Seit Neuestem verlangen eilig erstellte Corona-Verordnungen auch ein Hygienekonzept für „die Betreiberinnen und Betreiber des öffentlichen Personenverkehrs“. Soll dies nun auch für die Taxis notwendig sein?
Eine solche Weisung enthält zum Beispiel die kürzlich veröffentlichte Niedersächsische Corona-Verordnung (§ 4 Abs. 3). Manche zuständigen Behörden weisen in ihrer Kommunikation mit Taxi- und Mietwagenbetrieben ausdrücklich auf diesen Passus hin und suggerieren, dass somit auch Handlungsbedarf bei Taxibetrieben besteht.
„Aus rechtlicher Sicht lässt sich diese Frage, wie bei den meisten juristischen Fragen, mit den Worten `das kommt darauf an´ beantworten“, äußert sich dazu der PBefG-Fachanwalt Lothar Fiedler aus Bremen auf Nachfrage von Taxi Times. „Eine allgemeine Definition, was ÖPNV ist, findet sich zunächst in § 8 Abs. 1 des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG). Danach ist ÖPNV ´die allgemein zugängliche Beförderung von Personen mit Straßenbahnen, Obussen und Kraftfahrzeugen im Linienverkehr, die überwiegend dazu bestimmt sind, die Verkehrsnachfrage im Stadt-, Vorort- oder Regionalverkehr zu befriedigen. Das ist im Zweifel der Fall, wenn in der Mehrzahl der Beförderungsfälle eines Verkehrsmittels die gesamte Reiseweite 50 Kilometer oder die gesamte Reisezeit eine Stunde nicht übersteigt.´
Für den Taxi- oder Mietwagenverkehr gibt es darüber hinaus jedoch eine spezielle bzw. einschränkende Regelung in § 8 Abs. 2 PBefG. Diese lautet: ´Öffentlicher Personennahverkehr ist auch der Verkehr mit Taxen oder Mietwagen, der eine der in Absatz 1 genannten Verkehrsarten ersetzt, ergänzt oder verdichtet.´ Hieraus ist zu schließen, dass nicht jedweder Verkehr mit Taxis oder Mietwagen als ÖPNV anzusehen ist, sondern nur derjenige, der, wie der Gesetzestext deutlich hervorhebt, eine im Sinne des Absatz 1 des § 8 PBefG aufgeführten „echten“ ÖPNV, ersetzt, ergänzt oder verdichtet.
Daher ist der Verkehr mit Taxis und Mietwagen nur dann ÖPNV, wenn er die gleiche Funktion wie der „echte“ ÖPNV wahrnimmt, d.h., wenn die Leistung ähnlich wie die genehmigten fahrplanmäßigen Linienverkehre im ÖPNV erbracht wird. Aufgrund dessen hatte der Gesetzgeber mit dieser Regelung eher die so genannten flexiblen Bedienformen, d.h. die klassischen Bedarfsverkehre, wie bspw. Anruf-Sammel-Taxi (AST), Anschluss-Linien-Taxi (ALT) etc. im Blick, also Verkehre, die nicht eigenständig, sondern Teil des „echten“ ÖPNV sind. Dies ergibt sich insbesondere auch aus der Gesetzesbegründung zu § 8 Abs. 2 PBefG, wonach der ÖPNV „durch die Einbeziehung der vorhandenen Kapazitäten des Taxen- und Mietwagengewerbes in den Linienverkehr“ anzureichern sei. Der klassische Verkehr mit Taxis oder Mietwagen fällt somit nicht darunter.“
Ein Hygienekonzept für Taxibetriebe, die ausschließlich den klassischen Taxiverkehr betreiben (also keine AST-Verkehre etc), kann daher aus rechtlicher Sicht nicht verlangt werden, auch wenn das andere Gewerbevertreter anders sehen. Ein solches Konzept müsste beispielsweise die Anordnung an die Fahrer enthalten, Fahrgäste, die sich nicht ans Konzept halten, wieder vor die Tür zu setzen. Das wäre dann ein Verstoß gegen die Beförderungspflicht.
Was bleibt, ist ein Appell an die Vernunft: Wenn die Kollegen Mundschutz tragen und eine Trennwand vorhanden ist, sollte dies Schutz genug sein. Trotzdem, die 1,5 Meter Abstand werden unterschritten, also führt aus Vernunftgründen an einer Maskenpflicht auch für Kunden kein Weg vorbei. rw
Anmerkung der Redaktion: Die Feststellung, dass Taxi in seiner klassischen Form kein ÖPNV ist, bricht gleichzeitig auch eine wichtige Barriere in der Diskussion zur PBefG-Novelle, denn bisher verlässt sich das Gewerbe darauf, als vermeintlicher Teil des ÖPNV einen gewissen Schutz gegenüber Pooling und Mietwagenverkehren zu genießen.
Hier gilt es, sich diesen Status auch in der öffentlichen Diskussion nicht zu eigen zu machen. Es wäre wohl fatal, wenn in den kommenden heißen Wochen ein Mitbewerber aus einer konkurrierenden Sparte dem Taxigewerbe auf dem Höhepunkt der Diskussion diese Argumentation öffentlich zerlegt – wir stünden vor einem irreparablen Scherbenhaufen. Also sollte die Argumentation so aufgebaut sein, dass Taxis nicht als ÖPNV, aber als Teil des ÖV (Öffentlichen Verkehrs) eine schützenswerte gesellschaftliche Institution ist, die Kraft ihrer gesetzlichen Bestimmungen zur staatlichen wie auch gesellschaftspolitischen Aufgabe der mobilen Daseinsvorsorge beiträgt.