Im Interview begründet der wichtigste Gewerbevertreter der britischen Hauptstadt den Rückgang von 18.500 auf 15.000 Londoner Taxis mit zwei Dingen: zum einen die Corona-Krise, zum anderen ein höheres Qualitätsniveau.
25 Prozent aller Fahrzeuge auf Londons Straßen sind jetzt emissionsfrei, bei den Taxis ist es sogar bereits die Hälfte. „Ich denke, dass es innerhalb von zwei Jahren 80 Prozent sein werden“, sagte ein stolzer Steve McNamara (62), Generalsekretär der einflussreichen Licensed Taxi Drivers Association (LTDA, 10.000 Mitglieder), der prominente Fürsprecher der Londoner Taxifahrer, kürzlich in einem ausführlichen Interview. McNamara ist mit seinem umfassenden Wissen über die Londoner „Black Cabs“ und seinem bissigen Humor das Gesicht des Londoner Taxigewerbes für die Medien und verschiedene Regierungen.
Völlig emissionsfrei sind die London-Taxis genau genommen nicht. Sie fahren zwar elektrisch, doch ist ihr sogenannter Range-Extender, also ihr Reichweiten-Verlängerer, ein kleiner Benzinmotor zum Nachladen der Akkus – was angesichts der Strompreise an den Ladesäulen auch gerne genutzt wird. Dennoch sind bereits 7.500 der 15.000 Taxis in der britischen Hauptstadt heute keine klassischen Verbrenner mehr. „Jeden Monat kommen etwa 150 bis 200 E-Taxis hinzu“, sagt McNamara. „Mit der lokalen OLEV-Förderung von 7.500 Pfund (8.740 Euro) – die möglicherweise nächstes Jahr leider abgeschafft wird – kostet das TX-Taxi der Geely-Tochter LEVC nicht weniger als 68.500 Pfund (78.830 Euro). Mit einer Finanzierung zu aktuellen Zinssätzen ist die 100.000 Pfund-Marke schnell überschritten.“ Das sind umgerechnet üppige 115.000 Euro für das einzige Taxifahrzeug der Welt mit Range-Extender. „Es ist ein teures Fahrzeug“, gibt McNamara zu. „Aber es ist das beste Fahrzeug, das wir je hatten“, fügt er schnell hinzu. Und das will etwas heißen, denn Londons Taxiunternehmen beschwerten sich immer sehr über die Produkte, die ihnen der einzige Hersteller von Taxifahrzeugen für den britischen Markt – früher in Coventry, jetzt in Ansty – präsentiert. Die Kritik am TX betrifft vor allem den hohen Preis.
Wer nach London schaut, sieht neben den älteren TX4-Modellen und den vielen neuen TXs auch noch jede Menge eVitos von Mercedes-Benz. „Es beginnt bei den Vitos zwischen 65.000 und 68.000 Pfund (74.800-78.200 Euro), und mit den nötigen Anpassungen (wie dem obligatorischen Wendekreis von 7,62 Metern zwischen zwei Bordsteinen – Anm. d. Autors) liegt man bereits bei 103.500 Euro, und das noch vor der Finanzierung.“ Der eVito hat eine Reichweite von 170 Meilen (273,5 km). Für Londoner Taxifahrer gibt es keine große Auswahl. Sie sind in letzter Zeit auf ein Fahrzeug beschränkt, das den „Conditions of Fitness“ für Londoner Taxis, einschließlich des vorgeschriebenen Wendekreises, entspricht.
„Vielleicht läuft noch etwas mit Fahrzeugen aus dem Stellantis-Konzern, zu dem Peugeot, Citroën oder Opel/Vauxhall gehören. Die haben alle die baugleichen, umgebauten Transporter, die zwischen 48.300 und 49.400 Euro kosten und ebenfalls eine Reichweite von 170 Meilen (273,5 km) haben. Das TX-Taxi ist ein für das 21. Jahrhundert gebautes Fahrzeug, mit Glasdach und äußerst komfortabel für die Fahrgäste.“
Tatsächlich ist der Fahrgastraum des TX äußerst komfortabel. Fünf Personen finden darin problemlos Platz – auf der breiten Rückbank oder auf den beiden Klappsitzen, die entgegen der Fahrtrichtung an der Trennwand platziert sind, die den Fahrerbereich vom Fahrgastraum trennt. Mit ein wenig Glück können auch sechs Passagiere untergebracht werden. Das größte Plus des traditionellen London-Taxis ist aber die Tatsache, dass in jedem TX ein im Rollstuhl sitzender Fahrgast befördert werden kann.
Aber was ist mit dem technisch recht aufwendigen Wendekreis? Ist das nicht etwas altmodisch? „Nein“, sagt McNamara ohne zu zögern. „Wir haben kürzlich unsere Mitglieder dazu befragt und zwischen 70 und 90 Prozent unterstützen diesen Wendekreis.“ Es ist in der Tat beeindruckend zu sehen, wie ein schweres und breites Taxi wie der TX problemlos auf einer belebten Londoner Straße wendet, ohne dass es auch nur einen Meter zurücksetzen muss.
„Vor Covid gab es in London 18.500 Taxis“, sagt der LTDA-Chef, als er nach der Zahl der Londoner Taxis im Vergleich zu privaten Mietfahrzeugen (Private Hire Vehicles) gefragt wird. „Nach Covid waren es nur noch 14.500, vor allem, weil damals und unmittelbar nach Covid niemand ein neues Taxi kaufen wollte. Mittlerweile sind es etwa 15.000, auch weil wir durch die Altersgrenze von elf Jahren, die den Übergang zu emissionsfreien Modellen beschleunigen soll, Taxis verlieren. „Ich denke, wir werden ungefähr gleich bei etwa 15.000 bleiben.“
McNamara findet, London sei „ein seltsamer Ort“, der in Bezug auf Mobilität und Vorschriften keinen Vergleich finde. „Früher, wenn man auf die 60er und 70er Jahre zurückblickt, gab es tatsächlich arbeitsreiche und weniger arbeitsreiche Tage, aber heutzutage ist eigentlich immer viel los. Es war für uns noch nie so viel los auf den Londoner Straßen wie heute.“ wf
Beitragsfoto: Pixabay (Nana)