Die „Welt“ hat sich in zwei Artikeln über das Personenbeförderungsgewerbe einmal mehr als PR-Organ für Uber missbrauchen lassen. Ein Beitrag vom 25. Januar zeichnet (bewusst?) ein schiefes Bild über das Taxigewerbe. Zeit für eine Klarstellung.
Schon die Überschrift des Artikels („Revolution oder Verbannung – So sollen Taxis jetzt grün werden“) ist missverständlich, denn in dem Beitrag werden die Pläne eines Unternehmers beschreiben, der gar kein Taxi betreibt. Es erweckt bei Unwissenden zudem den Eindruck, im Taxigewerbe hätte sich bis jetzt niemand über Nachhaltigkeit und Zukunftsfähigkeit Gedanken gemacht.
Dass genau diese Wirkung offenbar gewollt ist, bestätigt sich im Text, denn der ist eine Fortsetzung früherer Artikel, mit denen Springer-Blätter nach alter Manier ihre Strategie verfolgen, das Taxigewerbe in ein schlechtes Licht zu rücken, es als „erzkonservativ“ und „starrsinnig“ zu beschreiben. Das ist schon 2019 so praktiziert worden, als die Taxibranche gegen die allzu neoliberalen Pläne einer Novelle des Personenbeförderungsgesetzes um seine Existenz kämpfte. Es ist aber schon zwei Jahre früher praktiziert worden, und das lässt sich erstaunlich genau datieren: Im Frühjahr 2017 stieg Springer bei Uber ein. Seitdem sind es vornehmlich die Springer-Publikationen, die mit ihren Berichten Meinungsmache gegen das Taxigewerbe schüren und Uber aufwerten. Wenn Uber dadurch mehr Geld verdient, ist man als Anteilseigner indirekt auch daran beteiligt.
Auch im jetzt erschienenen Artikel stellt die „Welt“, die sonst oft kritischer und anspruchsvoller schreibt als die anderen Blätter aus dem Hause Springer, die Taxibranche in ein völlig falsches Licht. Schon die ersten Sätze der Einleitung („Ein Berliner Unternehmer will die 100.000 Taxis und Uber-Fahrzeuge auf den deutschen Straßen emissionsfrei machen. Dabei kämpft er nicht nur um Hilfe aus der Politik, sondern auch gegen den Starrsinn innerhalb der eigenen Branche …“) bedürfen einer Klarstellung.
Erstens: Im Bereich Umstieg auf Elektromobilität ist die Taxibranche alles andere als starrsinnig (siehe unten).
Zweitens: Der hier beschriebene Unternehmer wird als „der Uber-Betreiber Thomas Mohnke“ bezeichnet, der „gemeinsam mit anderen Taxi- und Mietwagenfirmen den Aufbruch in ein neues Zeitalter“ startet. In der Formulierung steckt die Aussage, Mohnke sei sowohl Mietwagen- als auch Taxiunternehmer.
Fakt ist: Mohnke ist aktiv am gnadenlosen Vernichtungskrieg eines Milliardenkonzerns mit profithungrigen Kapitalgebern gegen die Taxibranche beteiligt. Er ist Deutschlands Generalunternehmer für Uber (wie im darauffolgenden Absatz auch steht) und Geschäftsführer und 25-prozentiger Anteilseigener der DriverSafe Group. Hier wird dem Leser vermittelt, Taxi und Mietwagen seien gleichzusetzen. De facto handelt es sich hier aber um zwei unterschiedliche Verkehrsangebote: Das Taxi ist Teil des ÖPNV und durch seine gesetzlich auferlegten Regelungen (Tarif-, Beförderungs- und Betriebspflicht) ein wichtiger Baustein der mobilen Daseinsvorsorge. Mietwagen sind eigentlich eine Art Luxusangebot und haben bei der Preisfestsetzung rechtlich gesehen freie Hand. Sie können auch jederzeit Fahrten ablehnen. Im Gegenzug haben sie allerdings Regelungen (z. B. Rückkehrpflicht), die dem Zweck dienen, dass sie sich gegenüber dem streng reglementierten Taxigewerbe keinen wettbewerbsverzerrenden Vorteil verschaffen.
Mit solchen Halbwahrheiten wie die über Mohnke setzt sich der Artikel fort, der bei genauer Betrachtung nicht viel mehr ist als der zweite Aufguss eines anderen Artikels sechs Tage zuvor, in dem das Taxigewerbe ebenfalls schlechtgemacht wird – etwa mit einem Foto einer Berliner Taxi-Demo vom Februar 2021, wo mehrere Fahrspuren vor dem Brandenburger Tor mit Taxis gefüllt sind, versehen mit der Bildunterschrift „Taxis bringen große Mengen CO2 in die Atmosphäre – bei der Fahrt und im Stau“. Anscheinend weiß Wirtschaftsredakteur Daniel Zwick nicht, dass alle anderen Fahrzeuge und Maschinen mit Verbrennungsmotor wie z. B. Uber-Mietwagen und Dienstwagen von Zeitungsverlagen das ebenfalls tun, mehr als bei einer Taxi-Demo, bei der die meisten Fahrzeuge die Hälfte der Zeit mit abgeschaltetem Motor auf der Stelle stehen.
Mietwagenunternehmer und Taxi-Bekämpfer Thomas Mohnke wird im Artikel als derjenige hingestellt, der endlich für eine „Revolution in einer erzkonservativen Branche“ sorgt, indem er gemeinsam mit anderen Firmen bundesweit „Fahrzeuge auf einen CO2-neutralen Antrieb umstellen“ will, jetzt allerdings plötzlich nicht mehr 100.000, sondern nur noch 3.000.
3.000 dürfte die Summe der Fahrzeuge derjenigen Unternehmen sein, die in der Gemeinschaft „wirfahren.de“ versammelt sind, in deren Impressum Thomas Mohnke und Monji Lachiheb als Vertreter angegeben sind, die die Initiative „Grüne Mobilität? Ja, bitte“ gestartet hat, und die „die Interessen der Mietwagen-Unternehmen und damit auch ihrer weit über 40.000 FahrerInnen in ganz Deutschland“ vertreten will. Zu diesen Interessen zählt neben „E-Mobilität für Partner“ offenbar auch ein Recht auf Unterqualifikation, denn unter der Überschrift „NEIN zur kleinen Fachkunde“ bringt die Interessenvertretung die Fachkunde nicht etwa mit Qualität in Verbindung, sondern mit „neuer Bürokratie“, für die kein Bedarf bestehe. Die (wissenschaftlich widerlegte) Aussage, dass die Rückkehrpflicht für Mietwagen jährlich „Millionen unnötiger Leerfahrten“ verursache, gilt auf der Website als „wissenswert“.
Zurück zum „Welt“-Artikel: „Wie kaum ein Zweiter kennt sich Mohnke aus in dem Geschäft“, hieß es am 25.11. Allerdings gibt es in der Personenbeförderungsbranche ziemlich viele „Zweite“, die sich mit dem Taxigewerbe auskennen, unter anderem Herwig Kollar, Hermann Waldner, Wolfgang Oertel, Michael Oppermann, Bärbel von Teuffel, Aleksandar Dragicevic, Murat Öztürk, Gregor Beiner, Roland Böhm, Dennis Klusmeier, Marten Clüver, Fred Buchholz, Jens Schmiljun, Patrick Meinhardt, Thomas Kroker, Markus Gossmann, Alfred Lehmair, Gundula Hauenstein, Christian Hess, Michael Mühlin und -zig weitere Vertreter des Taxi- und Mietwagengewerbes.
Als Beleg für Mohnkes Expertise wird seine Vergangenheit im Taxigewerbe erwähnt, und dass er später den Bundestagsfahrdienst betrieben hat. Beides ist richtig, er hat im vorherigen Jahrtausend gemeinsam mit Hermann Waldner einen Taxiservice in Berlin aufgebaut. Mit dem Aufbau des Bundeswehrfahrdienstes ist er dann auf die Mietwagenseite gewechselt. Im „Welt“-Beitrag bleibt allerdings unerwähnt, dass sein damaliges Unternehmen zwischenzeitlich insolvent war – was Mohnke aber nicht davon abhielt, sich wenige Jahre später komplett auf die Seite von Uber zu schlagen.
Das von Uber in die Welt gesetzte Narrativ, die Taxibranche sei innovationsfeindlich und sträube sich gegen Modernisierung, wird von Springer brav nachgeplappert. Kriege brauchen Propaganda-Medien. Nur mit Hilfe großer Medien und millionenschwerer Werbekampagnen lässt sich eine Unwahrheit so fest in den Köpfen von Konsumenten verankern, dass selbst das Platzen der Lügenblase daran wenig zu ändern vermag:
Als der frühere Uber-Manager Mark MacGann im Juli dieses Jahres 124.000 interne Uber-Dateien, die als „Uber-Files“ bekannt wurden, an die Medien gab, wurde bekannt, in welchem Ausmaß Uber Politiker auf Staats- und EU-Ebene, Wissenschaftler und natürlich Medien „gekauft“ hat, und wie dreist der Konzern jahrelang gelogen hat. Einen nennenswerten Bewusstseinswandel in der öffentlichen Meinung vermisst man seitdem allerdings. Auch die Anhörung im EU-Parlament im Oktober, für die der Ire stehende Ovationen erhielt, hat über die Betroffenheit der Parlamentarier hinaus nicht viel bewirkt.
Doch auch ohne Uber-Files lassen sich Behauptungen der „Welt“ leicht widerlegen. Das beste Beispiel dafür, wie innovativ das Taxigewerbe agiert, ist das Projekt Zukunftstaxi in Hamburg, wo der Umstieg auf die Elektromobilität so schnell vorangetrieben wird wie in wenig anderen Branchen, besonders wenig in der Mietwagenbranche, wo der Ist-Zustand Ubers Ankündigungen in vielen Bereichen weit hinterherhinkt. Auch in anderen Städten forcieren sowohl Unternehmer als auch Gewerbevertreter den Umstieg der Taxibranche auf nachhaltige Antriebsarten, beispielsweise in München Gregor Beiner, in Berlin unter anderem Leszek Nadolski und Bernd Stumpf, in Stuttgart Joachim Wolf, in Freiburg im Breisgau Martin Wohlleber, in Leipzig Matthias Schicketanz, in Baden-Baden Dirk Holl, in Mülheim/Ruhr Randolf Stephany, in Buxtehude Felix Elfers, in Lüchow Familie Irro, in Fürstenfeldbruck Florian Drechsler usw. usf.
Auch die Unterstützung aus der Politik ist vielerorts kein Wunschtraum, sondern längst Realität, unter anderem auf Bundesebene. Gerade in Berlin, wo Spitzen-Branchenkenner Mohnke viele seiner Mietwagen und sogar eigene Ladesäulen in Betrieb hat, wird Elektromobilität seit Jahren vom Senat gefördert, und das sogar mit einem speziellen Programm für Taxis, das kürzlich neu aufgelegt worden ist. Andere deutsche Städte, in denen die öffentliche Hand die E-Mobilität im Taxigewerbe fördert oder durch andere Maßnahmen voranbringt, sind Dortmund, Essen, Frankfurt am Main, Leipzig, München und Stuttgart.
Damit braucht Deutschland sich im internationalen Vergleich nicht zu verstecken. Weltweit sind die Länder und Städte mit dem Umstieg auf das E-Taxi unterschiedlich weit. Taxi Times berichtete bereits von Beispielen unter anderem aus Amsterdam, Antwerpen, Baden (Schweiz), Brüssel, Dänemark, Florenz, Göteborg, Graz, Griechenland, Irland, Linz, Loja (Equador), Mexiko City, Norwegen, Salzburg, Wien usw.
In Deutschland ist das Taxigewerbe in Sachen E-Förderung auch seit Jahren auf Bundesebene aktiv. Der Bundesverband Taxi und Mietwagen e. V. (BVTM) hat den „Bundesfahrplan E-Taxi“ ins Leben gerufen, mit dem politische Unterstützung für einen mittelfristigen elektrischen Taxibestand von 80 Prozent der bundesweiten Gesamtflotte angestrebt wird. Auch steht der Verband gemeinsam mit weiteren Gewerbevertretungen im ständigen Austausch mit Bundesverkehrsminister Dr. Volker Wissing und Staatssekretär Oliver Luksic.
Von Mohnkes Initiative sind ähnliche Aktivitäten bisher weder in der „Welt“ noch in Zeitungen, die halbwegs ausgewogen über das Taxigewerbe berichten, bekannt geworden. ar
Beitragsbild: Grafik Axel Rühle
Was nutzt die Klarstellungen und Erläuterungen hier in dieser Publikation?
Wenn dann sollte diese in bundesweiten Medien erscheinen und auch die entsprechenden Politiker auf die Ungereimtheiten hinweisen. Aber da wird wahrscheinlich wenig Unterstützung kommen, da Uber eine hervorragende Lobbyarbeit leistet, siehe Uber-files. Der Begriff „Bananenrepublik lässt Grüssen“.
Lieber Georg, danke für Ihren Leserkommentar. Wir sind überzeugt, dass dieser Beitrag etwas nutzt. Zum einen nach dem Motto „Besser bei Taxi Times eine Aufklärung als gar keine Aufklärung“, zum anderen aber auch deshalb, weil Taxi Times auch von den Behörden und den Verkehrspolitikern gelesen wird – und auch Journalisten stoßen dank Google immer wieder beim Recherchieren auf unsere Beiträge und können diese Infos dann verwenden.
Last but not least ist es uns sehr wichtig, dass jeder Taxifahrer*In über solche Zusammenhänge informiert wird. Denn die von Ihnen angesprochenen Journalisten und Politiker sitzen irgendwann auch mal bei Ihnen im Auto und dann liegt es in Ihrer Verantwortung. genau das zu tun, was sie hier einfordern: Auf die Ungereimtheiten hinweisen! 30.000 Taxis sind in Deutschland im Einsatz. Welche andere Branche hat schon die Gelegenheit, mit der Politik und den Medien so hautnah in Kontakt zu kommen? Das ist unbezahlbar!
Frohe Weihnachten und ein gutes neues Jahr mit vielen zielführenden Gesprächen im Taxi (oder auch im Mietwagen) wünscht die Taxi-Times-Redaktion
Springer hält Anteile an Uber. Darum die wohlwollenden Artikel.
genau, darauf weisen wir im Beitrag auch hin.
In einem der ‚Welt‘ Beiträge wird geschrieben, dass Thomas Mohnke sich in den 90er Jahren vom Taxigewerbe getrennt hat und seine 600 Taxis verkauft hat. Mohnke hat nie 600 Taxen besessen denn er hatte mit 5 weiteren Gesellschaftern den Ostberliner Taxibetrieb von der Treuhand gekauft. Zu m Zeitpunkt des Kaufs hatte der Betrieb schon keine solche Anzahl an Taxifahrzeugen. Weiterhin sagte er lt.dem Artikel,dass er verkauft hat weil die Fahrer keinen Taxifunk wollten sondern lieber an den alten Halteplätzen festhalten wollten. Diese Aussage ist gleichfalls frei erfunden. Zum Ostberliner Taxibetrieb gehörte auch eine Leistungsfähige Funkleitstelle die später als ‚Spreefunk ‚ ausgegliedert wurd. Die Gründe für Mohnkes ausscheiden aus dem Taxigeschäft waren andere.