Diesen Sommer erhält das Wiener Taxigewerbe einen neuen Qualitätsstandard: Neben einer Tarifanpassung kommen Fiskaltaxameter, Fahrerkarten und QR-Codes, mit denen Fahrgäste besser informiert werden sollen.
Das österreichische Einheitsgewerbe und der aktuelle Taxitarif für das Bundesland Wien waren noch kein Jahr in Kraft, als eine Arbeitsgruppe mit Vertretern der Wirtschaftskammer Wien (WKW), der Arbeiterkammer (AK) und der Wiener Stadtverwaltung begann, über neue rechtliche Rahmenbedingungen und Qualitätsstandards für Taxibranche zu beraten. Begleitet wurde die Arbeit durch Experten aus dem Wirtschafts-, Mobilitäts- und Taxibereich unter Zuhilfenahme einer wissenschaftlichen Studie. Die Fachleute hatten sich das Ziel gesetzt, „die Taxibranche für die Zukunft fit zu machen.“ Nun liegen die Ergebnisse vor, die zu einigen Änderungen führen:
Geplant ist unter anderem, den Innenraum jedes Taxis mit einem QR-Code zu versehen, der es den Fahrgästen ermöglicht, rechtliche Informationen über die Personenbeförderung zu erhalten, etwa über die in Städten geltende Beförderungspflicht oder Verpflichtung der Taxiunternehmen, Kartenzahlung zu ermöglichen. Die über den QR-Code abrufbaren Rechte und Pflichten sollen für mehr Bewusstsein nicht nur bei den Fahrgästen, sondern auch bei Lenkern sorgen. Außerdem können über den QR-Code Anregungen und Beschwerden direkt bei der Wirtschaftskammer eingebracht werden.
Ein weiterer Bestandteil der Qualitätsoffensive ist das weitere Vorantreiben der Dekarbonisierung der Wiener Taxiflotte, also die Bemühungen, mehr rein elektrisch angetriebene Fahrzeuge in Verkehr zu bringen (Taxi Times berichtete). Hierfür hat die Stadt Wien, gemeinsam mit der WKW, einen Fördertopf in Höhe von 7 Millionen Euro aufgemacht, um den Betrieb von E-Taxis in Zukunft zu erleichtern. Die Abwicklung der Förderung erfolgt durch die WKW.
Wie die Austria Presse Agentur eG (APA) berichtet, sind die Themen Lohn- und Sozialdumping sowie Fairness unter allen Marktteilnehmern aus Sicht der Arbeitsgruppe mit die größten Herausforderungen für die Taxibranche. Für Verbesserungen in diesen Bereichen müssen jedoch Bundesgesetze verbessert werden. Hierbei sollen drei Neuerungen Abhilfe schaffen: ein verpflichtender Fiskaltaxameter für „Street-Hail-Fahrten“ (Fahrten, die nicht durch Bestellung per Telefon oder App, sondern durch Heranwinken auf der Straße oder durch Einsteigen am Taxistandplatz zustande kommen), eine daran geknüpfte Lenker-Karte und ein automatischer Datentransfer an Finanzamt und Sozialversicherung. Die Arbeitsgruppe will sich demnächst mit dem Ersuchen von Gesprächen an die Bundesministerien der betreffenden Ressorts wenden.
Die Arbeiterkammer hat sich vor allem für eine Verbesserung der Situation der Beschäftigten und für einen nachvollziehbareren und fairen Preis für die Fahrgäste eingesetzt. Auch die Dekarbonisierung der Taxiflotte wird von der AK begrüßt: Sie sei ein wesentlicher Teil der Vereinbarung und werde Wien ein Stück weiter in Richtung Klimaneutralität bringen.
Da das Wiener Taxigewerbe wie auch das in deutschen Städten und Landkreisen mit multiplen Krisen, starken Teuerungsraten und steigenden Treibstoffkosten konfrontiert ist, ist aus Sicht der WKW auch eine Anpassung des Taxitarifs dringend notwendig, der zuletzt zum 19. März 2021 valorisiert worden war. In dieser Zeit ist der Verbraucherpreisindex (VPI) um 16,6 Prozent gestiegen.
Die Stadt Wien hat auf Wunsch der WKW die Sozialpartner zu Verhandlungsrunden eingeladen. Nach intensiven Verhandlungen wird der Taxitarif um durchschnittlich 15,2 Prozent angehoben. Die entsprechende Verordnung der Stadt Wien geht nun in die Begutachtung und sieht ein Inkrafttreten des neuen Tarifs frühestens zum 1. Juni 2023 vor.
Der Taxitarif in Wien, dessen letzte Anpassung für Unzufriedenheit und Proteste seitens der Lenker gesorgt hatte, beruht wie alle Taxitarife in Österreich auf dem Gelegenheitsverkehrs-Gesetz (GelverkG), in dem Paragraph 14 die Bundesländer ermächtigt, nach Anhörung der Landeskammer der gewerblichen Wirtschaft und der Kammer für Arbeiter und Angestellte Tarifverordnungen zu erlassen. Die Tarife können für das gesamte Bundesland, aber auch für Verwaltungsbezirke (sie entsprechen deutschen Landkreisen) oder sogar für einzelne Gemeinden verordnet werden. Ausnahmen von der Tarifpflicht gelten bundesrechtlich unter anderem für Kranken- und Schülerfahrten, Fahrten im Auftrag öffentlicher Verkehrsunternehmen und Fahrten im Rahmen eines Anruf-Sammeltaxi-Betriebes.
Im Unterschied zu deutschen Taxitarifen wird der Fahrpreis in Wien seit der letzten Tarifänderung sowohl nach Fahrstrecke als auch nach Zeit berechnet („Paralleltarif“). Der Taxameter zählt Kilometer und Minuten gleichzeitig. Zum Grundpreis von 3,40 Euro kommen für jeden gefahrenen Kilometer erst 0,80 und ab der Marke 5,0 km jeweils 0,50 Euro auf den Fahrpreis und gleichzeitig für jede Minute ab Fahrtbeginn 50 Cent. Nachts und an Sonn- und Feiertagen liegen der Grundpreis um 40 Cent und die Kilometer- und Minutenpreise um jeweils zehn Prozent höher. Der Zuschlag für mehr als vier Personen beträgt 2,– Euro.
Eine Besonderheit des Wiener Tarifs im Vergleich zu sämtlichen deutschen Taxitarifen ist das in § 8 Abs. 3 der Tarifverordnung festgelegte Preisband (Tarifkorridor) für Fahrten, die „im Weg eines Kommunikationsdienstes bestellt“ werden. Für sie darf „von den verbindlichen Tarifen abgewichen“ werden. Zum einen ist hierfür ein Zuschlag von zwei Euro anstelle eines Anfahrt-Preises zu erheben. Zum anderen ist festgelegt, dass für diese bestellten Fahrten der eigentliche Tarif um bis zu jeweils 20 Prozent über- oder unterschritten werden darf. Um bei der Berechnung Transparenz zu garantieren, dürfen die fahrpreisrelevanten Daten nur aus dem Routenplaner auf der Internetseite des Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie oder „gleichartiger Routenplaner oder Software“ bezogen werden, „sofern der mittels dieser Programme berechnete Fahrpreis nachweislich innerhalb des zulässigen Preisbandes liegt“. Und: „Der oder die Gewerbetreibende hat dem Fahrgast vor Antritt der Fahrt eine schriftliche oder elektronische Bestätigung des vereinbarten Fahrpreises auszustellen.“ Hier ist abzulesen, wie der frühere Mietwagensektor und der Taxisektor miteinander in Einklang gebracht wurden.
Über genaue Zahlen des geplanten Tarifs haben die an den Beratungen Beteiligten bisher noch keine Information bekanntgegeben. ar
Beitragsfoto: Axel Rühle