In Großbritannien hatte eine Gewerkschaft am vergangenen Mittwoch zum Streik und Protest vor dem Londoner Uber-Hauptquartier aufgerufen. Doch protestiert haben nicht etwa massiv geschädigte Taxifahrer. Die Gewerkschaft vertritt die Interessen der Uber-Fahrer.
Auf Initiative der App Drivers and Couriers Union (ADCU), einer Gewerkschaft, die Beschäftigte der „Gig Economy“ vertritt, sind Uber-Fahrer vergangene Woche in einen 24-stündigen Streik getreten und versammelten sich anschließend vor der Uber-Geschäftsstelle in London. Die ADCU hatte zudem britische Uber-Nutzer aufgefordert, sich dem 24-Stunden-Streik anzuschließen. Der Grund des Protestes waren die Enthüllungen der Uber Files – 124.000 interne Uber-Dokumente über die Aktivitäten des Plattformunternehmens zwischen 2013 und 2017.
Die Gewerkschaft nahm ihren Streik auch gleich zum Anlass, höhere Löhne und bessere Bedingungen für ihre Fahrer einzufordern. So sollen die Fahrpreise auf 2,50 £ (2,93 €) pro Meile – also 1,95 € pro Kilometer (und 20 Pence – 23 Cent) pro Minute erhöht werden. Last but not least solle auch die Provision von Uber auf 15 Prozent begrenzt werden.
Für zwingend notwendig hält die ADCU aber auch, dass Maßnahmen zur Lösung jener Probleme ergriffen werden, die jetzt auch in den Uber-Akten auftauchen.
Die mehr als 124.000 Dokumente, welche der Tageszeitung Guardian zugespielt worden waren und unter der Regie des International Consortium of Investigative Journalists von vielen internationalen Medienpartnern ausgewertet wurden, haben auch die Gesetzesbrüche von Uber aufgedeckt, die in Großbrittanien an der Tagesordnung waren. Auch hier wurde die Polizei hinters Licht geführt und Regierungen heimlich beeinflusst. Uber hatte das – wie üblich – wie üblich verharmlost und mitgeteilt, dass es „keine Entschuldigungen für vergangenes Verhalten geben wird, das eindeutig nicht mit unseren gegenwärtigen Werten übereinstimmt. Stattdessen bitten wir die Öffentlichkeit, uns zu beurteilen, was wir in den letzten fünf Jahren getan haben und was wir in den kommenden Jahren tun werden.“
Die ADCU widerspricht dem und wirft Uber vor, dass man immer noch ein erhebliches „unfaires“ Lobbying-Gewicht in Großbritannien betreibe, einschließlich Treffen mit Abgeordneten. Insbesondere stellt man die Reaktion des Unternehmens auf ein wegweisendes Urteil des Obersten Gerichtshofs aus dem vergangenen Jahr in Frage. Dort wurde höchstrichterlich festgestellt, dass Fahrer keine selbstständigen Auftragnehmer, sondern Arbeitnehmer sind, die Anspruch auf Rechte wie Mindestlohn und Urlaubsgeld haben. An diesem Urteil war die ACDU massgeblich beteiligt.
Doch anstatt sich an dieses Urteil zu halten, rechne Uber laut Ansicht der Gewerkschaft die Dauer vom Start des Fahrzeugs mit einem Fahrgast bis zum Absetzen des Kunden als Arbeitszeit. In Wahrheit müsste der der Zeitraum jedoch auch die Wartezeiten umfassen, die laut ADCU bis zu 40 % der Arbeitszeit der Fahrer ausmachten.
Für die Gewerkschaft ist dies nicht der einzige Beleg dafür, dass die von Uber propagierten neuen Werte nach wie vor nicht zu Recht und Moral passen. Vor kurzem hatte die Gewerkschaft die Entlassung von Pierre-Dimitri Gore-Coty gefordert. Coty ist heute der Leiter des Lebensmittellieferdienstes Uber Eats, dessen Beteiligung an der Verwendung von „Kill Switches“ und der umstrittenen Software namens Greyball zur Täuschung der Strafverfolgungsbehörden in den Uber-Akten aufgedeckt wurde. Gore-Coty verharmlost diese Vorfälle gegenüber der britischen Tageszeitung Guardian. Er sei „jung und unerfahren gewesen und habe sich zu oft von Vorgesetzten mit fragwürdiger Ethik leiten lassen“.
Uber selbst versuchte ebenfalls, den Streik herunterzuspielen, indem man die Gewichtung der Gewerkschaft schmälerte. „Die ADCU repräsentiert einen winzigen Teil der aktiven Fahrer bei Uber”, sagte ein Uber-Sprecher und verweist stattdessen auf die anderen Gewerkschaft GMB. Diese würde seit über einem Jahr als Stimme der Fahrer im Vereinigten Königreich fungieren – “nach unserer historischen Anerkennungsvereinbarung, die dazu beigetragen hat, den Schutz neuer Arbeitnehmer zu sichern, einschließlich Urlaubsgeld und Zugang zu einem Rentenplan.” Ob die GMB, die überraschend schnell bereit war, mit Uber zusammen zu arbeiten, die Interessen der Uber-Fahrer wirklich wahrnimmt, ist für viele Gewerkschafter eine offene Frage. Erst recht, nachdem die Uber-Files jetzt aufgedeckt haben, wie groß die Einflussnahme von Uber auf allen Lobby-Ebenen war.
Uber selbst sieht auch das anders: „Da die Nachfrage nach der Pandemie gestiegen ist, verdienen Uber-Fahrer mehr als je zuvor – im ersten Quartal 2022 verdienten sie durchschnittlich 29,72 £ (34,85 €) pro Stunde, einschließlich Urlaubsgeld, wenn sie sich aktiv mit der App beschäftigten. Die Kombination aus höherem Einkommen, neuen Schutzmaßnahmen wie Urlaubsgeld und einer Renten- und Gewerkschaftsanerkennung in Großbritannien hat dazu geführt, dass sich in den letzten Monaten mehr als 10.000 neue Fahrer bei Uber angemeldet haben.“
Am Tag des Streiks und der Kundgebung hat der ADCU-Generalsekretär James Farrar dann noch ein weiteres Anliegen formuliert. Er forderte den Uber Files-Whistleblower Mark MacGann auf, ihre Fragen bei einer öffentlichen Anhörung zu beantworten: „Die Fahrer verdienen jetzt einen Bericht aus erster Hand.“
Und weiter: „Normalerweise sieht man bei solchen Dingen, dass jemand anonym eine Menge Dokumente an die Medien abgibt, aber MacGann geht darüber hinaus und sagt ‚Ich bin der Whistleblower‘. Warum sind wir dann nur auf Dokumente angewiesen? Er kann uns direkt bezeugen, was passiert ist“, sagte Farrar.
Farrar, der zuvor als Uber-Fahrer arbeitete, kritisiert auch die Reaktion von Regierungen und Aufsichtsbehörden in Großbritannien auf die Enthüllungen. Weder der Bürgermeister von London, Sadiq Khan, noch die Aufsichtsbehörde von Transport for London (TfL) haben bisher reagiert. Sie müssten sich eigentlich kritisch hinterfragen, ob sie Uber damals nicht allzu voreilig eine neue Lizenz gegeben haben. Insofern müssten in London nicht nur Uber-Fahrer streiken und vor dem Uber-Hauptquartier demonstrieren, sondern auch Londons Taxifahrer – vor dem Londoner Rathaus und dem Gebäude der TfL. Wf
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Beitragsfoto: Wim Faber
Was sollen wir Taxler dazu noch sagen.
Wir haben das immer vermutet, daß unsere Politik mit ihren so ehrlichen Politikern
von Uber beeinflusst und gesponsert wurde. Darum haben sie ja zugeschaut, wie sich dieser Wildwuchs ausbreitete. Hätten wir Fiaker nur einen Bruchteil dieser Vergehen begangen, hätten die Behörden uns schon lange dicht gemacht.
Was auffällt in Österreich geht es nach diesen Files munter weiter, wie wenn nichts passiert wäre – auch die Medien sind ziemlich mundtot, naja bei dieser Presseförderung muss man ja den Mund halten . . . .
Warum streiken die UBER Fahrer , zuerst haben Sie die Taxler ausgelacht und jetzt wollen Sie das gleich.