Wer im Ruhrgebiet die Uber-App nutzen will, wird nun auch in Bochum fündig. Für die Aufsichtsbehörde bedeutet dies, jetzt besonders genau hinschauen zu müssen. Und die Taxibranche sollte sich an der Kundenaufklärung beteiligen.
Diese Meldung ist am 14.8.2024 aktualisiert worden. Siehe unten.
Auch die Bochumer haben nicht verhindern können, was sonst auch nirgendwo zu verhindern ist. Die Vermittlungsapp „Uber“ ist nun auch in ihrer Stadt verfügbar. Bochum liegt mitten im Ruhrgebiet, hat ca. 360.000 Einwohner. Es ist eine Stadt ohne Messen, ohne ausgeprägten Tourismus und mit einer mäßigen wirtschaftlichen Strahlkraft. Immerhin hat man im Fußball einen Bundesligaverein, was an Wochenenden mit Heimspielen des „VfL“ für Belebung sorgt. Hier ist nun also Uber „offiziell“ vertreten und macht damit den rund 230 Taxis Bochumer Taxis Konkurrenz.
„Offiziell“ deshalb, weil auch schon vorher Uber-Fahrten gebucht werden konnten. Bisher sind Mietwagen aus der benachbarten Region gekommen – aus Essen, Wuppertal, Düsseldorf etc. Besonders deutlich wurde das bei einem wichtigen Bochumer Stadtfest, als die Taxifahrer zusehen mussten, dass immer wieder Fahrgäste lieber eine halbe Stunde auf ein (ortsfremdes) Uber-Fahrzeug warteten, als in das bereitstehende Taxi einzusteigen.
Das hat dann beispielsweise einen Inhaber von Bochumer Taxikonzessionen bewogen, sich zusätzliche Mietwagen anzuschaffen und bei Uber anzumelden. „Er wolle auswärtigen Unternehmen nicht den Bochumer Markt überlassen und die Menge der Aufträge von Uber gäbe ihm Recht“, argumentiert der Fahnenflüchtige. Er versuche, sich über Wasser zu halten und sehe in den zusätzlichen Uber-Aufträgen eine Möglichkeit, sein Gesamtunternehmen zu retten.
Gegen solche Scheinargumente hilft nur Aufklärung – beginnend damit, dass man den Uber-Partnern klar macht, dass Umsatz nicht gleich Ertrag ist. Bei dieser Überzeugungsarbeit könnte man sich beispielhaft auf eine aktuelle Zeitungsmeldung beziehen: Die Tageszeitung WAZ hatte über den Start von Uber berichtet und die übliche Vergleichsrechnung angestellt: Wo eine Taxifahrt 23,70 Euro kostet, zahle man bei Uber nur 15,97 Euro.
Man könne deshalb so günstig fahren, weil die Auslastung deutlich höher sei, wird Uber-Chef Weigler in der WAZ zitiert. Weigler erzählt diese Geschichte seit Jahren und viele Mietwagenpartner glauben Sie – zumindest so lange, bis sie merken, dass auch eine gute Auslastung zu einem Minusgeschäft wird, wenn der Erlös weder die Personal- noch die Betriebskosten deckt.
Die wahre Rechnung ist ganz einfach: Wenn der mit einer kleinen Gewinnspanne kalkulierte Taxitarif einen Fahrpreis von 23,70 Euro ergibt, wie kann dann eine Fahrt bei gleicher Strecke und vor allen Dingen bei gleichem Zeitaufwand, die nur 15,97 Euro Umsatz bringt, kostendeckend sein? Auch bei einer guten Auslastung hat eine Stunde nur 60 Minuten. Diese hier angegebene Beispielfahrt dauert inklusive Anfahrt im Schnitt mindestens 30 Minuten. Selbst bei einer 100-prozentigen Auslastung (die aber auch Uber nicht gewährleisten kann), erreicht ein Uber-Fahrer also maximal 31,94 Euro Umsatz. Das reicht nicht, um einen Umsatz zu erwirtschaften, der Fixkosten für Personal und Fahrzeug und eine Gewinnspanne ermöglicht. Erschwerend kommt hinzu: Der Mietwagenfahrer soll also um fast die Hälfte billiger fahren, hat dafür aber sogar zusätzliche Kosten: Bei ihm sind im Bruttopreis von 15,97 Euro 19 Prozent Mehrwertsteuer enthalten (bei Taxis sind es 7%) und er muss auch noch einen zweistelligen prozentualen Provisionsanteil an Uber bezahlen. Jeder Unternehmer, der von einem laufenden Taxibetrieb zu Uber wechselt, kommt also nur vom Regen in die Traufe – und wird zudem zu Rechtsbrüchen (Stichwort Rückkehrpflicht) oder zu Sozialversicherungsbetrug gezwungen.
Hier ist also dringend noch mehr Aufklärung nötig, sowohl gegenüber dem (wechselwilligen) Taxiunternehmer als auch gegenüber dem preissensiblen Fahrgast. Ein positives Beispiel für solch eine Kundenaufklärung lieferte kürzlich eine Wuppertaler Taxiunternehmerin. Sie platzierte in der Wuppertaler Rundschau einen Leserbrief, indem sie Unterschiede zwischen Uber und Taxi erläuterte und die Konsequenzen für den Kunden aufzeigte, wenn bei knappen Angebot eine Uber-Fahrt nach einem Fußballspiel plötzlich nicht mehr 15, sondern 65 Euro kostet. „Wenn uns die Behörden schon nicht helfen, diese skandalöse Lage in den Griff zu bekommen, vielleicht wird dann der eine oder andere Leser und Bürger in seinem Kundenverhalten durch diesen Leserbrief inspiriert“, hofft die Unternehmerin (den ganzen Leserbrief können Sie hier nachlesen).
Der Frust über die unterlassene Hilfestellung seitens der Behörden sitzt nicht nur bei dieser Unternehmerin tief. Auch in Bochums Taxigewerbe herrscht großes Kopfschütteln, wenn die dortige Genehmigungsbehörde Anträge für 20 und mehr Mietwagenkonzessionen für Bochum genehmigt. Die konsequente Anwendung des Personenbeförderungsgesetzes und der Erfahrungsaustausch mit anderen Städten sollte Mut machen, um eine Genehmigung von vielen Mietwagenanträgen abzulehnen. Wer beispielsweise nicht genügend Stellplätze und entsprechende Sozialräume am angegebenen Betriebssitz nachweisen kann, hat keinen Anspruch auf solch eine Genehmigung. Dieser Zusammenhang ist völlig legitim, das hat in Berlin erst kürzlich ein Gericht bestätigt.
Zudem ist jede Genehmigungsbehörde verpflichtet, die finanzielle Leistungsfähigkeit eines solchen Betriebs zu bewerten. „Ein Mietwagenunternehmer müsse über ein angemessenes Eigenkapital verfügen, was hier nicht ersichtlich sei“, kommentiert das VG Berlin im eben angesprochen Urteil. „Der Zeitwert der Fahrzeuge selbst dürfe […] gerade nicht berücksichtigt werden.“
Die Hamburger Genehmigungsbehörde geht hier sogar noch einen Schritt weiter: Sie verlangt von jedem Antragssteller für eine Mietwagenkonzession einen Businessplan. Mit der Konsequenz, dass dort viele Anträge wieder zurückgezogen werden, weil bei einem Anschluss an Plattformvermittler wie Uber & Co nachweislich keine Wirtschaftlichkeit gegeben ist.
Vielleicht gelingt es in Bochum ja den dortigen Taxiunternehmen inklusive der Taxizentrale, den Kontrolldruck auf die zuständige Behörde aufzubauen. Keine Stadt möchte sich brüsten, dass sie aufgrund laxer Aufsicht den Nährboden für organisierte Kriminalität schafft (wie es zuletzt in Berlin durch die Medien ging). Bochum sollte nicht das Berlin des Ruhrgebiets werden. jh
Aktualisierung vom 14.8.2023:
Wie Uber gestern bekanntgegeben hat, werden ab sofort auch Fahrten in Aachen vermittelt, nachdem es dort in den letzten zwölf Monaten angeblich 100.000 Bestellversuche gegeben hat. Bereits seit zwei Jahren ist in der westlichsten Großstadt Deutschlands, die an niederländisches und belgisches Staatsgebiet grenzt, der Essens-Lieferservice „Uber Eats“ aktiv.
Auch in der Schweiz expandiert Uber weiterhin: Im Kanton Bern sei die App nun auch in Interlaken und Thun verfügbar, teilte das Unternehmen mit. Man arbeite dort mit mit selbständigen Taxifahrerinnen und Taxifahrern aus der Region zusammen.
Beitragsfoto: Ein Fahrgast wartet am Bochumer Hauptbahnhof lieber auf ein auswärtiges Uber-Fahrzeug als in das nebenstehende Taxi zu steigen. Foto: Axel Rühle
Was nützt die kundenaufklärung durch das Taxi, wenn die Kunden gefühlt günstiger fahren und die Behörden nicht reagieren.
In allen großen Städten fahren die privaten wie es ihnen gefällt. Keine Rückkehr zum Betriebssitz, unerlaubtes warten in der Stadt, die privaten lachen sich doch krank. Die Behörden müssten aktiv werden.
Guck euch den Düsseldorfer Flüghafen an . Da stehen 8 Uber Mietwagen von denen nur der 1 Auftrag hat . Auf Nachfrage von mir und meinem Kollegen antwortete der fahrer .: was soll ich machen mir ist es egal mein Chef soll Angst haben . Ich muss Geld verdienen. Und das aller geilste ist das viele Kunden bereits hinlaufen und einfach dort in einen freien Fahrzeug einsteigen und als Preisrechnung / Preisanzeige uber App nutzen sich auf Preis einigen und losfahren . Ja genau ohne Auftrag steigen die Menschen in Uber einfach ein .
Bitte schön meine Liebe
Gewöhnt Euch daran, auf Hilfe von der Politik werdet ihr vergeblich warten. Diese Zustände gibt es in Berlin schon über 10 Jahre und keine Sau interessiert es .
Viel Glück beim Versuch zu überleben.
Der Kampf ist hoffnungslos, keine 10 Jahre mehr , Uber hat alles gefressen .
Die Regeln wurden gezielt so angelegt, dass eine Überwachung niemals greifen kann. Das Selbe wird auch passieren, wenn es den Mindestpreis geben wird. Zu dem allen zeigt es sich ja ganz deutlich, dass die Kunden auch bei sehr hohen Preisen Uber nutzen.
Nicht resignieren sondern weiterkämpfen!Wäre es nicht möglich wie zum Beispiel in Australien erfolgreich durchgeführt eine Schadenersatzklage anzureichen?Für einen guten Anwalt könnte das auch interessant sein da er prozentual beteiligt wird.
Aufgegeben ist keine Option
Ich habe mir heute Rat geholt und langes Gespräch geführt. Wendet Euch an die Zuständigen Innungen, weiterhin an die zuständigen Verkehrsabgeordneten Politiker für die betreffende Region. Macht weiter Druck. Das die Behörden stärkere Kontrollen einsetzen.
Es ist nicht damit getan mit wie der Kampf ist hoffnungslos… Demonstrationen vor wichtigen Ämtern etc.. macht auf Euch aufmerksam. Desto mehr mitmachen und desto öfters um so besser, dann müssen sie reagieren
In Australien zum Beispiel waren Schadensersatzklagen erfolgreich.Warum nicht in Deutschland versuchen.Nicht aufgeben
Hier unsere Meldung zu Australien: https://taxi-times.com/australien-feiert-teilsieg-gegen-uber-doch-das-truemmerfeld-ist-gross/
Uber wird nicht kontrolliert! Stattdessen werden die Taxiunternehmer in Düsseldorf mit SEK gestürmt.
So gestern (15.08.2024) bei dem Taxiruf Düsseldorf passiert.
Ich habe das schon mehr Mals geschrieben und schreibe es noch mal …
Warum führt man nicht einfach Mindestpreise wie in Leipzig?
Was ist daran so schwer die soziale Standards zu sichern und Ausbeutung sowie Kanibalisirung zu vermeiden ?
Siehe oben ;-).
Es sollte dem Taxigewerbe zu denken geben, dass Kunden lieber länger auf ein Uber warten als in ein bereitstehendes Taxi zu steigen. Es ist halt einfach mal deutlich komfortabler, die Quittung kommt automatisch, und ich muss mit niemandem über bargeldlose Zahlung diskutieren.
Das Argument mit den 65€ vs. 15€ wird von der ständigen Wiederholung nicht richtiger. In solchen Situationen der Angebotsknappheit (auch beliebt bei ÖPNV-Streik o.ä.) hilft es doch niemanden, wenn ein theoretisches Taxi nur 15€ kosten würde, wenn praktisch stundenlang gar kein Taxi zu bekommen ist. Dann lieber ein teureres Uber, das aber in kurzer Zeit kommt (und wo ich schon bei der Anfahrt sehe wo es ist).