Die tagelangen Streiks und Proteste der Prager Taxifahrer letzte Woche waren sehr beeindruckend. Doch den Machtkampf gegen die Regierung werden sie wohl trotzdem verlieren. Aus den Fehlern kann man jetzt nur lernen – auch in Deutschland.
Prags Taxifahrer haben die Schnauze voll. Ihre neuen Konkurrenten Uber und Taxify halten sich nicht an die gültigen nationalen Gesetze und schaffen es trotzdem (oder gerade deswegen), ihnen massiv Kunden wegzunehmen. Jetzt war der Leidensdruck so groß, dass man gleich mehrere Tage lang auf der Straße gegen Uber und Co demonstrierte, dabei den Verkehr lahmlegte und hinterher gegenüber der Politik ein Ultimatum setzte. Die Regierung soll die Geschäfte von privaten Online-Fahrdiensten wie „Uber“ und „Taxify“ bis Sonntag reglementieren. Falls nicht, würden die Taxifahrer die tschechische Hauptstadt Prag zeitnah lahmlegen.
Doch der tschechische Verkehrsminister Dan Ťok wird die Frist verstreichen lassen. Man wolle zwar eine Gesetzesnovelle zum Taximarkt auf den Weg bringen, darüber aber frühestens Ende März beraten, berichten die Medien. Außerdem ließ der Verkehrsminister durchblicken, dass die Neuregelung klassische Taxi-Unternehmen und private Online-Anbieter komplett gleichstellen werden. Das läuft laut Ťok darauf hinaus, dass der gesamte Markt zugunsten der neuen Mitbewerber dereguliert wird.
So hatten sich das die Kollegen sicherlich nicht vorgestellt. Sie wollen, dass die strengen Taxiregeln auch auf die Online-Fahrdienste angewendet werden. Diese verstehen sich selbst jedoch als reine Vermittler zwischen Fahrern und Fahrgästen. Daher lehnen sie es ab, die Regularien für Taxi-Unternehmen zu erfüllen: etwa nachgewiesene Ortskenntnisse der Fahrer, eine bestimme Ausstattung der Fahrzeuge und festgelegte Preise.
Nun hat der Europäische Gerichtshof mit seiner Einschätzung Ende Dezember letzten Jahres genau diese Interpretation zurückgewiesen. Uber ist eben keine technische Plattform, sondern ein Verkehrsdienstleister. Folglich gelten die nationalen Gesetze auch für Uber. Soll heißen: Die europäischen Länder können und müssen dafür sorgen, dass sich auch Online-Dienste an die nationalen Gesetze halten. Damit wächst der Druck auf die Länder: Dort, wo die Gesetze streng und eindeutig genug sind, müssten die Apps nun eigentlich endlich verboten werden.
Die Politik muss für das so gennannte „Level-Playing Field“ sorgen, also für gleiche Spielregeln auf dem Platz. Auf Basis bestehender Gesetze, sagt die Taxibranche. Auf Basis moderner, dem digitalen Wandel angepassten Verordnungen, sagen Uber & Co. Es ist ein Krieg der Lobbyisten, bei dem die Taxibranche mit Holzschwertern gegen Maschinengewehre kämpfen muss.
In Tschechien scheint man diesen Krieg bereits verloren zu haben. In Deutschland könnte das Gleiche drohen, ist es doch längst kein Geheimnis mehr, dass sich eine künftige Bundesregierung, falls sie sich irgendwann einmal doch noch bildet, das Personenbeförderungsgesetz anpassen will.
Auch hier gab es bereits Anti-Uber-Demos, allerdings fielen die in Berlin und München nicht so radikal aus wie in Prag. Hier wurden auch noch keine Ultimaten aufgestellt. Solche Maßnahmen gelten als letzte Mittel oder, um in der eigentlich unsäglichen Kriegssprache zu bleiben, als letzte Schlacht. Und eben jene muss gut vorbereitet werden, sonst wird sie wie in Prag zum Bumerang. Verkehrsminister Ťok wirft dem Taxigewerbe vor, selbst an der Misere Schuld zu sein. Prager Taxifahrer hätten selbst die Bedingungen dafür geschaffen, dass ihnen seitens Uber Konkurrenz erwächst. Etwa durch zu hohe Preise und unzufriedene Kunden.
Zu hohe Preise kann man uns in Deutschland nicht vorwerfen, hier sind die Taxitarife festgelegt. Unzufriedene Kunden haben wir allerdings auch, verursacht von zu vielen Kollegen, die unserem Image durch unwürdigen Service schaden und verstärkt von denjenigen Taxizentralen und Verbänden, denen der Mut und die Inspiration fehlt, dagegen konsequent vorzugehen.
Wenn Taxiproteste und Demos etwas bewirken sollen, reicht es nicht, „gegen Uber“ zu sein. Das wäre ein Schuss auf das falsche Tor. „Gegen Uber“ ist als Slogan medienwirksam und plakativ. In der Argumentation muss es allerdings eine beeindruckende Demonstration für die Stärken des Taxigewerbes sein. Taxi schafft hunderttausende sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze. Taxi sorgt für Steuereinnahmen. Taxi ist Verlässlichkeit beim Preis dank Tarifpflicht. Taxi ist Sicherheit dank P-Schein und jährlicher TÜV-Untersuchung. Taxi ist dank Betriebspflicht eine Ergänzung des öffentlichen Personennahverkehrs. Taxi verspricht dank Beförderungspflicht Mobilität für jeden.
All dies noch plakativer ausgedrückt: Taxi ist nicht nur für bestimmte Kunden da, sondern ein Verkehrsmittel für die ganze Bevölkerung. Und damit dies genau so gewährleistet ist, hat man ein das Personenbeförderungsgesetz (PBefG) geschaffen.
Und noch einfacher zu verstehen: Das PBefG ist ein Kundenschutzgesetz und jeder verantwortungsvolle Politiker muss dafür sorgen, dass der Kundenschutz nicht dem digitalen Wandel geopfert wird.
All das konnten die Prager Kollegen nicht vermitteln, weder der Öffentlichkeit, noch den Medien, noch der Politik. Deshalb wurden die dortigen Taxidemos, obwohl in ihrer Geschlossenheit sehr beeindruckend, letztlich zum Eigentor. Lasst uns für Deutschland daraus lernen. jh
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