Welche Regeln sollte man nach einem Unfall auf einem Parkplatz beachten? Eine klar formulierte Handlungsanweisung für die Mitarbeiter kann bei der Suche nach der Schuldfrage helfen und im Zweifel vor einer Mithaftung schützen.
Bereits nach dem kleinsten Parkrempler stellt sich oft die vor allem aus finanzieller Sicht sehr relevante Haftungsfrage. Im öffentlichen Verkehrsraum lässt sich diese auch von Laien vielfach recht klar entscheiden, aber auf dem Parkplatz von Arztpraxen oder Krankenhäusern ist das häufig schwieriger.
Die Versicherer gehen vielfach recht pragmatisch mit dieser Frage um und nehmen, basierend auf der sogenannten Betriebsgefahr, häufig eine Mithaftung beider Beteiligten an. Dies erscheint nachvollziehbar, weil es oft um vermeintlich geringfügige Schäden geht, und die Schadenaufnahme eher nachlässig gehandhabt wird. Belastbare Zeugenaussagen fehlen in den meisten Fällen. Zusätzlich sind die Aussagen der Beteiligten oft widersprüchlich. Im Nachhinein lässt sich der genaue Unfallhergang größtenteils nicht genau belegen, was letztlich zu einer Teilung der Haftung führt.
Das bedeutet aber auch, dass eine Mithaftung selbst bei absolut korrektem Fahrverhalten, speziell auf einem Parkplatz, stets mitfährt. Weil die durch eine mögliche Hochstufung von Schadenfreiheitsrabatten entstehenden Kosten häufig nicht zu unterschätzen sind, ist die Schadensaufnahme besonders wichtig.
Steht nach einem Unfall fest, dass niemand verletzt wurde, sollte im ersten Schritt die Unfallstelle, gerade bei kleinen Schäden, in unverändertem Zustand mit Fotos dokumentiert werden. Das ist mit dem Smartphone schnell umsetzbar. Im zweiten Schritt sollten Kontaktdaten von Zeugen notiert werden, die zum Unfallhergang etwas sagen können. Eine Telefonnummer ist zunächst völlig ausreichend. Idealerweise bittet man die Zeugen ein Gedächtnisprotokoll anzufertigen. Erst dann ist die Unfallstelle zu räumen. Wichtig ist dabei die Erkenntnis, dass die Haftungsfrage vor Ort meist eh nicht zu klären ist.
Eine Handlungsanweisung für das Fahrpersonal sollte deshalb vor allem auf diese Punkte bestehen. Verfügen beide Unfallbeteiligten über Zeugen, bringt eine polizeiliche Aufnahme überwiegend keine weitere Rechtssicherheit. Die Polizei sollte vor allem dann gerufen werden, wenn man allein vor Ort ist. Sie kann beim Feststellen der Personalien helfen und zusätzlich eine minimalistische Schadendokumentation anbieten. Die Haftungsfrage entscheidet sie allerdings nicht.
In vielen Nutzungsverträgen (Leasing, Versicherung) ist eine polizeiliche Aufnahme sowieso vorgesehen. Auf öffentlich zugänglichen Parkplätzen ist die Polizei auch dazu verpflichtet. Auf nicht öffentlichen Privatgrundstücken wird sie sich dagegen weigern, was eine fotografische Dokumentation des Unfalls noch wichtiger macht, zumal sie vor Gericht in den allermeisten Fällen ausreicht. Die Fahrzeuge müssen nicht bis zum Eintreffen der Polizei den Weg blockieren.
Kommt es zu einem Rechtsstreit, suchen die vermeintlichen Verursacher nach Anhaltspunkten für ein Mitverschulden des Unfallgegners. Eine Grundlage für eine sachgerechte Entscheidung über die Haftungsquoten könnte hier eine Dashcam bieten, die den Schadenshergang eindeutig dokumentiert hat. Ansonsten hat derjenige, der rückwärts gefahren ist, schlechte Karten: für ihn gilt der sogenannte Beweis des ersten Anscheins. Kommt es beim Rückwärtsfahren zu einem Unfall, wird sich der Rückwärtsfahrende nicht an seine besonderen Sorgfaltspflichten gehalten haben. Dieser Anscheinsbeweis lässt sich kaum entkräften.
Kann das Gericht jedoch davon ausgehen, dass der Gegner zum Unfallzeitpunkt bei laufendem Motor fahrbereit hinterm Steuer seines Fahrzeugs saß, geht in der Regel bereits eine sogenannte Betriebsgefahr von ihm aus, was in einen Haftungsanteil von minimal 20 bis 30, in vielen Fällen aber sogar 50 Prozent beschert. Nur wenn es hier absolut glaubwürdige Zeugenaussagen gibt, die belegen, dass dieses Fahrzeug unbewegt gestanden hat, kann eine Alleinhaftung des Rückwärtsfahrenden entschieden werden.
Noch skurriler stellt sich die Situation im Übrigen dar, wenn sich ein Fahrzeug von einem Privatparkplatz in den Verkehr einordnen möchte. Ein Urteil des OLG München aus dem Jahr 2008 entschied beispielsweise zulasten eines Ausparkenden, obwohl es nicht einmal zum Zusammenstoß gekommen war. Im konkreten Beispiel kollidierte ein Fahrzeug bei dem Versuch, einen Zusammenstoß mit einem ausparkenden Fahrzeug zu verhindern, mit einem Parkpfosten. Einen Kontakt zwischen den Fahrzeugen gab es nicht. Das OLG München erachtete es im Urteil vom 18.01.2008 – 10 U 4156/07 aufgrund der hier weiter vorliegenden Sichtbehinderung als erforderlich, sich in die Fahrspur hinein zu tasten. Aufgrund dessen hafte der Beklagte allein wegen des zeitlichen und räumlichen Zusammenhanges mit dem Betrieb seines Kfz für die Ausweichreaktion des Klägers. rw