Mit der neuen Bestimmung, über die Regionalisierungsmittel Subventionen auch für den Taxenverkehr zuzulassen, hat das neue PBefG im letzten Jahr große Hoffnungen auf ein neues Geschäftsfeld für die Taxibranche geweckt. Seitdem versuchen nicht nur die Taxi- und Mietwagenverbände, diese Formulierung mit Leben zu füllen. Die jüngste diesbezügliche Offensive stammt nun vom Taxi- und Mietwagenverband (TMV), der eine diesbezügliche Videobotschaft seines Geschäftsführers Patrick Meinhardt sowie ein „Positionspapier“ veröffentlicht hat.
Unter dem Titel „Das Taxi – der Problemlöser für das Mobilitätsdefizit in der Fläche!“ hat der überregionale TMV seine Stellungnahme verabschiedet und möchte damit „klare Eckpunkte für die künftige Diskussion um eine Nahverkehrsoffensive setzen und die Nutzung von Regionalisierungsmitteln für Taxen weiter voranbringen“. Der Zeitpunkt dafür ist klug gewählt, denn gerade jetzt wird landauf landab um eine Nachfolgelösung für das 9-Euro-Ticket diskutiert und das Taxi bietet sich da als Game-Changer gegen das bisherige Übergewicht der städtischen Nutzung an.
Erst vor kurzem hatte der Berliner Mobilitätsforscher Andreas Knie einer breiteren Öffentlichkeit das Taxi als Problemlöser für die städtische, vor allem aber auch die ländliche Mobilität nahezubringen versucht. Größter Startvorteil des Taxis sei dabei, dass es schon da ist und vielfach auch nach zusätzlichen Aufträgen giere. Könnte man das Taxi also in ein zukünftiges Mobilitätskonzept integrieren, ergäbe sich möglicherweise eine Win-Win-Win-Situation für Bürger, Verwaltung und Unternehmen. Gleichzeitig könnte man ineffiziente Busverkehre einstellen und so auch aus volkswirtschaftlicher Perspektive trotz der vermeintlichen Angebotseinschränkung sogar Geld sparen.
Auch in der Reihe TMV Direkt hatte Knie dann Mitte September seine Ideen vorgestellt. Das jetzt veröffentlichte Positionspapier des TMV liest sich demzufolge auch in großen Teilen wie eine Expertise von Prof.Knie. Mit seinen drei Ansätzen
Ansatz 1: Taxis können per se schon mehr Mobilitäts-Kilometer für vergleichbares Geld liefern
Ansatz 2: Taxis können das Nachfolgeprodukt des 9 €-Tickets auch in der Fläche zum Erfolg bringen
Ansatz 3: Taxi- und Mietwagenverbände sowie örtliche Unternehmen der Branche in Nahverkehrsplanung einbeziehen
bringt der TMV auf den Punkt, wie Taxi- und Mietwagen für das vielfach beklagte Mobilitätsdefizit in der Fläche helfen können, drängende Probleme dieser Zeit zu lösen.
Der TMV wendet sich mit seiner Argumentation dabei eher an die Öffentlichkeit und die Politik und beschreibt beispielsweise sehr konkret die offensichtliche Ineffizienz leerer Linienbusse bei der gleichzeitigen Vorhaltung einer steigenden Anzahl privater PKW und einer sich beschleunigenden Landflucht junger Menschen. Ein Bus koste knapp doppelt so viel an Betriebs- und Lohnkosten pro Kilometer wie ein Taxi und sei gleichzeitig aber weniger flexibel. Folglich könne nur das Taxi das Problem der letzten Meile wirklich lösen, wenn seine Leistungen denn auch in eine Nachfolgelösung für das 9-Euro-Ticket einbezogen würde.
Um eine Übernutzung des Taxis zu verhindern, hat der TMV auch gleich einen Vorschlag parat: So könne beispielsweise ein Taxi nur dann erlaubt sein, wenn es für die Hin- oder Abfahrt zu bzw. ab den Umsteigestellen eingesetzt wird. Alternativ könnte man eine monatliche Freikilometer-Grenze definieren. Auch ein „Luxus“-Zuschlag auf den Linienverkehrstarif bei solcher Taxi-Einbindung sei machbar, ohne die grundsätzliche Zielsetzung der Mobilitätsverbesserung durch ein Mobilitätsticket damit aufzugeben oder zu behindern.
All das ist für die Kommunen refinanzierbar, indem man die sogenannten Regionalisierungsmittel abgreift, die vom Bund zur Verfügung gestellt werden und die seit der PBefG-Novelle auch für Taxis verwendet werden dürfen (dafür wurde Paragraph 2 des Regionalisierungsgesetzes entsprechend ergänzt).
Auch der TMV erkennt hier die Hürde, dass die Nahverkehrsgesetze der Bundesländer derzeit bei der Aufstellung der Nahverkehrspläne eine Beteiligung der Unternehmen des Taxiverkehrs nicht vorsehen. Er fordert deshalb, dies zu ändern und zumindest für den ländlichen Raum dezidiert die zwingende Beteiligung der Taxenverbände und der ggf. vorhandenen örtlichen Taxiunternehmen in diese Gesetze aufzunehmen.
Das ist eine Forderung, die der Bundesverband Taxi und Mietwagen e. V. (BVTM) bereits im Mai dieses Jahres erheblich konkreter formuliert hatte (Taxi Times berichtete). Dort hatte man sich sogar die Mühe gemacht, die entsprechenden Gesetzespassagen aller Bundesländer vorzulegen und diesbezüglich konkrete Erweiterungsvorschläge zu unterbreiten.
Es ist ein großer Fortschritt, dass nun nicht nur das Gewerbe selbst, sondern endlich auch die Mobilitätsforschung den Wert der Verkehrsform Taxi erkennt (der Mietwagen ist hier nicht zu vergessen, er wurde aber für diese hier angesprochene Einbeziehung in den ÖPNV vom Gesetzgeber im PBefG nicht erwähnt). Und es ist zwingend notwendig, dass die Gewerbevertretungen mit aller Kraft daran arbeiten, die mögliche Funktion des Taxis als Game-Changer insbesondere im ländlichen ÖPNV einer breiten Öffentlichkeit zu vermitteln. Andreas Knie prangerte vor kurzem die „ÖPNVisierung“ der ländlichen Verkehrskonzepte an und sah in deren fahrplangebundener Starre ihre große Schwäche. Diesen Hebel muss die Branche jetzt nutzen.
Anmerkung der Redaktion: Das große Aber ist vereinzelt noch bei der Taxibranche selbst zu sehen. Es reicht nicht, wenn Verbände das Taxi als flexibel und modern in der Öffentlichkeit darstellen. Diesen Anspruch müssen die Taxibetriebe dann auch vor Ort erfüllen. Ein Taxi, in dem beispielsweise keine Kartenzahlung möglich ist, egal ob aufgrund mangelnder Technik oder aufgrund unwilliger Fahrerinnen und Fahrer, ist dafür ein absolutes NoGo, wie auch Knie anprangerte. Und genauso müssen sich die Protagonisten vor Ort trotz aller seit Jahrzehnten möglicherweise liebevoll gepflegten Feindschaften zusammenraufen und schon heute gemeinsam Tarifvorstellungen erarbeiten, die allen Unternehmen der Region bzw. bestenfalls des ganzen Landes gerecht werden. Die aktuell vorliegenden 700 lokalen Taxitarife werden auf der Gegenseite im Zweifel nur mitleidiges Gelächter auslösen, werden aber keinesfalls für diese als Verhandlungsbasis akzeptabel sein.
Beitrags-Symbolfoto: Foto SWK