Der jüngst veröffentlichte Vorschlag des Bundesfinanzministeriums, Taxameter und Wegstreckenzähler in die Kassensicherungs-Verordnung aufzunehmen, wird von der Taxibranche und Experten grundsätzlich begrüßt. Die diesbezüglichen Ausarbeitungen im Referentenentwurf werden allerdings massiv kritisiert.
Kaum ist die arbeitsintensive Schlussphase der PBefG-Novelle beendet, schon liegt mit der Veröffentlichung dieses Referentenentwurfs der nächste Hammer auf dem Tisch. Die Taxiverbände und Experten ziehen denn auch ein klares Fazit: Dieser Referentenentwurf bedarf noch einer kompletten Überarbeitung, eine Aussetzung der geplanten Entschließung zum 21.04.2021 im Bundestag erscheint somit zwingend. Das geht aus den Statements hervor, die beide Bundesverbände BVTM und TMV beim Bundesfinanzministerium abgegeben haben.
Mit ihren sehr detaillierten und fundierten Stellungnahmen machen sie somit sehr deutlich, wie wichtig dieser Entwurf für die Branche ist. Beide Taxi-Bundesverbände kritisieren dabei zunächst den Placebo-Effekt, der entstehen würde, wenn der Wegstreckenzähler zwar richtigerweise in die neue Verordnung mit einbezogen wird, es aber nach wie vor die vielfach auch genutzte Möglichkeit gibt, sich von der Einbauverpflichtung schon im Vorhinein befreien zu lassen. Branchenvertretungen wie Experten befürchten hier die Flucht in den Mietwagen, was letztendlich auch zu Lasten der Mobilitätsversorgung in einigen Regionen gehen könnte. Ohne eine mehr oder weniger vollständige Aufhebung der Befreiungsmöglichkeiten für Mietwagen erscheint allen Protagonisten die grundsätzlich lobenswerte Einbeziehung der Mietwagenverkehre als mögliche Mogelpackung.
Ebenfalls einstimmig bedauert man die Abschaffung des INSIKA-Systems. Bei einer Verabschiedung des Referentenentwurfs entstünden nach Ansicht beider Verbände ohne Not weitere Verzögerungen bei der Umsetzung der allseits doch sehnlichst erwünschten gesicherten Datenaufzeichnung, weil die Kassensicherungs-Verordnung (KassenSichV) ja frühestens zum Jahresbeginn 2024 greifen soll. Gleichzeitig wären alle, teilweise auch mit großzügigen Landesförderungen getätigten Investitionen der Branche in das aktuelle INSIKA-System – wiederum ohne Not – obsolet. Gerade an diesem Punkt weisen auch Experten der Finanzdirektion energisch darauf hin, dass eine konsequente Weiterentwicklung der INSIKA-Technik aus ihrer Sicht ein erheblich höheres Potential aufweist, als die Aufnahme von Taxametern und Wegstreckenzählern in die KassenSichV zu Lasten des bisher Erreichten.
Als nicht praxisgerecht erscheint auch die Definition des Geschäftsvorfalls. Hier wird schnell deutlich, dass offensichtlich vor allem die realitätsferne Wahrnehmung, jeder Geschäftsvorfall sei schon zum Zeitpunkt der Leistungserbringung durch das Fahrpersonal fiskalisch eindeutig bezifferbar, zu der völligen Fehleinschätzung der Problematik im Bundesfinanzministerium geführt hat. Angefangen bei der unterschiedlichen mehrwertsteuerlichen Bewertung von Taxi und Mietwagenfahrten bei Mischkonzessionen oder Lokal-, Fern- oder Kurierfahrten über mögliche Tarifkorridore, Sondervereinbarungen für Krankenfahrten oder andere Sonderfahrten ist es aber schlichtweg unmöglich, jeden Geschäftsvorfall direkt nach der Leistungserbringung unveränderbar zu hinterlegen.
In der Folge ergeben sich darüber hinaus viele technische Ungereimtheiten, und es wird auf verschiedene Reibungspunkte der neuen Verordnung mit der Europäischen Messrichtlinie MID, der nationalen PTB-Zulassung und dem Eichrecht hingewiesen. Ohne die vorher notwendige Klärung dieser Punkte erscheint eine Umsetzung der neuen Verordnung schon aus technischen und eichrechtlichen Gründen schlichtweg nicht praktikabel. Und so verzweifelt angesichts der im Referentenentwurf völlig neu formulierten Anforderungen die Industrie, die soeben erst die vermeintlich für die Zukunft notwendigen Anpassungen in ihren Produkten umgesetzt hat, diese nun aber als unverkäuflich erscheinen.
Bei einer angedachten Belegausgabepflicht schlagen dagegen zwei Herzen in der Brust der Branchenvertretungen. Den möglicherweise zwingenden Einbau eines systemintegrierten Druckers in jedes Fahrzeug sieht man aufgrund der zusätzlichen Investitionen für die Unternehmen kritisch, erkennt aber gleichzeitig auch den Nutzen bzw. die Notwendigkeit einer solchen Regelung. Und so kann man sich daher wohl damit arrangieren, solange es denn zumindest noch eine ein- oder zweijährige Frist gibt, bis solche Drucker vorhanden sein müssen. Dem entgegen liegt es natürlich nahe, dass die Finanzbehörden diese Regelung uneingeschränkt begrüßen würden, wenn denn auch die im Referentenentwurf noch verbleibende Hintertür einer alternativen Belegerstellung außerhalb eines in sich geschlossenen Taxametersystems, digital oder in Papierform, ausgeschlossen würde.
Ob die wenigen großen Mietwagenprotagonisten diese Branchenkritik teilen bleibt natürlich abzuwarten. Allerdings wäre bei einer Begrüßung des Referentenentwurfs wohl auch von dieser Seite zu erwarten, dass man sich bei Thema Befreiung von der Wegstreckenzählerpflicht dann eindeutig positionieren muss. Inwieweit hier dann der so notwendige Spagat zwischen der Begrüßung unveränderbarer Einnahmeursprungsaufzeichnungen und dem Wunsch nach Aufrechterhaltung der Befreiungsmöglichkeiten von der Wegstreckenzählerpflicht gelingt, bleibt abzuwarten. rw
Bisher erschienene Beiträge zur Reform der Kassen-Sicherungs-Verordnung (in chronologischer Reihenfolge)
01.10.18: Fiskaltaxameter: Zeitpunkt für Aufnahme ins Kassengesetz weiterhin ungewiss
07.04.21: Referentenentwurf: INSIKA wird zum Auslaufmodell
12.04.21: Manipulationssichere Taxameter: die Suche nach der eierlegenden Wollmilchsau
14.04.21: Taxameter + Kasse: Expertenkritik am Referentenentwurf
17.05.21: Nachts um 4.50 Uhr: Politik entscheidet über Taxameter als Kasse
26.05.21: Bundestag beschließt neue Taxameter-Regelung
27.06.21: Bundesrat stimmt der Kassen-Sicherungs-Verordnung zu
28.06.21: Kommentar: Es bleiben viele Fragen offen
11.07.21: Der BVTM erklärt die praktischen Konsequenzen
17.09.21: Die Einschätzung des Finanzexperten Edo Diekmann
14.10.21: Gibt es Alternativen zu INSIKA?
Beitragsfoto: Graphik: BMF
Es ist ein Unding, dass von den Taxivertretern bei allen möglichen Dingen eine Gleichsetzung der Mietwagen gefordert wird, aber wenn es um die Vergünstigungen geht, die Taxiunternehmen haben, wir dann wieder „nur“ Mietwagen sind. WIR MACHEN DEN SELBEN JOB!
Mit der Novelle des PbefG sind viel zu viele Fragen neu aufgeworfen worden und notwendige Festlegungen nicht getroffen worden. Klarstellungen müssen nun mühsam erarbeitet werden.
Dabei das Ziel der wettbewerbsgerechten Ordnung zu erreichen, macht es aber dringend nötig, die Schlupflöcher für wettbewerbswidriges Verhalten durch technische Kontrollmittel zu schließen.
Daher sollten Finanzamt, Gewerbeaufsicht und Zoll endlich unmittelbaren Zugriff auf die sowieso bereitzustellenden Daten bekommen.
Insbesondere sollte nach meiner Meinung in den verpflichtenden Wegstreckenzähler eine nicht veränderbare GPSerzeugte Fahrtenbuchfunktion mit eingebaut werden.
Es darf einfach nicht sein, dass illegales Verhalten durch personelle Überforderung der zuständigen Behörden wie bisher fast vollständig unverfolgt bleibt.
Dass wieder mal die technischen Details der Ausgestaltung zum Missbrauch führen, muss verhindert werden.
Sonst bleibt es eine Alibiveranstaltung mit viel Brimborium und ohne Nutzen.
Welche Vergünstigungen?