen, und wahrscheinlich 80 Prozent der Festnahmen waren auf Ereignisse außerhalb der Arbeitszeit zurückzuführen. Dennoch wurde vor der Entscheidung des Berufungsgerichts in diesem Fall kein einziger Fahrer im Rahmen des Anhörungsverfahrens der TLC wieder eingestellt. Fahrer, ihre Anwälte und die Gewerkschaft sagen, diese Gerechtigkeit sei seit Langem überfällig gewesen.

Bhairavi Desai, Geschäftsführerin der New York Taxi Workers Alliance (einer der Kläger in diesem Fall), lobte den bahnbrechenden Vergleich und erklärte: „Dieser historische – und längst überfällige – Vergleich ist ein Stück Gerechtigkeit für so viele Taxifahrer, deren Leben zerstört wurde, als sie für schuldig befunden wurden, ihnen ein ordentliches Verfahren verweigert wurde und sie nach einer ungerechtfertigten Verhaftung weder arbeiten noch ihre Unschuld verteidigen konnten. Die Erfolge in diesem Fall erinnern an die dunkle Zeit, als Taxifahrer als Bürger zweiter Klasse behandelt wurden, und an den unveräußerlichen Wert unserer verfassungsmäßigen Rechte als Amerikaner.“
Rechtsanwalt Dan Ackman, der den Fall 2006 vor Gericht brachte, sagte: „Hart arbeitende Taxifahrer aufgrund einer Festnahme – nicht einer Verurteilung, sondern nur einer Festnahme – zu suspendieren und anschließend eine Scheinanhörung durchzuführen, war schon immer seltsam und unerhört. Es war zudem verfassungswidrig, wie ein anderes Gericht vor sechs Jahren entschied. Eine Entschädigung für die von diesem Regime unfair behandelten Fahrer ist längst überfällig.“
„Dass die Stadtverwaltung jahrzehntelang diesen verfassungswidrigen Mangel an einem fairen Anhörungsverfahren aufrechterhielt und verteidigte, ist eine beschämende Ungerechtigkeit – eine Ungerechtigkeit, die auf der Missachtung der Menschlichkeit zehntausender hart arbeitender New Yorker beruht“, sagte Rechtsanwalt David Goldberg, der die Fahrer ebenfalls vertrat. „Diese Einigung ist wichtig, ebenso wie die Veränderung, die die Fahrer in diesem Fall bei der städtischen Taxi- und Limousinenkommission bewirken konnten.“

Rechtsanwältin Shannon Liss-Riordan, die sich Ackman und Goldberg im Rechtsstreit anschloss und die Fahrer gemeinsam mit ihm vor Gericht und im Zulassungsverfahren der Sammelklage vertrat, sagte: „Obwohl sich dieser Rechtsstreit viel zu lange hingezogen hat, freuen wir uns, dass die Stadt New York mit uns zusammenarbeitet, um das diesen Fahrern zugefügte Unrecht wiedergutzumachen. Wir sind sehr erfreut, endlich dieses historische und gerechte Ergebnis erzielt zu haben.“
In den Jahren 2003 bis 2020, um die es in diesem Fall geht, wurden fast 20.000 Taxi-, App- oder Mietwagenfahrer mit TLC-Lizenz allein aufgrund von Festnahmen suspendiert – bevor die Fahrer verurteilt oder gar vor Gericht gestellt wurden und ohne Berücksichtigung der Vorstrafen oder der der Festnahme zugrunde liegenden Tatsachen.
Im Jahr 2006 reichte eine Gruppe von Fahrern zusammen mit der NYTWA Klage ein, in der sie die Verfassungsmäßigkeit des Versäumnisses der TLC anfochten, Fahrern, die aufgrund einer Festnahme summarisch suspendiert worden waren, ein faires Verfahren zur Anfechtung der Suspendierungen ihrer Taxi-Führerscheine zu gewähren.
Im Jahr 2019 befand ein Berufungsgericht die Praktiken von TLC für verfassungswidrig. Kurz darauf erkannte ein Bezirksgericht den Fall als Sammelklage an und ordnete 2023 ein Musterverfahren mit Geschworenen für eine zufällig ausgewählte Gruppe von Mitgliedern der Gruppe an. Eine Jury befand, dass die zehn am Verfahren beteiligten Fahrer ihre P-Scheine schnell wiedererlangt hätten, wenn sie die Möglichkeit gehabt hätten, ihre Sicht der Dinge in einem fairen Anhörungsverfahren darzulegen.
Die Kläger haben sich nun mit der Stadt New York City auf 140 Millionen US-Dollar (128 Millionen Euro) Schadensersatz für die gesamte Gruppe geeinigt. Im Rahmen des Vergleichs können TLC-Fahrer (Taxi-, App-, und Mietwagenfahrer), denen aufgrund einer Festnahme der P-Schein kurzerhand entzogen worden war, Entschädigungen zwischen mehreren hundert Dollar und 36.000 Dollar (33.000 Euro) oder mehr erhalten, abhängig von der Dauer des Führerscheinentzugs und anderen Faktoren. Die Anwälte haben beim Gericht eine vorläufige Genehmigung des Vergleichs beantragt. Sobald dieser erteilt ist, werden die Mitglieder der Sammelklage über das Verfahren zur Einreichung einer Klage informiert. wf
Beitragsfoto: Wim Faber