Free Now und die Techniker-Krankenkasse verkünden gemeinsam die Vereinbarung einer Kooperation, die zeitnah auch bundesweit ausgerollt werden soll. Der Taxi-Landesverband Schleswig-Holstein betitelt dies als „schlechte Nachricht“. Aber ist Free Now nun Fluch oder Segen, Paulus oder Saulus, Risko oder Chance für die Taxibranche – oder auch beides?
Taxi ist wertvoll, unter anderem, weil Taxis mit Millionen Patientenfahrten zu Dialyse- und Bestrahlungsbehandlungen Tag für Tag die mobile Daseinsvorsroge kranker Menschen aufrecht erhalten. Dabei übernehmen die Taxibetriebe in den meisten Fällen auch die direkte Abrechnung mit den Krankenkassen.
Eine dieser Krankenkassen will nun mit einem Plattformvermittler kooperieren, was den Landesverband für das Taxi- und Mietwagengewerbe Schleswig-Holstein e. V. in seinem Infobrief vom Dezember Alarm schlagen lässt: Zum einen, weil Uber nun auch im nördlichsten Bundesland aktiver wird, vor allem aber, weil der überregionale Fahrdienstleister Free Now zunächst im nahegelegenen Hamburger Raum eine Kooperation mit der Techniker-Krankenkasse (TK) testen will, die anschließend bundesweit ausgerollt werden soll. Ist Free Now nun langfristig eher ein konstruktiver oder ein destruktiver Partner des Gewerbes, auch im Kampf gegen Uber & Co.?
Der Landesverband meldet: „Leider gibt es auch nicht so schöne Nachrichten. Wie der gemeinsamen Pressemitteilung der TK und Free Now zu entnehmen ist, kooperiert die TK ab sofort mit Free Now. Geplant ist, dass die neu entwickelte Online-Lösung im Hamburger Raum mit ausgewählten TK-Versicherten getestet wird. Voraussichtlich startet das Pilotprojekt im Lauf des Jahres 2025. Nach dem Abschluss der Entwicklungsphase wird die technische Lösung bundesweit allen GKV-Versicherten und Marktteilnehmern zugänglich gemacht.“
Die neuen Kooperations-Partner verweisen in ihrer Meldung darauf, dass sie so einen besseren Service für die Patienten erreichen wollen. Zitat:„Bislang ist eine Krankenfahrt mit viel Aufwand für die Patientinnen und Patienten verbunden. Sie müssen beispielweise bei einer genehmigungspflichtigen Fahrt zuerst die Papier-Verordnung der Arztpraxis bei der Kasse einreichen, erhalten dann ein Genehmigungsschreiben, nehmen Kontakt mit dem Beförderungsunternehmen auf, vereinbaren einen Termin und legen bei Fahrtantritt das Genehmigungsformular vor. Je Fahrt zahlt der Versicherte direkt beim Beförderer gegebenenfalls eine Zuzahlung.“ Diese Aussage entbehrt nicht einer gewissen Ironie, da es ja die Krankenkassen selbst sind, die diesen Aufwand durch ihre eigenen Vorgaben verursachen. Die komplette Pressemitteilung ist hier nachzulesen.
Relevant ist aber aus Sicht des nördlichsten Landesverbandes vor allem der Punkt, ob Free Now mit dieser Aktion für oder gegen die Interessen des Gewerbes agiert. Risiko oder Chance, die Taxibranche beobachtet schon seit Längerem mit Argusaugen, wie sich der Plattformanbieter Free Now jeweils aktuell aufstellt. Gegründet unter dem Namen MyTaxi agiert der überregionale Vermittler seit Jahren als Free Now. Nachdem zunächst Taxikunden für das Taxi eingeworben wurden, zeigte man zwischenzeitlich Zähne, indem diese eingeworbenen Kunden mit einem Mal an Mietwagen vermittelt wurden, ohne dass die Taxler sich dagegen wehren konnten. Einige Zeit später begann Free Now jedoch die Rückentwicklung vom Saulus zum Paulus und will nun irgendwann wieder ausschließlich mit Taxis kooperieren. In Berlin beispielsweise wird man noch in diesem Monat die Mietwagenvermittlung einstellen.
Grund für diese Rolle rückwärts ist nach vielbeachteten öffentlichen Statements von Free-Now-Präsident Alexander Mönch die Erkenntnis, dass sich in der gewerblichen Fahrgastbeförderung mit Mietwagen in direkter Konkurrenz zum Taxi legal kein Geld verdienen lässt. Die Betriebs- und Lohnkosten für Taxi und Mietwagen seien dabei mehr oder weniger identisch, und der für Mietwagendienstleistungen im Vergleich zum Taxi um zwölf Prozentpunkte höhere Mehrwertsteuersatz lässt sich auch nicht durch eine vermeintlich optimierte Auslastung egalisieren. Die Rückkehrpflicht mit dadurch erhöhten Fahrwegen für den Mietwagen im Vergleich zum Taxi ist dabei weniger relevant, fügt aber ebenfalls ihr Scherflein dazu.
Das Bekenntnis von Free Now, ausschließlich auf legalem Weg um Kundenumsätze sowohl mit anderen Plattformanbietern als auch mit den lokalen Taxizentralen zu konkurrieren, ehrt das Unternehmen natürlich, da diese Position in diesem Umfeld leider nicht immer selbstverständlich ist. Allerdings macht es gleichzeitig auch klar, dass es hier nach wie vor trotzdem ums Geldverdienen geht. In wirklicher Konkurrenz steht Free Now dabei eher mit gewinnorientierten örtlichen und überregionalen Vermittlern, während es den Taxlern selber zunächst ja egal sein kann, ob sie ihre Aufträge von diesem oder jenem Anbieter einkaufen, solange die Preise dafür ähnlich sind.
Genossenschaftlich organisierte Zentralen stellen dabei dann ein Zwischending dar, da sie zwar mehr oder weniger zum Selbstkostenpreis vermitteln, aber auch unbedingt darauf angewiesen sind, dass sie das örtliche Kundenpotential möglichst selbst ausschöpfen. Gelingt ihnen dies nicht, laufen auch sie natürlich stets Gefahr, neben einem vermeintlich gezähmten Tiger wie Free Now ihre Existenzgrundlage zu verlieren.
Das Beispiel Stuttgart zeigte kürzlich, dass Taxler das Thema aber auch anders als der Schleswig-Holsteiner Landesverband interpretieren können. Dort ist man den vermeintlich logischen nächsten Schritt gegangen und hat sich für die vollständige Kooperation mit Free Now entschieden. Ersten Erfahrungsberichten nach ist man, zumindest in der aktuellen Anfangszeit, zufrieden mit dem Modell, welches in der Südwest-Metropole vor allem auch die steigende Marktpräsenz von Uber & Co. brechen helfen soll.
Es ist somit die Frage, ob die Branche es selber schaffen kann, die wichtigen Kundenkreise der Geschäftsleute, Touristen und feierfreudigen jungen Menschen selbst wieder auf ihre eigenen Bestelloptionen einzuschwören oder dies für einen überregionalen Akteur wie Free Now einfacher ist. Der Preiskampf zwischen den Raubtierplattformen und dem Taxi scheint ja immerhin durch das aktuelle Leipziger Urteil zugunsten von flächendeckenden präventiven Mindestpreisregelungen für Mietwagen wieder in geordnete Bahnen zu tendieren (Taxi Times berichtete). Damit wird im Kampf gegen Uber & Co. ja eventuell ein neues Kapitel aufgeschlagen. Es verbleibt nun aber vor allem der Punkt, wie sexy Taxi sich gegenüber anderen Bestell-Apps aufstellen kann.
Bisher konnte sich die Branche hier noch nicht sonderlich mit Ruhm bekleckern, da es zwar verschiedene Apps mit großem Einzugsgebiet gibt, es aber bisher nicht möglich ist, mit einer App wirklich bundes-, geschweige denn europaweit ein Taxi zu ordern. Um dies zu erreichen, müssten die Erbhöfe der großen Vermittlungsanbieter sich öffnen und systemoffene Lösungen anbieten, anstatt stur ihr eigenes System als das einzig wahre zu propagieren. Parallel braucht die Branche so schnell wie möglich flächendeckend festpreisorientierte Tarifkorridore für Bestellfahrten. Denn nur mit einer bundesweiten bedienerfreundlichen App, die auch Festpreisfahrten vermitteln kann, lassen sich moderne Kundenkreise vom Uber zum Taxi zurückgewinnen.
Gleichzeitig können wohl auch nur Festpreisvereinbarungen der Geißel der Branche, dem Navigationssystem mit der einhergehenden fehlenden Ortskenntnis von Personal und Kunden, Paroli bieten. Denn nichts schadet dem Image des Taxis mehr als streckengleiche Fahrten, die mangels Ortskenntnis der Fahrer heute das Anderthalbfache kosten wie gestern. Hier ist Uber mit seinen Festpreisen also klar im Vorteil, dass man sich dort dieser Kritik von vornherein entzieht.
Wenn also Free Now dem Taxi den Weg zu digitalen Innovation ebnen kann und so gleichzeitig im Konkurrenzkampf gegen Uber & Co. ein aktiver Partner ist, dann ist eine Kooperation sicherlich entgegen allen Unkenrufen eine gute Lösung, vor allem dann, wenn aktuell eine aus der Branche selbst geborene Lösung nicht in Sicht ist. Besser wäre es, wenn das Gewerbe selbst seine Kunden binden und sich so von der Sorge befreien könnte, dass Partner wie Free Now keine Macht über so wichtige Kundenkreise wie beispielsweise die Krankenfahrten der TK gewinnen kann. Ja, besser wäre das natürlich … rw
Beitragsbild: Remmer Witte
im Unterschied zu Uber hat FreeNow seine Kunden betrogen. Ich traue denen keinen Meter weit
Wenn die uns die lästigen Genehmigungen und Verordnungen abnehmen und uns nur noch die reinen Aufträge übermitteln samt Vergütung, bin ich dabei.
und im jahr darauf hast du die fahrt dann nicht mehr oder darfst soviel darauf latzen dass du lieber pizza ausfährst