Die Urteile zum Berliner Tarifkorridor fallen bei Fahrern wie Fahrgästen gemischt aus. Der Zentralenchef ist in einer umfassenden Antwort nicht nur auf die Kritik eines Unternehmers eingegangen. Die Taxameter-Eichung findet er unzeitgemäß.
Ein Taxiunternehmer aus Spandau, der vom bisherigen Resultat der Festpreise in Berlin enttäuscht ist, hat die Gründe dafür in einem Schreiben an Hermann Waldner, den Inhaber der Funkgesellschaft Taxi Berlin, dargelegt.
Auch aus Fahrersicht findet der Unternehmer die Regelung noch unausgegoren: „Der Festpreis wird durch die Taxi-Zentrale auf der App angezeigt. Deshalb können Taxifahrer bei konventionellen Fahrten auch keine Festpreise bestimmen.“ Nach seiner Beobachtung kämen auf 100 Fahrten „vielleicht zwei Festpreisfahrten.“
In seiner ausführlichen Antwort auf das Schreiben des Unternehmers nimmt Zentralenchef Hermann Waldner sich auch der Kritik anderer Funkteilnehmer an, die sich beispielsweise darüber beklagt haben, dass am Halteplatz keine Festpreise vereinbart werden dürfen. So erläutert Waldner, im Unterschied zu einer bisher vermittelten Taxifahrt zum gewohnten Taxitarif sei es bei der Auftragsvermittlung per Sprache rechtlich schwierig, eine verbindliche Fahrt zum Festpreis zu vereinbaren. „Über die App-Bestellung erklärt der Taxikunde sein Einverständnis mit dem Festpreis verbindlich, und auch der Taxifahrer bestätigt mit seiner Annahme des Auftrags den Beförderungsvertrag zum Festpreis. Insofern ist eine für beide Seiten verbindliche Festpreisfahrt zustande gekommen.“
Anders sei die Situation, wenn die Zentrale eine Sprachbestellung entgegennimmt: Wenn keine Handynummer und keine E-Mail-Adresse des Bestellers vorliegen, könne man auch keine verbindliche oder schriftliche Zusage des Bestellers erhalten, dass er mit dieser vereinbarten Festpreisfahrt einverstanden sei. Genau dieses (rechtssicher dokumentierte) Einverständnis sei aber laut Änderung der Taxi-Fahrpreisverordnung in Berlin die entscheidende rechtliche Voraussetzung für eine Fahrt zum Festpreis. Bei einem Telefonanruf sei dies nicht möglich, denn „wie wollen Sie das dann sicher dokumentieren, wenn Sie ohne das Einverständnis des Kunden auch keine Sprachaufzeichnung machen dürfen?“
Genau diese Krux ist auch die Antwort auf die schon häufiger von Fahrern geäußerte Frage, warum mit einem Funkauftrag nicht auch die Handynummer eines Kunden an den Auftragnehmer geschickt wird, damit dieser sich vor Ort mit dem Kunden über dessen genauen Standort abstimmen kann. Da Datenschützer bei dieser Thematik besonders genau hinschauen und die mündliche Erlaubnis zur Weitergabe der Telefonnummer nicht so einfach rechtssicher zu dokumentieren ist, ist die Zentrale nur mit dem Verzicht darauf auf der rechtlich sicheren Seite.
Die Festpreisvereinbarung, so Waldner weiter, „ist gesetzlich tatsächlich nicht für die spontane Vereinbarung am Halteplatz oder auf der Straße vorgesehen, ja sogar nicht erlaubt.“ Die Festpreisvereinbarung sei laut Verordnung nur für die Vorab-Bestellung zulässig und vorgesehen. Alle Beteiligten wollten vermeiden, dass der Taxifahrpreis wie auf dem Basar, auf der Straße oder am Halteplatz, heruntergehandelt werde.
Zufrieden ist Waldner mit den rechtlichen Einschränkungen selbst nicht und versteht die Wünsche der Fahrer. Er will sich mit der Situation auch nicht dauerhaft abfinden: „Ich bin optimistisch, dass wir hier im Lauf der Zeit auch eine sichere Lösung für die Festpreisbestellung per Sprache entwickeln und anbieten werden. Bis dahin haben Sie bitte Verständnis dafür, dass wir die Festpreisbestellung per Sprache noch nicht ‚an die große Glocke hängen’ wollen.“
Das Wichtigste aus seiner Sicht, so Waldner, sei zunächst einmal, dass „die Besteller per App eben nicht nur bei den Mietwagenplattformen, sondern jetzt auch über unsere Taxi-Apps eine verbindliche Festpreisfahrt bestellen können.“ Die vom Unternehmer geschätzte Quote stellt sich in der Zentralenstatistik anders dar: „Unsere App-Kunden haben die Festpreisvariante mit einer beeindruckenden Quote von über 80 % aller App-Bestellungen angenommen und sind zum großen Teil begeistert von dieser neuen Möglichkeit.“
Als „sehr bedeutend“ bezeichnet Waldner den Umstand, dass Taxi Berlin gegenüber seinen Kooperationspartnern wie Deutsche Bahn, BVG, Krankenkassen, BW-Fuhrpark (Bundestagsfahrdienst), Firmenkunden usw. diese Festpreisvereinbarungen anbieten kann. Überall dort, wo auf moderne elektronische Weise bestellt wird, sei diese Festpreisregelung „ideal und überlebensnotwendig für unser Taxigewerbe“.
Die Kritik des Spandauer Unternehmers richtet sich nicht an den Taxifunk alleine, sondern auch an den Senat, der „ganz abgesehen von der geplanten Fahrpreiserhöhung für die privaten Personenbeförferer wie Uber, Bolt usw.“ seine Festpreispolitik „schlecht bis gar nicht“ kommuniziere: Kaum ein Fahrgast, der sich ein Taxi bestellt, wisse von den Festpreisen für Taxen. „Kein Wunder“, so das Urteil des Unternehmers, „sind diese doch nur für Fahrten, die per Taxi-App bestellt werden, durchführbar. Besonders ältere Menschen, die sich ein Taxi auf ‚normalem’ Weg per Telefon bestellen, kommen nicht in den Genuß dieser Festpreise, desgleichen auch Kunden, die am Taxistand in ein Taxi steigen.“
Auch hierzu nimmt Waldner, der als Vorsitzender des Landesverbandes Taxi Deutschland e. V. und Vizepräsident des Bundesverbandes Taxi und Mietwagen e. V. (BVTM) auch Gewerbepolitik betreibt und häufig mit Entscheidungsträgern aus Senat und LABO am Verhandlungstisch sitzt, Stellung: Nachdem die beiden ehemaligen verantwortlichen Senatorinnen für das Verkehrsressort, Regine Günther und Bettina Jarasch, weitestgehend ignorant mit den Problemen des Taxigewerbes umgegangen sind, habe man die Nachfolgerin, die Ende April zurückgetretene Senatorin Manja Schreiner, kurz nach ihrem Amtsantritt 2023 davon überzeugen können, „dass hier ganz schnell gehandelt werden muss, um das Berliner Taxigewerbe zu retten“.
In der Folge habe Schreiner sich kurzfristig dazu bekannt, nicht nur die Festpreise für Taxis, sondern auch die dringlich geforderten Mindestpreise für Mietwagen einzuführen. „Durch den Amtswechsel zu Frau Senatorin Bonde haben die Bedenkenträger, die es immer noch in den Fraktionen der regierenden Abgeordnetenhausparteien gibt, an zeitlichem Spielraum gewonnen“, so Waldner. In der Folge sei kürzlich von Seiten der Politik die Auskunft gegeben worden, dass die Mindestpreisregelung doch erst Anfang 2025 kommen soll (Taxi Times berichtete).
Waldner glaubt nicht, dass es „am Willen bei unserem Regierenden Bürgermeister und der Senatorin Bonde fehlt, sondern am Mut zum Risiko bei einigen Abgeordneten.“ Man werde versuchen, das Mindestpreisthema bei den Gesprächen mit beiden Politikern Anfang September mit großem Nachdruck voranzutreiben.
Schließlich beklagt der Spandauer Unternehmer in seiner Mail an Waldner, dass die Kosten von 75 Euro für die Umprogrammierung des Taxameters und die ähnlich hohe Gebühr für die Eichung sich kaum auszahlen würden. Auch hierauf geht Waldner ein und macht deutlich, dass der Unternehmer mit der Kritik an der Eichgebühr beim Gewerbe offene Türen einrennt: „Die Sache mit den Eichkosten finde ich auch generell sehr ärgerlich für das Taxigewerbe. Es gibt heute so viele gute elektronische Möglichkeiten Fahrpreise zu bestimmen, so dass Taxameter für mich heute schon wie ein Relikt aus der Steinzeit erscheinen. Aus meiner Sicht gehört diese unnötige Belastung des Taxigewerbes abgeschafft.“ Allerdings könne diese Frage nicht regional in Berlin entschieden werden, sondern dafür müsste das entsprechende Bundesgesetz geändert werden.
Schließlich kommt Waldner zur Frage, warum Berlin nicht kann, was Hamburg kann: In Hamburg sind die Fahrdienste wie Uber und Bolt nicht direkt verboten, aber „die Hürden für Mietwagen, die sowieso nur beabsichtigen, gesetzlich nicht vorgesehene Taxiverkehre zu betreiben“, seien in Kooperation aller zuständigen Hamburger Behörden so hoch gelegt, dass es kaum einem Mietwagenunternehmer attraktiv erscheine, so etwas zu tun. „Das sind Zustände, von denen wir in Berlin nur träumen können. Selbst wenn die Spitzen der Behörden das neuerdings ändern wollen, müssen sie es trotzdem schaffen, den zähen Behördenapparat in Gang zu setzen, um endlich das zu tun, was Hamburg von Anfang an gemacht hat.“ ar
Beitragsfoto: Axel Rühle
Wenn ich mich an meine Frage zu genau dem Bestellweg „Telefon“ an Thomas Kroker erinnere und mir die Website der Taxi-München e. G. ansehe (https://www.taxi-muenchen.de/preise/), staune ich nun darüber, dass es in Berlin ein so ernstes Datenschutzproblem geben soll. Wenn die Zustimmung zur Sprachaufzeichnung in fast jedem sonst üblichen Callcenter durch drücken der Taste 1 möglich ist, warum nicht hier? Die Problematik, dass Handynummern nicht an das Fahrpersonal übermittelt werden dürfen, ist schon bemerkenswert merkwürdig, weil das alle anderen Mitbewerber mit einer gelassenen Selbstverständlichkeit ebenfalls machen. Aber, auch hier gibt es eine praktizierte Lösung. Zum Beispiel bietet Gefos dem Fahrer einen Datenfunk-Button an, den sie klicken, um Kontakt mit dem Fahrgast aufnehmen zu können, ohne dessen Nummer zu erfahren. Ist der Festpreistarif in Berlin möglicherweise nicht gut vorbereitet worden? Zu dem Komplex der Konzessionsvoraussetzungen in Hamburg gab es ja bereits eine Frage von Tilo Schopf (SPD), während einer öffentlichen Anhörung in Berlin, bei dem die zuständige Senatorin eine Art Wutanfall bekam und darauf verwies, dass sie die ständigen Vorhalte, Berlin mit Hamburg zu vergleichen, ablehne und man das einfach nicht machen könne. Warum das nicht ginge, teilte sie aber nicht mit.
… genau genommen war es keine Senatorin, sondern Frau Dreher vom LABO, die ihren Unmut über die Vergleiche mit Hamburg äußerte und diesen meiner Meinung nach sehr schräg rechtfertigte…
32. Sitzung des Ausschusses für Mobilität und Verkehr am 21.02.2024
ab 3:15:42
https://youtu.be/mjiDnRJYlLU?si=pdtpxQSK7aJgfl3O&t=11742
Sehr geehrter Herr Waldner, ich gehe mit Ihren Antworten auf die Kritik des Taxiunternehmers fast voll mit. Besonders eine FP-Vereinbarung am Halteplatz darf es nicht geben. Es kann und darf nicht sein, dass ein(e) angestellter Fahrer(in) über die Wirtschaftlichkeit eines Preises für seine(n) Chefin entscheidet.
Was mich massiv stört ist diese Aussage: „Unsere App-Kunden haben die Festpreisvariante mit einer beeindruckenden Quote von über 80 % aller App-Bestellungen angenommen und sind zum großen Teil begeistert von dieser neuen Möglichkeit.“ Diese Quote gibt es nur, weil in der App als Standardeinstellung „Festpreistaxi“ drin ist. Wissen Sie eigentlich, wie viele Problem wir mit den Kunden hatten, die eigentlich nie einen Festpreis bestellt haben ? Wie kann man denn nur eine absolute Neuerung, die es vorher noch nie gab, als Standardeinstellung einstellen ohne sofort sichtbare Alternative?
Ein App-Besteller muss doch erstmal aktiv nach links wischen, um auf das Taxameter-Taxi zu kommen. Welcher Kunde weiss denn sowas ohne den kleinsten Hinweis in der App? Richtig wäre es gewesen, wenn Taxameter-Taxi als Standardeinstellung drin wäre und daneben FP-Taxi mit einem eingerahmten blauen „i“, wo der Kunde rauf drückt und sich die Informationen zum FP holen kann. Dann könnte er selber entscheiden was für ihn relevant ist und damit wäre es keine Quote von 80% gewesen.
Gibt es bei den Programmierern oder Taxi Berlin niemanden, der diese App nach Änderungen mal auf kunden- bzw. fahrerfreundliche Bedienung überprüft? Probieren Sie doch mal, einen Preis nachträglich zu ändern, wenn ein Kunde mit Taxi-Payment bezahlen will aber das zuvor versehentlich bestellte Festpreistaxi nicht haben wollte und man diese Fahrt mit Taxameter ausführt, bei dem es eine Preisdifferenz gibt! So etwas können nur technikaffine Kollegen hinkriegen. Am Ende der Fahrt und der Freischaltung am Funkgerät kommt nämlich beim FP-Taxi keine Möglichkeit der Preiseingabe mehr oder die Möglichkeit, etwas zu bestätigen oder ändern wie es bei Fahrten mit Taxameter gewesen wäre.
Nur ein technisch begabter Profi kriegt eine nachträgliche Änderung hin und das sind die wenigsten Kollegen. Einige Dinge wurden sowohl am Kunden als auch am Fahrer vorbei entwickelt und sind nicht nutzerfreundlich.
Das mit den 80% Zustimmung kommt doch nur durch die Voreinstellung in der App. Wenn man den Kunden im Taxi dann fragt, haben sie mit Festpreis bestellt, sagen 80% NEIN. Ich habe nichts gegen den Festpreis, ganz im Gegenteil, spart so manche Diskussion über die Strecke. Dann kann man auch mal die schnellere nehmen, anstatt die kürzeste. Das Problem ist aber, wenn der Kunde mit Payment bezahlt, ist es schon bezahlt bevor der Kunde eingestiegen ist und es gibt kein Trinkgeld.
Ich hatte gehofft, Herr Waldner äußert sich zu dem Kritikpunkt, warum Festpreisfahrten in der App an erster Stelle auftauchen, also dem Fahrgast praktisch aufgedrängt werden. Das ist das, was ich von den Kollegen am meisten höre, dass der Fahrgast gar nichts von dem gebuchten Festpreis weiß. Stattdessen liest der Artikel sich wie eine Werbehymne für Festpreise. Und das Wort Steinzeit ausgerechnet aus Herrn Waldners Munde, nun ja…
Wenn man Angst hat, aus datenschutzrechtlichen Gründen, Telefonnummer weiterzugeben, dann kann man auch Rufumleitungen einführen. Natürlich benötigt man dann genügend Nebenstellen.
München war ja die erste Stadt in Deutschland, die den Festpreiskorridor eingeführt hat. Bisher ziehe ich kein positives Fazit, denn meiner Meinung nach macht dies keinen Sinn ohne Einführung vom Mindesttarif für Mietwagen. Und die Taxler haben weniger Umsatz.
Warum kann man in der APP nicht gleichzeitig beide Option anzeigen? Einmal Festpreis und einmal mit Preisspanne (so wie früher). Dann kann sich der Kunde selbst entscheiden. Geht ja bei anderen APP’s auch.
Und es gibt auch einige Kunden, denen ist es egal, ob das Taxi 3 oder 4 Euro mehr kostet. Wichtig ist diesen Kunden, dass ein Taxi kommt.
@yps: Es tut mir leid, dass ich das ganz spontan nur aus meiner Erinnerung heraus so geschrieben habe. Auf Entscheiderebene saß dort eine geballte „Kompetenz“, die dieser Aussage (Ausrede) nicht widersprachen, obwohl sie es alle besser wissen müssten. Diese Aussage gilt daher trotzdem als geprochen und verkündet :-). Ich bin aber froh, dass sich tatsächlich noch Andere die Zeit genommen, sich das mal in voller Länge anzusehen. Dort sind auch äußerst interessante Aussage von der Finanzverwaltung und vom Zoll zu hören!!! Man kann es nicht glauben, wenn man es nicht selbst gehört hat.
Festpreis ist normalerweiße bei pflichtfahrgebiet verboten bei taxi, laut personenbeförderungsgesetz
Das mit der Antwortfunktion klappt hier gerade nicht, ich wollte uwe zitieren von 5 Kommentaren weiter oben.
Du meintest bei Festpreis würde in der taxi.eu app vorab bezahlt und es gäbe deshalb auch kein Tringeld. Das kann ich nicht bestätigen. Preiseingabe wie gewohnt, nur dass der Betrag schon vorab drinstand, wäre aber veränderbar gewesen (Zahleneingabefeld erschien) und der Fahrgast hat wie bei anderen taxi.eu-payments auch bestätigt. Trinkgeld gabs auch.
Hallo yps, die Aussage von Uwe stimmt. Bei einem hinterlegten Zahlungsmittel in der Taxi.eu App und Bestellung mit FP und Bezahlung mit der App hat man am Ende der Fahrt KEINE Möglichkeit der Fahrpreiseingabe mehr. Normalerweise kommt das Eingabefeld mit der Auswahl Stadtfahrt, Kurierfahrt usw. Bei Payment-Zahlung und FP nicht. Steigt der Fahrgast ein und man drückt auf „Besetzt“, ist der Betrag beim FG gebucht.
Ich habe es diese Woche gerade wieder erlebt.
Es ist eines der Dinge, die auch ich in meinem obigen Text kritisiert habe.