Auf die bisherigen verbalen Proteste gegen die geplante PBefG-Novellierung dürften bald auch sichtbare Maßnahmen folgen – ähnlich der „Scheuerwehr“ im Jahr 2019. Doch worauf sollte man diesmal den Schwerpunkt legen?
Wir sprechen hier über elf Eckpunkte, in denen viel Konfliktpotenzial zwischen Politik und Taxigewerbe steckt und die in der Summe der Wegbereiter für eine Zerstörung des Taxigewerbes sein können. Da wären erstens die Pläne, das „Pooling“ als neue Verkehrsart sowohl für kommunale wie auch für private Anbieter einzuführen, den Zugang dazu aber gleichzeitig einem Taxiunternehmer zu verbieten (obwohl sich das ja in Form von Anruf-Sammel-Taxis bestens bewährt hat).
Zweitens die ausgehöhlte Rückkehrpflicht, indem Mietwagen die Möglichkeit eingeräumt wird, zusätzliche „Abstellorte“ anzumelden. Drittens die kategorische Absage der Politik an die vom Taxi-Bundesverband geforderte Vorbestellfrist für Mietwagen. Viertens der Nachweis einer kleinen Fachkunde, der künftig die Ortskundeprüfung ersetzen soll – aber nur für Taxifahrer und nicht für Mietwagen- oder Poolingbetreiber. Und last but not least die Pläne, die Tarifpflicht für den Bestellmarkt aufzuheben.
Was davon ist nun mehr, was weniger relevant? Worauf soll man primär reagieren? Innerhalb der Taxibranche gibt es verschiedene Ansätze, auch innerhalb der Taxi Times-Redaktion:
„Für mich, Remmer Witte, freier Autor für Taxi Times und Prokurist eines Mehrwagenbetriebs in einer Stadt mit 170.000 Einwohnern geht es nun darum, parallel zur Protestmobilisierung auch zeitnah die Prioritäten unter den einzelnen Forderungen aus dem Gewerbe zu klären. Nicht nur Landesverbände mit hohem Mitgliedsanteil von Mietwagenunternehmern sorgen sich darum, dass beispielsweise die Forderung nach einer Karenzzeitregelung die Geschlossenheit des Gewerbes verwässern könnte, die gegen eine Aufweichung der Tarifpflicht so dringend gebraucht wird. Das große Thema sollte jetzt allein die Gefährdung Tarifpflicht sein.
Mindestlohn, Fahrzeugkosten und Betriebspflicht stellen uns alle zu mehr als 95 Prozent vor dieselben Aufgaben. Und so ergibt diese Gleichung mit drei Bekannten auch den vierten vermeintlich unbekannten Wert, nämlich den lokalen Tarif vor, was der Gesetzgeber schon damals richtig erkannt hat. Die Kommunen haben in der Folge gemäß ihrem gesetzlichen Auftrag seit Jahrzehnten dafür gesorgt, dass nirgendwo sonderlich viel Marge fürs Gewerbe übrigbleibt. Und in einem Großteil der Republik machen die Bestellfahrten 75 Prozent oder sogar weit mehr des Auftragsvolumens aus und nur in ein paar Metropolen überlebt das anonyme Winkertaxi ohne Stammkunden noch teilweise.
Wird also die Tarifpflicht für Bestellfahrten abgeschafft, wird die Existenzgrundlage des Taxigewerbes abgeschafft und die Krankenkassen werden unsere begeistertsten Sargträger sein.
Das Taxigewerbe muss jetzt gemeinsam um seine Existenz kämpfen und es muss laut sein, je lauter je besser. Gesellschaft und Politik müssen verstehen, dass ohne eine klare Tarifpflicht im Pflichtfahrgebiet das Taxigewerbe in Stadt und Land keine Zukunft hat (Metropolen ausdrücklich ausgenommen, aber die fangen eben erst bei 500.000 Einwohnern an). Fahrten außerhalb des Mainstreams werden dann nicht mehr flächendeckend angeboten, weder für die Oma zum Arzt mit dem Bestellmerkmal „bitte behilflich sein“, noch die Fahrt montags morgens um drei Uhr zum Flughafen noch das Club-Taxi auf dem Lande. Solche Fahrten bleiben dann für die Angehörigen und Nachbarn reserviert, denn das kommt wohl dabei raus, wenn man die USA als Vorbild für einen „modernen“ ÖPNV/ÖV kopiert.
Aus diesem Grund ist für mich die Konzentration des Protestes auf die Erhaltung der Tarifpflicht am wichtigsten. Wenn man versucht, neben der Tarifpflichtaufhebung Karenzzeitreglungen oder Rückkehrpflichten parallel zum Thema zu machen (wenn es denn überhaupt gehört wird), dann kann man auch gleich zuhause bleiben. Dafür wird sich niemand begeistern.“
Doch lassen sich Politiker und Kunden von einer Diskussion über die Beibhaltung der Tarifpflicht begeistern? Jürgen Hartmann, Herausgeber von Taxi Times und ehemaliger Taxiunternehmer in der Metropole München, möchte keine Themen-Priorisierung:
„Gerade das letzte Jahr hat gezeigt, dass die Konzentration auf ein Thema (Rückkehrpflicht) nicht ausgereicht hat, das politische wie auch gesellschaftliche Verständnis für die Systemrelevanz herzustellen. Offenbar ist innerhalb der Findungskommission niemanden bewusst, dass kein Taxibetrieb wirtschaftlich überleben kann, wenn man nun gießkannenmäßig weitere Erleichterungen für private Anbieter schafft und das Taxigewerbe gleichzeitig innerhalb seiner regulatorischen Pflichten belässt.
Das Taxigewerbe sollte deshalb geschlossen und einheitlich die aktuell angedachte Novellierung als Gesamtpaket ablehnen und darauf drängen, dass ein Gesetzesrahmen geschaffen wird, der die Digitalsierung berücksichtigt, der aber auch weiterhin die Aufrechterhaltung der mobilen Daseinsvorsorge durch das eigenwirtschaftlich agierende Taxigewerbe gewährleistet. Anstatt also abermals schwer erklärbare Begrifflichkeiten in den Kommunikationsfokus zu rücken, müsste der Blickwinkel diesmal zwingend auf die Kundenseite gelegt werden. Die Botschaft ist so einfach wie möglich zu halten: Diese elf Eckpunkte zerstören das Taxigewerbe und damit die Mobilitätsvorsorge der Gesellschaft. Das Motto muss daher lauten: No Taxit!
Genau dafür müssen tatsächlich alle Taxiunternehmer und Fahrer auf der Straße laut demonstrieren. Am besten noch mehr Taxifahrer und Unternehmer als am 10. Mai 2019. Da sind wir uns dann redaktionsintern wieder einig.“
Jürgen Hartmann und Remmer Witte
Irgendwie wird der Wegfall der Ortskundeprüfung (Gewerbevertretung möchte das an Scheuer vorschlagen) für TaxiFAHRER von der Redaktion garnicht thematisiert. Komisch !!!Das ist doch der größte Gefahr, für unsere Kollegen, die sich versuchen von der Mietwagenfahrer sich zu schützen. Ich habe das Gefühl, dass mache in unsere Gewerbe sich damit ganz schön bereichern möchten in dem Sie die doppelte Anzahl an Taxifahrern Funkaufträge verkaufen wollen. Oder irre ich mich?
Das Problem mit der Ortskenntnisprüfung ist, dass sie für Mietwagen ja schon abgeschafft ist. Und insofern macht die aktuell ausschliesslich für Taxifahrer notwenige OK es den Unternehmen zusätzlch schwer Fahrer zu finden, warum soll ich mir noch die Arbeit mit der OK machen wenn ih auch ohne Uber/Moia/Cleversshuttle etc. fahren darf. Eine Forderung auf Wiedereinführung der OK für alle hat wohl keine Chance. Also sollte sie niemand mehr ablegen müssen und die Unternehmen müssen sich zukünftig wohl selber um die „Ausbildung“ ihrer Mitarbeiter kümmern. Und dies fordert auch das aktuelle Arbeitspapier.
Allerdings steht alternativ noch eine „kleine Fachkunde“ aktuell im Raum – was für die gewerbliche Fahrgatsbeförderung durchaus Sinn machen würde. Hier lässt sich dann aber nicht mehr argumentieren, warum Taxifahrer sie ablegen sollten, Mietwagenfahrer und Pooler aber nicht nicht und dies sollte dann auch dem Gesetzgeber klar sein, die Nichterwähnung ist also im vertrauen um die Vernunft der Beteiligten geschehen. Remmer Witte
Das will uns keiner „verkaufen“, das ist zur Zeit eine Tatsache.
Zusätzlich denkt man, dass dadurch Personal vom Mietwagen-Gewerbe auch wegziehen würde und zum Taxi kommen würde. Aus Gesprächen mit Mietwagen-Fahrern weiß ich, dass diese die Hürden gerne sparen würden.
Ob das letztlich gut ist, wenn man den Einstieg erleichtert, ist eine andere Frage.
Unglaublich!!! Was sie hier versuchen zu verkaufen ist unglaublich!!! Wie wäre es denn folgendes vorzuschlagen?Im Landesebene soll über ortskundeprüfung bestimmt werden?
Das Gewerbe weiß trotz aller begrifflichen Verwirrungen, dass zwei Faktoren ihm das Genick brechen können: zu niedrige Preise und zu hohe Fahrzeugzahlen, sowohl beim Taxi als auch bei der Konkurrenz. Beim jetzigen Stand der Dinge jedenfalls, steht das Gewerbe bezüglich beider Faktoren schlecht da. Das darf auf keinen Fall das Endergebnis sein. Ich denke nicht, dass die Politik die Interessen des Gewerbes nicht berücksichtigt, weil sie nicht verstanden hat, worum es geht. Politische Entscheidungsträger handeln in der Regel so, dass sie das politische Risiko für sich minimieren. Das politische Risiko, Discount-Taxipreise nicht zuzulassen, scheint höher zu sein als das politische Risiko, das Gewerbe vor die Hunde gehen zu lassen. Wahrscheinlich nicht zuletzt deshalb, weil man sich erhofft, durch Discount-Preise mehr Menschen vom privaten PKW wegzulocken. Dass alle neuen Anbieter sich auf die Themen „Verkehrswende“ und „Klima/Umwelt“ eingeschossen haben und so tun, als sei eine Verkehrswende ohne sie gar nicht möglich, ist nicht einfach nur Trittbrettfahrerei, sondern knallhartes politisches Kalkül. Sie verkaufen es als potenzielles politisches Risiko für die Entscheidungsträger, wenn man ihre Geschäftsmodelle nicht auf eine gesetzliche Grundlage stellt, weil man dadurch angeblich die Verkehrswende verhindert. Das ist die Grundlage ihres Erfolgs bei der Findungskommission. Kein Politiker wagt es heute sich gegen Projekte/Geschäftsmodelle zu stellen, die vorgeben Klima- und Verkehrswendeziele zu fördern. Wer heute einen politischen Kampf führt, ohne sich diese Themen irgendwie verpackt auf die Fahnen zu schreiben, hat keine Chance. Erst recht dann nicht, wenn der Gegner sie auf den Fahnen hat. Ironischerweise können hier die neuen Anbieter mit einer ihrer leeren Phrasen dem Gewerbe eine Steilvorlage liefern. Es ist ökonomischer und ökologischer Unsinn unkontrolliert Fahrzeuge für den gewerblichen Gelegenheitsverkehrs zuzulassen, unabhängig von der Verkehrsart. Wenn der Tarif nicht mehr zu retten sein sollte, dann muss es wenigstens Kontingentierungen für alle geben, für Taxis, Mietwagen und Poolingfahrzeuge, mit allen dazugehörigen Instrumenten wie Poolingquoten, wirtschaftlichen Gutachten, Fiskaltaxametern und Wegstreckenzählern. Die Nichteinführung von Kontingentierungen lässt sich sehr leicht als potenzielles politisches Risiko für die Entscheidungsträger bezogen auf die Themen „Klima/Umwelt“ und „Verkehrswende“ verkaufen, weil die drohende Flut an Fahrzeugen tatsächlich eine Gefahr für diese Themen darstellt. Außerdem hat New York vorgemacht, dass das geht. Den „Klimahebel“ nicht zu betätigen, um Kontingentierungen für alle Verkehrsarten im Gelegenheitsverkehr zu fordern, wäre ganz klar verschenkt, unabhängig davon was bei der Sache mit dem Tarif herauskommt.
Dem kann ich nur zustimmen!
Unter dem Deckmantel der Ökologisierung hat Moia in Hannover seinen Betrieb mit reiner Elektroflotte wieder aufgenommen.
Das defizitäre Geschäft und die nicht nachgewiesene Poolingquote werden so als fortschrittlich verkauft.
Mittlerweile ist ja auch ein ganz fortschrittlicher, allerdings genauso defizitärer Essenslieferant in den DAX aufgestiegen, nachdem ein leider betrügerischer fortschrittlicher Finanzladen rausgeflogen ist.
Wenn wir Glück haben, ändert allerdings die Börse ihre Regeln doch so, dass dann solcher Unfug nicht mehr möglich ist.
Die Anleger wollen es wohl so.
In Hinsicht Taxi und Pooling muss noch viel Arbeit bei der Politik geleistet werden, damit auch dort die Einsicht wächst, dass defizitäre Geschäftsmodelle nicht staatlich geschützt werden dürfen.
Jedermann weiß, dass Mietwagen nicht Funktionieren wird. Wenn mache nicht rechnen können, ist es ihr Problem. Personalkosten 65% Gebühr 25% MwSt.19% also, warum macht man sich soviel Gedanken? Hier wird ein anderes Spiel unter dem Deckmantel Rückkehrpflicht gespielt, merkt ihr das den nicht? Manche möchten Mietwagenfahrer in die Taxigewerbe das Tür und Tor öffnen und Sie an sich binden. So verdienen die Funkzentralen das doppelte und können ihr Funkzentralen viel Teuerer an UBER oder Freenow verkaufen.
All den Anbietern sog. ’neuer Verkehrsformen‘ geht es ausschließlich darum, sich unter möglichst unregulierten Bedingungen einen Markt zu erobern, der systemrelevant ist und daher öffentlich kontrolliert wird.
Daseinsvorsorge durch unser Gewerbe im Dienst der Allgemeinheit zu sicheren und fairen Bedingungen darf nicht neoliberalen rabiaten Großkonzernen
UBERlassen werden.
Es hat sich gezeigt, dass das Aufsplittern in viele kleinere Themen systematisch genutzt wird, um es unüberschaubar für die fachlich nicht vorbelastete Allgemeinheit zu machen.
Schon Scheuers ursprünglich 4 Eckpunkte sind nun auf 11 angewachsen.
Die falschen Ökoargumente, mit denen Propaganda (=Werbung) gemacht wird, sind durch Fakten widerlegt. Leider ist auch das noch nicht richtig in der Öffentlichkeit angekommen.
Wenn wir zulassen, dass auch nur ein einziger der Eckpunkte durchkommt, sehe ich weiteres Anhalten der Salamitaktik.
Jeder einzelne für sich scheint nicht so bedeutsam, ist allerdings immer der Türöffner für weiteres Aushöhlen unserer Existenzbasis.
In Summe unser Ende als individuelles öffentliches Verkehrsmittel für alle.