Im Machtkampf zwischen dem Vorstand und dem Aufsichtsrat der Taxi München eG gibt es erste Signale der Entspannung. Im Aufsichtsrat gab es einen Wechsel im Vorsitz und aus dem Vorstand kommt die Willensbekundung, an einer Versöhnung moderierend mitzuwirken.
Im seit Monaten andauernden Gremien-Streit innerhalb der Taxi München eG scheinen sich die Wogen ein wenig zu glätten. Als erstes Signal einer Annäherung wird ein seit langem mal wieder gemeinsam verfasstes Schreiben des Vorstands und des Aufsichtsrats gewertet, das an alle Mitglieder geschickt wurde. Darin teilen die beiden Gremien mit, dass sich der Aufsichtsrat in seiner Sitzung am 25. Juni 2025 neu aufgestellt hat. Der bisherige Vorsitzende Sezai Curuk ist künftig Stellvertretender Schriftführer. Dafür ist nun das bisherige Aufsichtsratsmitglied Ünal Küçükşahin zum neuen Vorsitzenden aufgerückt. Küçükşahin hatte sich im bisherigen Verlauf der Auseinandersetzung eher zurückhaltend geäußert. Ihm wird zugetraut, die tiefen Gräben zwischen den beiden Gremien wieder zuschütten zu können. Zur Befriedung dürfte auch beitragen, dass zwei aktuelle Aufsichtsratsmitglieder mittlerweile bekanntgegeben haben, künftig nicht mehr mit Uber zu kooperieren. Die Tatsache, dass diese Mehrwagenunternehmer auf der einen Seite ein Amt bei der Genossenschaft bekleiden (und damit auch über Firmeninternas informiert sind) und gleichzeitig mit dem größten Wettbewerber der eG zusammenarbeiten, war der Auslöser des Streits gewesen.
Auf der Seite des Vorstands könnte Ertekin Kocer das Zünglein an der Waage für eine künftige Versöhnung beider Seiten sein. Kocer hatte sich zu den Streitpunkten bisher nie öffentlich geäußert, er war auch – im Gegensatz zu Kocers Vorstandskollegen Kroker und und dem nach Gerichtsurteil wieder im Amt befindlichen Nothhaft – vom Aufsichtsrat nie persönlich angegriffen oder in Frage gestellt worden. Im aktuellen Taxikurier, dem offiziellen Veröffentlichungsorgan der Taxi München eG, äußerte sich Kocer erstmals öffentlich. Er schreibt von verbrannter Energie und den Auftrag zur Einheit.
„In unterschiedlichen Kanälen“, so schreibt Kocer, „wurde [über die Spannungen] berichtet, kommentiert und spekuliert. Dabei entstanden nicht nur fundierte Beiträge, sondern auch Halbwahrheiten, bewusst verzerrte Darstellungen und persönliche Meinungen, die teils von den Tatsachen weit entfernt waren.“

Das Ergebnis der Wahl bei der außerordentlichen Generalversammlung im Mai wird von Kocer als Auftrag zur Versöhnung interpretiert. Damals hatten mehr als 60 Prozent der eG-Mitglieder für eine Absetzung des aktuellen Aufsichtsrats gestimmt. Es wäre allerdings eine 3/4-Mehrheit notwendig gewesen. „Die Botschaft war eindeutig“, schreibt Kocer. „Die Mitglieder haben mit ihrem Abstimmungsverhalten ein klares Zeichen gesetzt. Sie haben Vorstand und Aufsichtsrat einen Auftrag mit auf den Weg gegeben. Den Auftrag, persönliche Differenzen beiseitezulegen und im Sinne der Genossenschaft zusammenzuarbeiten.“
Kocer erklärt sich bereit, an dieser Versöhnung mitzuwirken und Gespräche zwischen den Fraktionen zu moderieren. „Es braucht nicht Freundschaft, es braucht Respekt.“
Mit Kocer auf Vorstandsseite und dem gemäßigt auftretenden Küçükşahin als neuem Aufsichtsratsvorsitzenden könnte die Basis für einen Neuanfang innerhalb der Genossenschaft gegeben sein. jh
Beitragsfoto: Remmer Witte