Unter der Schirmherrschaft verschiedener Gewerkschaften hat der norwegische Taxiverband eine Aktion zum Schutz der Gesellschaft vor Scheinselbständigkeit gestartet. Daran gekoppelt sind konkrete Vorschläge für eine Anpassung der Scheinselbständigen bei der Novelle des Personenbeförderungsrechts.
„Wir möchten unsere Arbeitergesellschaft nicht verlieren“ lautet der Titel der gemeinsamen Aktion, mit der das norwegische Taxigewerbe seinen seit Jahren andauernden Kampf gegen eine von Uber & Co inspirierte Deregulierung fortsetzt. Jene Deregulierung soll dieses Jahr verankert werden. “Es ist ein großer Paradoxon und völlig inakzeptabel, wenn die Regierung ein Geschäftsmodell begrüßt, das jetzt im Heimatstaat Kalifornien aufgrund von Sozialdumping verboten ist”, sagt Øystein Trevland, Funktionär der Norwegischen Gewerbevertetung “Norges Taxiforbund.”
Er blickt in diesem Zusammenhang auf die Entwicklung an allen Ländern sowohl in Europa als auch in Nordamerika: „Der französische Oberste Gerichtshof nannte es eine „fiktive“ Unabhängigkeit, als es das Modell im März dieses Jahres verbot. Im September kommt das Urteil vom britischen Obersten Gerichtshof auf die Frage ob Britische Uber-Fahrer Arbeitnehmer oder Selbständige sind. Noch interessanter ist was die kalifornische Regierung jetzt für diese Unternehmen gemacht hat. Sie hat Kriterien festgelegt, wann Menschen selbstständig sind und wann sie als Arbeitnehmer gelten müssen, mit den damit verbundenen sozialen Rechten und dem Mindestlohn. Firmen wie Uber und Lyft ignorieren diese Vorschriften und die Gerichte in Kalifornien haben nun verlangt, dass sie die Fahrer zu Arbeitnehmer machen.
All diese Beispiele unterstreichen, dass die Fahrer im Uber-Modell nur fiktiv unabhängig sind. Das norwegische Taxigewerbe besteht hingegen in der Stadt und auf dem Land aus selbständigen Einzelunternehmern, nicht aus selbständigen Fahrern.
Mit einem Aufruf an die Regierung von Premierministerin Erna Solberg und Verkehrsministerin Knut Arild Hareide sowie an das Verkehrskomitee im Storting, das Norwegische Parlament, war die Kampagne letzte Woche gestartet. Sie wird von einer separaten Facebook-Seite unterstützt (https://m.facebook.com/Nei-til-løsarbeidersamfunn-104982618005772/?ref=page_internal&mt_nav=0 – in norwegischer Sprache).
Die Organisationen betonen, das neue Taxigesetz mit ihrer Aktion nicht komplett rückgängig machen zu wollen. Gebraucht werde jedoch eine notwendige Änderung, um die Ziele zu erreichen, die sich die Regierung selbst für das Taxigewerbe gesetzt hat – einen seriösen Sektor mit guten Arbeitsbedingungen und einem Wettbewerb zu gleichen Bedingungen zu schaffen.
Die Kampagne beinhaltet daher die Forderung nache einer Wiedereinführung einer ‘zentralen Verbindung’ in Forme eines Taxi-Zentrums, um zu verhindern, dass das Modell der ‘losen Arbeitnehmer’ im Taxigewerbe wie auch allgemein in der Gesellschaft Fuß fasst.
„Nur durch Taxi-Zentren, für die die Behörden Anforderungen festlegen können, kann jeder in der Branche zur Verantwortung gezogen werden, so dass der Wettbewerb praktisch zu gleichen Bedingungen stattfindet“, sagt Trevland.
Der Taxiverband ist der Ansicht, dass die dänischen Anforderungen an ein Taxi-Zentrum auch in Norwegen angewendet werden können und betont, dass es eine Beitrittspflicht geben sollte, aber kein Recht. Die Taxizentren müssen selbst entscheiden, wen sie als Lizenznehmer und Fahrer wollen.
“Ich denke, viele Regierungsparteien wissen nicht ,wie das Gesetz heute steht. Sie müssten es wissen, und wenn sie nichts tun, können sie zumindest nicht später kommen, und sagen, dass sie es nicht wussten oder dass sie gegen eine Gesellschaft mit freiberuflichen Scheinselbständigen sind”, sagt Trevland.
“Man kann nicht gleichzeitig für Unternehmen wie Uber und Bolt und gegen eine Gesellschaft mit freiberuflichen Scheinselbständigen sein. Es sind aber genau diese Unternehmen, welche eine Gesellschaft mit freiberuflichen Scheinselbständigen verkörpern. Es ist ein Geschäftsmodell, bei dem diejenigen ihre Aufgaben als so genannte ‘Unabhängige’ erledigen, die in Wirklichkeit abhängig sind.
Der Appell richtet sich an die Regierung, an alle parlamentarischen Vertreter sowie an die verschiedene politische Parteien auf allen Ebenen. “Wenn der Minister für Verkehr und Kommunikation nicht antwortet, müssen wir die Politiker vor Ort bitten, Druck auf die Regierung und ihre parlamentarischen Vertreter auszuüben”, will Trevland nicht locker lassen.
“Wir hatten als Taxiverband ein Online-Treffen mit Staatssekretär John-Ragnar Aarset. Er sagte, dass seine Regierung keine Gesellschaft mit freiberuflichen Scheinselbständigen will und offen steht für einen Dialog. Aarset hat aber nicht auf die Forderung nach zentraler Zugehörigkeit in Taxi-Zentren reagiert, um dies zu vermeiden.”
“Es scheint so, dass die Regierung die Ernsthaftigkeit der Löhne und Arbeitsbedingungen in der Branche nicht vollständig versteht. Deshalb müssen wir es deutlich machen und sicherstellen, dass jeder weiß, was er tut, wenn das Gesetz umgesetzt wird,” sagt Trevland.
“Bei Bedarf werden wir mit den Oppositionsparteien zusammenarbeiten, um im Parlament einen konkreten Gesetzentwurf einzureichen. Wir wollen keinen wiederholter Kampf über das gesamte Gesetz, aber wir brauchen einen notwendigen Schutz für ein menschenwürdiges Arbeitsleben und einen Wettbewerb zu gleichen Bedingungen”, schließt Øystein Trevland. wf