Wer weiß schon wirklich, was sein Taxi im Monat kostet? Das Tagesgeschäft ist dann schnell wichtiger als diese Frage, und letztlich entscheidet oft der Bauch, welches Fahrzeug den Fuhrpark zukünftig ergänzen soll. Taxi-Multiunternehmer Dirk Holl hat Taxi Times Zahlen zur Verfügung gestellt, welche die Kaufentscheidung erleichtern können.
Welches Taxi soll man als Nächstes anschaffen? Die für die Beantwortung dieser Frage notwendige Kostenanalyse ist zwar mathematisch kein Hexenwerk, trotzdem bedarf es dafür einer gewissen Disziplin in der Buchführung. Die 2023er-Zahlen von Dirk Holl aus Gaggenau könnten dem einen oder anderen Unternehmen einen rationaleren Vergleich mit den eigenen Zahlen ermöglichen.
Die Entscheidung, ob ein E-Taxi oder doch noch ein Verbrenner den Fuhrpark ergänzen soll, ist dabei stark abhängig von der unternehmensspezifisch geplanten Nutzung des Fahrzeugs. Sind planbare Fahrten innerhalb der elektrischen Reichweite des Wunschtaxis oder auch eine rein innerstädtische Nutzung im Tagbetrieb die Säule der Wirtschaftlichkeit des Unternehmens, trauen sich immer mehr Unternehmen den Schritt in die E-Mobilität. Stehen Ladehemmnisse, Großraumzwänge oder regelmäßige Fernfahrten dem entgegen, wird eher ein Verbrenner gewählt. Den entscheidenden Ausschlag in Richtung E-Taxi würden da wohl erst taxizugängliche Förderprogramme und das Angebot eines taxitauglichen 8-Sitzers mit E-Antrieb bewirken. Trotzdem sollte diese regelmäßig anstehende Grundsatzentscheidung vielleicht auch eher modellabhängig gefällt werden, wie dies die Wirtschaftlichkeitsberechnungen der Holl AG aus Gaggenau zeigen.
Nach einer Kosten-Nutzen-Analyse, die der süddeutsche Taxiunternehmer Dirk Holl Taxi Times zur Veröffentlichung überlassen hat, waren seine Verbrenner im Jahr 2023 zwar immer noch etwas günstiger in den Fixkosten als seine E-Taxis. Dieser Vorteil hob sich aber unter Berücksichtigung der Verbrauchskosten, THG Quote und Ausfall wegen Werkstattaufenthalten schon vielfach auf. Die zweite, nunmehr bittere Erkenntnis: Mit großem Abstand profiliert sich der Prius Plus, den Toyota leider schon seit längerer Zeit nicht mehr anbietet, nach wie vor als Effizienzspitzenreiter. Auch wenn in diesem Fuhrpark sowohl die ehemals marktbeherrschenden Verbrenner der Mercedes-E-Klasse oder der VW-Verkaufsschlager Touran sowie der zumindest in Hamburg ortsbildprägende VW ID.4 fehlen, würden diese drei das Gesamtbild wahrscheinlich nicht maßgeblich verändern.
Wer vor der Entscheidung steht, welches Taxi-Modell zukünftig den Fuhrpark ergänzen soll, hat es aktuell nicht leicht. Zum einen ist die Auswahl schon seit einiger Zeit erheblich eingeschränkt, da die Autoindustrie es leid zu sein scheint, sich dem deutschen Diktat der Signalverfügbarkeitsnotwendigkeit für die Konformitätsbescheinigungen zu beugen. Zum anderen ist die Entscheidung, welche Verbrenner und welche größeren und somit taxitauglichen E-Fahrzeuge die Konzerne klimakrisenfest halten können, auch ohne die besonderen Bedürfnisse der Taxibranche offensichtlich schon schwierig genug.
Hinzu kommen die Regelungen der WLTP. WLTP steht für „Worldwide Harmonized Light-Duty Vehicles Test Procedure“ und initiiert ein weltweit einheitliches Testverfahren zur Bestimmung des Kraftstoffverbrauchs und der Abgasemissionen. Um hier möglichst klimafreundliche Verbräuche der Gesamtflotte der Konzerne zu ermitteln, wird sehr stark auf ein niedriges Gesamtgewicht geachtet, was wiederrum Einfluss auf die maximale Zuladung des Fahrzeugs hat.
In der BOKraft wird gemäß Paragraph 29 die Anforderung fixiert, dass Taxis auch bei vollständiger Besetzung im Rahmen ihres zulässigen Gesamtgewichts mindestens 50 kg Gepäck befördern können müssen. Dies macht Zuladungsoptionen von 350/500/650 kg (4-/6-/8-Fahrgäste) notwendig. Passen die Zahlen auch nur um ein paar Kilogramm nicht, fliegt das Taxipaket kompromisslos aus dem Angebotsportfolio des Herstellers. Ein Taxi muss also immer mindestens über eine Zuladung verfügen, die sich aus der Anzahl der Sitzplätze mal 75 Kilogramm (exklusive Fahrer) zuzüglich 50 Kilogramm Gepäck errechnet. Ein Blick in den Fahrzeugschein kann manchmal sehr ernüchternd sein.
Das deutsche Taxigewerbe kauft zwar regelmäßig neue Autos, diese Menge ist aber für die meisten Konzerne inzwischen bei weitem nicht mehr interessant genug, um der Branche noch besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Im Ergebnis stehen dem Gewerbe sowohl im Limousinen-Segment als auch als 7- oder 9-Sitzer-Taxi aktuell als Verbrenner oder auch als E-Fahrzeug nur wenige Optionen zu Verfügung. Dieses Bild verfestigte sich ja auch schon auf den letzten europäischen Taximessen, wo es zunehmend schwieriger schien, Hersteller als Aussteller zu gewinnen.
Nichtsdestotrotz zwingt die wirtschaftliche Situation das Gewerbe wohl mehr denn je dazu, seine Kosten besonders dort aufmerksam zu kontrollieren, wo es überhaupt noch Einfluss auf diese hat – beispielsweise durch Kaufentscheidungen. Dies gilt umso mehr, da zumindest jede Prognose, ob sich die aktuell angebotenen E- und wasserstoffbetriebenen Modelle überhaupt jemals wieder wirtschaftlich sinnvoll vermarkten lassen, Kaffeesatzleserei ist. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass es sich aktuell bei jeder Kaufentscheidung um eine auf das Autoleben bezogen lebenslange Bindung handeln könnte.
Was die Übersicht der Holl AG aber in jedem Fall auch zeigt, ist die bestehende Chance wahlweise für Hersteller oder auch die Politik, mit weiteren Kaufanreizen durch spezielle Nachlässe oder Förderprogramme für die Branche den Schalter endgültig in Richtung Elektromobilität umzulegen, denn viel fehlt nicht mehr, um E-Taxis zur wirtschaftlich besseren Entscheidung zu prämieren. Und das wäre doch eine vergleichsweise günstige Möglichkeit, den derzeit stockenden Umstieg in die E-Mobilität wieder sichtbar in Schwung zu bringen. Bundesweit 50.000 Taxler können doch nicht irren, oder? rw
Beitragsbild: Remmer Witte/pixabay
Da bin ich aber wirklich gespannt, ob der „derzeit stockende Umstieg in die E-Mobilität wieder sichtbar in Schwung zu bringen“ ist. Der Klepper ist doch längst totgeritten. Und mit den 50.000 Taxlern verhält es sich doch wohl eher wie mit den 10 Mrd. Fliegen . . .