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Schadensersatz wegen zu spät gelöschter Mitarbeiterfotos

von Remmer Witte
20. Oktober 2023
Lesedauer ca. 4 Minuten.
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Schadensersatz wegen zu spät gelöschter Mitarbeiterfotos
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Teamfotos sind die Würze von Firmenpräsentationen im Netz oder als Faltblatt. Wer die Genehmigung der Mitarbeiter für die Veröffentlichung einholt, ist zunächst auf der sicheren Seite. Die Freigabe gilt allerdings nicht über das Beschäftigungsende hinaus.

Mit viel Engagement legen sich Firma und ihre Mitarbeiter ins Zeug und es wird eine inspirierende Firmenpräsentation mit vielen schönen Teamfotos erstellt. Zwei Jahre später ist der Teamspirit dann jedoch verflogen, und nach einem Streit verlässt ein Kollege den Betrieb. Kurz danach flattert ein Schriftstück in den Betrieb, mit dem der Ex-Kollege mitteilt, dass er die weitere Nutzung aller Fotos untersagt, auf denen er für den Betrieb posiert hat. Wird solch eine Aufforderung dann ignoriert, riskiert man hohe Schadenersatzzahlungen, wie das Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg jetzt bestätigt hat. Aber auch, wenn der Betrieb zuvor nicht abgemahnt wurde, ist große Vorsicht bei der weitergehenden Nutzung solchen Bildmaterials auch nach dem Ausscheiden der Protagonisten geboten.

Im strittigen Fall war ein Arbeitnehmer bis April 2019 als Werbetechniker beschäftigt, bis er das Unternehmen verließ und zu einem Konkurrenzunternehmen wechselte. Während seiner Zeit bei dem Unternehmen wurden zahlreiche Fotos und ein Werbevideo von ihm bei der Arbeit angefertigt, die das Unternehmen weiterhin zu Werbezwecken im Internet nutzte. Obwohl der Kläger seinen ehemaligen Arbeitgeber mehrfach aufgefordert hatte, die Aufnahmen zu löschen, wurden sie weiterhin verwendet. Erst ein Dreivierteljahr später, im Februar 2020, kam der Ex-Arbeitgeber schließlich der Aufforderung zur Löschung nach.

Der Arbeitnehmer klagte vor dem Arbeitsgericht und bekam dort zunächst einen Schadenersatz in Höhe von 3.000 Euro zugesprochen. Das LAG erhöhte in der Berufung sogar den Anspruch des Klägers wegen unautorisierter Verwendung ihn betreffenden Bildmaterials (LAG Baden-Württemberg v. 27.7.2023 – 3 Sa 33/22) auf 10.000 Euro. Das LAG verurteilte den Arbeitgeber zur Zahlung von Schadensersatz gemäß 17 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Art. 82 Abs.1 DSGVO wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts.

Das Gericht betonte in seiner Begründung, dass die Einwilligung eines Arbeitnehmers in die Verwendung seiner Fotos nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht automatisch fortbestehe. „Obwohl der Kläger zum Zeitpunkt der Erstellung des Bildmaterials damit einverstanden war und die Firma das Material daher zu Werbezwecken nutzen konnte, bedeutet dies nicht, dass diese Zustimmung über den Zeitpunkt seines Ausscheidens aus der Firma hinaus fortbestand, insbesondere da der Kläger kurz danach bei einem Konkurrenzunternehmen in einer ähnlichen Position tätig wurde. Die Firma hätte die Bilder des Klägers von sich aus spätestens zum Zeitpunkt seines Ausscheidens aus ihren Werbematerialien entfernen müssen (…). Die Firma hat dies jedoch nicht getan und dadurch das Persönlichkeitsrecht des Klägers erheblich beeinträchtigt.“

Daraus folgt also sogar, dass Arbeitgeber Fotos oder Videos, auf denen ehemalige Mitarbeiter zu sehen sind, nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses sogar schon von sich aus löschen müssen und nicht erst auf eine entsprechende Aufforderung des ehemaligen Mitarbeiters warten dürfen. Arbeitnehmer müssen es also nicht hinnehmen, dass ihr ehemaliger Arbeitgeber Fotos oder Videos von ihnen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses weiter verwendet. Neben Löschungs- und Unterlassungsansprüchen können sie auch Schadensersatz oder eine Entschädigung geltend machen.

Auch vor anderen Gerichten wurde ehemaligen Arbeitnehmern bereits Schadensersatz zugesprochen. So hat beispielsweise das Arbeitsgericht Neuruppin einer ehemaligen Arbeitnehmerin 1.000 Euro Schadensersatz nach Artikel 82 DSGVO zugesprochen, weil ihr Foto auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch auf der Internetseite ihres ehemaligen Arbeitgebers zu sehen war (Arbeitsgericht Neuruppin, Urteil vom 14.12.2021, Az.: 2 Ca 554/21). Das Landesarbeitsgericht Köln sprach einer Dozentin für Medien- und Eventmanagement eine Entschädigung in Höhe von 300 Euro nach Art. 82 DSGVO zu. Ihr ehemaliger Arbeitgeber hatte nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Aufhebungsvertrag zwar ihr Profil auf der Website gelöscht, aber übersehen, dass ihr Profil im PDF-Format weiterhin im Internet abrufbar war (Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 14.9.2020, Az: 2 Sa 358/20).

Für die Höhe des Schadensersatzes gibt es keine feste Regel. Sie hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie z. B. Art und Dauer der Nutzung und dem damit verbundenen wirtschaftlichen Schaden für den ehemaligen Arbeitnehmer bzw. dem wirtschaftlichen Vorteil für den ehemaligen Arbeitgeber. Bei der Bemessung des Schadensersatzes berücksichtigte das Gericht im besprochenen Fall, dass das beklagte Unternehmen den Kläger über die Dauer des Arbeitsverhältnisses hinaus für eigene geschäftliche Zwecke eingesetzt hatte, um daraus Gewinn zu erzielen, und in einem solchen Fall müsse der Schadensersatz eine abschreckende Wirkung haben: „Die Firma hat die Angaben des Klägers nicht substantiiert bestritten, wonach sie (…) viertägige Lehrgänge zum Erlernen von Foliertechniken angeboten hat, die von etwa sechs Personen pro Lehrgang zu einem Preis von 1.999,00 EUR besucht wurden. Dabei hat die Firma etwa 7.000,00 EUR Gewinn pro Lehrgang erzielt (…). … hat die Firma selbst zugegeben, dass der Kläger seine jetzige Position bei Mitbewerbern auch deshalb innehat, weil er durch entsprechende Schulungen und Veröffentlichungen bekannt wurde. Daher hat die Firma einen gewissen Nutzen aus der Situation gezogen, was bei der Festlegung der Entschädigungshöhe zu berücksichtigen ist, ebenso wie der Umstand, dass die Firma verhindern wollte, dass das aufwändig erstellte Schulungsvideo nicht mehr unverändert verwendet werden konnte.“

Die Frage, ob man Foto- und Videoaufnahmen von Mitarbeitern auch nach Ende des Arbeitsverhältnisses weiterverwenden darf, lässt sich also wie folgt beantworten:

Ohne Einwilligung des Arbeitnehmers riskiert der Betreib schon grundsätzlich Schadenersatzforderungen.

Auch nach Einwilligung hat der Arbeitnehmer das Recht, diese zu Beschäftigungsende zurückzuziehen.

Liegt eine Einwilligung vor und diese wird nicht widerrufen, verringert dies lediglich mögliche Forderungen.

Nur wer eine individuelle Vereinbarung auch über ein mögliches Beschäftigungsende hinaus mit den Mitarbeitenden abschließt, ist wohl zumindest so lange vor möglichen Schadenersatzforderungen sicher, solange der Mitarbeiter diese Vereinbarung nicht aktiv nach Beschäftigungsende wieder aufkündigt. rw

Beitragsbild: Collage Remmer Witte

Tags: LandesarbeitsgerichtPersönlichkeitsrecht
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Remmer Witte

Nach über 40 Jahren als Fahrer, Disponent und Chef im Taxi- und Mietwagengewerbe ist der Niedersachse heute unter anderem für einen taxinahen Dienstleister aktiv. Seine Themen sind die Branchenzukunft und -politik und die kleinen Dinge im Alltag des Gewerbes.

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