„Chef, ich hatte einen Unfall, hab‘ eben Frau Müller zur Haustür gebracht und derweil hat einer meinen Außenspiegel kaputt gemacht“ – „ist der Fahrer noch da?“ – „ja, er steht hier bei mir und hat sich schon entschuldigt“ – „dann ist es ja kein Problem, dann gib mir mal das Kennzeichen“ – „das ist ja das Problem, der kommt nicht von hier“ …
Verkehrsunfälle mit größerem Blechschaden oder sogar ernsthafter Personenbeteiligung sind im Taxialltag ja inzwischen erfreulicherweise eher die Ausnahme. Die verbauten Fahrzeugassistenzsysteme machen hier wirklich einen guten Job. Geht trotzdem mal was kaputt, sind es vielfach eher kleinere Schäden, Spiegel oder ein paar Kratzer aufgrund unaufmerksamen Rangierens. Aber auch solche Onetouch-Schäden müssen repariert und der diesbezügliche Reparaturaufwand reguliert werden.
Leider kostet inzwischen auch ein Außenspiegel schon eine Menge Geld, insbesondere wenn mehr als nur das Spiegelglas zerstört wurde, beispielsweise weil der Spiegel nach vorn abknickte. Daher ist eine Versicherungsregulierung solcher Schäden inzwischen vielfach der Standard. Was aber, wenn das Fahrzeug nicht in Deutschland, sondern in einem anderen Land versichert ist, eventuell sogar außerhalb der EU. Das klingt, allein schon wegen der Sprachbarrieren, nach einem zu vermutenden Problem, besonders für uns all-in-versicherungsverwöhnte Deutsche.
Grundsätzlich steht es Geschädigten in einem solchen Fall natürlich frei, ihre Schadenersatzansprüche direkt beim ausländischen Versicherer geltend zu machen. Allerdings gibt es inzwischen erfreulicherweise eine mögliche Alternative, denn hierzu wurde das Deutsche Büro Grüne Karte e.V. (DBGK) in Berlin geschaffen. Bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen übernimmt das DBGK die Pflichten eines Haftpflichtversicherers für ein ausländisches Kfz in Deutschland.
Grundlage ist die klassische Grüne Karte der Versicherer, die man schon seit Jahrzehnten kennt. Die Mitführungspflicht dieser grünen Karte im Ausland als Versicherungsnachweis ist inzwischen in vielen Fällen entfallen. Für alle Fahrzeuge, die in solchen Ländern zugelassen sind, kommt im Schadenfall eine alternative Anspruchstellung an das DBGK in Frage. Das trifft unter anderen für alle Kfz aus den Mitgliedstaaten des Europäischen Wirtschaftsraums zu.
Hat das Büro Grüne Karte e.V. die Pflichten eines Haftpflichtversicherers nach Paragraf 2 des Gesetzes über die Haftpflichtversicherung für ausländische Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeuganhänger übernommen, übernimmt es quasi vollumfänglich die Stellung eines deutschen Haftpflichtversicherers. Das Büro Grüne Karte e.V. beauftragt daraufhin ein deutsches Versicherungsunternehmen mit der Regulierung des Schadens im Auftrag der ausländischen Versicherung.
Sämtlicher außergerichtlicher Schriftverkehr kann dann mit dem benannten Versicherungsunternehmen wie bei einem Unfall mit einem in Deutschland versicherten Fahrzeug geführt werden. Der so bekannte Versicherer in Deutschland agiert damit als Regulierungsbüro. Lediglich im Falle einer schadensbedingt folgenden gerichtlichen Geltendmachung der Schadenersatzansprüche ist zu beachten, dass dann das DBGK zu verklagen ist und nicht das von diesem als Regulierungsbüro benannte deutsche Versicherungsunternehmen. Denn nur das DBGK hat die Pflichten eines Haftpflichtversicherers übernommen und kann so auch verklagt werden (Paragraf 6 Abs. 1 AuslPflVersG, 115 VVG), denn es gilt damit als passiv legitimiert.
Im Zweifel bleibt daneben selbstverständlich der Direktanspruch gegen Fahrer, Halter und Versicherer des ausländischen Fahrzeugs bestehen. Zusätzlich vereinfachend wirkt es natürlich, wenn sich der Unfall selbst in Deutschland ereignet hat, denn dann ist auch ausschließlich deutsches Recht anzuwenden.
Die Regulierung des Unfalls unterscheidet sich damit kaum also von einem Unfall zwischen zwei deutschen Fahrzeugen in Deutschland, wenn die Fahrzeuge unter die benannten Regelungen des DBGK fallen. Umgekehrt funktioniert es im Prinzip übrigens ähnlich. Falls ein deutsches Fahrzeug beispielsweise in Frankreich einen Schaden an einem französischen Fahrzeug verursacht, ist das französische Pendant zum „Deutschen Büro Grüne Karte“ der Ansprechpartner für den französischen Anspruchsteller. Anders bleibt es allerdings, wenn der Unfallgegner aus ferneren Ländern kommt, da hilft dann in der Regel – so vorhanden – nur noch eine Vollkaskoversicherung, die den fremdverursachten Schaden dann sozusagen auf eigene Rechnung zu Lasten des Versicherten reguliert. rw
Beitragsfoto: Symbolbild, Remmer Witte;
Im Grundsatz ist es schön, dass es so eine Institution überhaupt gibt.
Die Erfahrung der letzten Jahre zeigt allerdings, dass das deutsche Büro grüne Karte aus verschiedenen Gründen, über die man nur mutmaßen kann, überlastet ist.
In unserem Betriebsalltag hatten wir in den letzten zwei Jahren große Schäden mit jeweils deutlich über 10.000 € Sachschaden.
Im einen Fall vor uns ein Fahrzeug mit polnischer Zulassung ins Heck; der Fahrer hatte seit Jahren eine deutsche Adresse, hat sein Fahrzeug aus Kostengründen, allerdings in Polen zugelassen. Und dort natürlich, da es ja im Ausland war, nicht versichert.
Die Regulierung ging bis vors Landgericht und dauerte deutlich über ein Jahr.
Das DBGK ließ sich sogar anwaltlich vertreten, um dann erst vor dem Landgericht ein zu Knicken.
Auch im zweiten Fall schlitzte uns ein Sattelauflieger einer tschechischen Spedition einen Kleinbus längs auf (geschenkt, das sogar ein halbes Dutzend kleine Kinder, um Haaresbreite vor schlimmeren bewahrt blieben). Auch hier dauerte über ein Jahr, bis man nach Klage Erhebung vor dem Landgericht doch noch zu 100 % reguliert hat.
Beispielsweise sind alle geflüchteten, die mit ihren Heimat Kennzeichen hier seid 2022 unterwegs sind, nicht mehr ordnungsgemäß versichert und ein Fall für dieses Büro.
Das führt natürlich zu einer gewissen Überlastung.