Oliver Friederici (CDU) war ein weiterer Interview-Partner von Leszek Nadolski im Zuge seiner Gespräche vor der Wiederholung der Abgeordnetenhaus-Wahl.
Als dritten Politiker seiner Wahl-Reihe interviewte Leszek Nadolski den CDU-Politiker Oliver Friederici. Der Diplom-Politikwissenschaftler aus Berlin ist seit 1995 Mitglied des Abgeordnetenhauses von Berlin und wird in seinem Wahlkreis Lankwitz stets direkt gewählt. Er ist seit vielen Jahren verkehrspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion und bekannt für seine kritischen Positionen gegenüber der grünen Berliner Verkehrspolitik, aber auch gegenüber der Wiederwahl Frank-Walter-Steinmeiers zum Bundespräsidenten, womit er auch in der eigenen Partei aneckte.
Friederici besuchte das Büro der Berliner Taxi-„Innung“ in Schöneberg persönlich, wie im Video-Filmchen eingangs zu sehen ist. Er hoffe, dass die CDU bei der Wiederholungswahl eine starke Mehrheit erreicht, so seine erste Aussage.
Zur derzeitigen Politik hat Friederici den großen Wunsch, „dass wir in der Verkehrspolitik nicht mehr gegeneinander arbeiten, sondern miteinander“ – ein Vorwurf an die grüne Senatorin Bettina Jarasch, dass der Autoverkehr in unnötigem Ausmaß benachteiligt werde. Stattdessen müsse man „alle Verkehre denken“ und „alles ausbauen, auch den Radverkehr, den ÖPNV … auch der Taxiverkehr muss zu seinem Recht kommen.“ Neben dem Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs müsse man aber „natürlich auch“ die A 100 verlängern (nach Lichtenberg bzw. an die Südost-Spitze Prenzlauer Bergs) und die TVO sowie die TV Nord bauen, also den Lückenschluss der Tangentialen Verbindung Ost zwischen An der Wuhlheide und Märkischer Allee sowie die Tangentialverbindung Nord.
Berlin sei eine wachsende Stadt mit entsprechend steigenden Kfz-Zulassungszahlen. Den daraus resultierenden Aufgaben müsse man sich „konzentriert widmen“ und folglich müsse man alle Verkehrsarten ausbauen.
Auf die Frage des „Innungs“-Vorsitzenden, was die CDU im Falle eines Wahlsiegs gegen das Taxisterben unternehmen wolle, leitete Friederici seine Antwort mit der Einschätzung ein, der Corona-bedingte Einbruch der Nachfrage sei in der Erholung begriffen, im Unterschied zum „Einstieg der sogenannten Fahrdienstleister oder auch Limousinenservices, die eigentlich Taxi-Dienste anbieten“, allerdings nicht unter die gesetzlichen Rahmenbedingungen des Taxigewerbes wie etwa die Beförderungspflicht fallen. Dies tue ihm „sehr weh“ und er finde es „nicht in Ordnung“ – in New York gebe es „fast keine Taxen mehr“, sondern „nur noch diese bekannten Unternehmen, sie Sie alle ja auch kennen, und ich finde: Wenn wir einen breiten Markt wollen, dann brauchen wir das Berliner Taxigewerbe sehr deutlich weiterhin.“
Friederici findet es „schade, dass es ja inzwischen 3.000 Taxen weniger gibt als vor drei Jahren“. Ältere, mobilitätseingeschränkte Personen, die „nicht so Internet-affin“ sind, könnten sich nicht so einfach mal einen Fahrdienstleister besorgen, und da sei das Taxi die Basis der Personenbeförderung für diesen Kundenkreis – „auch für die Krankentransporte, die ja immer mehr werden, denn unsere Bevölkerung wird immer älter.“
Damit war die Überleitung gegeben zum derzeit besonders großen Problemthema für das Berliner Taxigewerbe, die Weigerung der Krankenkassen, den gesetzlichen Mindestlohn mitzutragen und sich deshalb dem seit gestern angepassten höheren Berliner Taxitarif anzupassen. Hierzu gab Friederici ein deutliches Statement ab: „Darum muss der Senat sich kümmern. Das ist nicht nur eine Aufgabe der Verkehrsverwaltung, sondern der Gesundheitsverwaltung.“ Diese habe auch die Aufsicht auf die Krankenkassen und das Gesundheitsgewerbe in Berlin.
Die Taxiverbände hätten die Tariferhöhung schließlich nicht beantragt, „um die Krankenkassen oder die Kunden zu ärgern, sondern die Kosten galoppieren ja davon.“ Das wisse jeder, der selbst tankt, und man sehe es auch an den steigenden Personalkosten – Stichwort Mindestlohn. Darunter dürften nicht die Fahrgäste leiden, indem sie etwa Privatverträge mit den Krankenkassen abschließen müssten, um die Kosten später rückerstattet zu bekommen. „Das geht überhaupt nicht. Das muss so laufen wie bisher.“
Der Krankentransportdienst sei ein wesentliches Element der Gesundheitsversorgung. Friederici stellte die Frage in den Raum, was denn passiere, wenn ein (mobilitätseingeschränkter) Patient einen dringenden Arzttermin habe. „Der ruft dann künftig die 112, und dann wird es richtig teuer: Jeder Notarzteinsatz, niedrigstes Level, kostet 500 Euro. Das muss die Krankenkasse auch bezahlen.“ Das werde zwar nicht jeder machen, der bisher mit dem Taxi zum Arzt gefahren ist, „aber wenn es jeder Zwanzigste macht, ist das schon teurer.“
Als Folge sagt Friedrici, zur Lösung des Problems müssen mindestens drei Senatsverwaltungen zusammenarbeiten: Verkehr, Inneres und die Gesundheitsverwaltung – sie müssten sich untereinander einig sein und den Krankenkassen eine klare Ansage machen. Die Krankenversicherten, die an die Krankenkassen Beiträge zahlen, können laut Friederici „auch erwarten, dass das geregelt wird“.
Zum leidigen Flughafen-Thema fragte Nadolski, ob Friederici eine Möglichkeit sehe, dass künftig alle Berliner Taxen am Flughafen BER Fahrgäste aufnehmen können. Hier wiederholte der CDU-Politiker seine Kritik, die grünen Verkehrssenatorinnen (also Regine Günther und Bettina Jarasch) hätten „völlig versagt“ und es versäumt, „die klare Position Berlins zum Ausdruck zu bringen“. Darüber sei er „richtig sauer“, da von den Taxifahrten vom und zum BER 80 Prozent von/nach Berlin führen, aber nur ein geringer Teil der Berliner Taxis dort aufstellberechtigt ist. Diese vertragliche Vereinbarung müsse neu verhandelt werden.
Als Lösung kommen nach seiner Einschätzung mehrere Möglichkeiten in Betracht, die man an anderen Flughäfen sehen könne. In Barcelona beispielsweise gebe es zwei Taxispuren. Auf Berlin übertragen hieße das: „Wer nach Berlin will, fährt mit einem Fahrzeug mit B-Kennzeichen“, zu anderen Fahrzielen gehe es mit einem anderen Taxi – „eine ganz einfache Regelung“. Hier müssten die Verhandlungen mit Brandenburg knallhart geführt werden, schließlich lebe der Flughafen zu 65 Prozent von den Fluggästen aus Berlin. Sei es nicht möglich, sich mit Brandenburg zu einigen, müsse man gegebenenfalls damit drohen, brandenburgische Taxis nicht mehr über die Berliner Stadtgrenze fahren zu lassen. „Dann steigen die Fahrgäste, die nach Berlin wollen, an der Stadtgrenze aus“, um die Fahrt mit einem Berliner Taxi fortzusetzen. „Das wollen wir alle nicht. Aber das ist die Verhandlungsposition des Landes Berlin, die ich einmal ganz deutlich zum Ausdruck bringen möchte“, da nicht klar sei, warum es in der letzten Wahlperiode nicht möglich gewesen sei, eine Flughafenregelung ohne Beschränkungen für Berliner Taxis zu erzielen. ar
Bilder: Screenshots aus dem Video von btx.news
Das Video kann hier angesehen werden.