Die Taxen-Union Hamburg hatte vergangene Woche zum Glückstädter Kreis geladen. Bei dem alljährlichen Branchentreff konnte das Gewerbe eine enorme Fülle an aktuellen Themen diskutieren.
Über einige besonders herausragende Themen haben wir bereits berichtet, konkret über den drohenden Verlust des „Taxifahrer-Gens“, die Diskussion über den Anachronismus der Taxameter und deren Eichung, die Interpretation der TSE aus Sicht eines Kassenanbieters, die Hemmnisse bei der Ausweitung der Anzahl an Inklusionstaxis oder auch das Damoklesschwert der KUG-Nachprüfung. Die weiteren wichtigen Themen dieser Tagung sollen nun nachfolgend zusammegefasst werden.
Hermann Waldner vom Bundesverband Taxi und Mietwagen (BVTM) brachte interessante Prozentzahlen nach Glückstadt mit. Er berichtete davon, dass das Taxi in den deutschen Großstädten, in denen auch Uber und Bolt aktiv sind, von deutlichen Auftragsrückgängen betroffen ist. Tatsächlich sei bei den Bestellfahrten eine Verdrängung des Taxis festzustellen. München melde beispielsweise Umsatzrückgänge von mehr als einem Drittel in den vergangenen fünf Jahren, Berlin knapp die Hälfte, Köln ein bisher recht moderates Fünftel, Frankfurt am Main ca. die Hälfte. Die Einführung von Tarifkorridoren oder Planungen für Mindestpreisregelungen für Mietwagen würde zwar sicherlich gewisse Erfolge zeitigen, wichtig sei aber vor allem auch, dass das Taxi seine eigentliche Stärke in die Waagschale werfe und flächendeckende vereinheitlichte Bestelloptionen per App sowie die entsprechenden Rechnungslegungen ermögliche. Ohne Internet, Festpreis und bargeldloses Zahlen sei das Gewerbe mittelfristig tot.
Ein erster Schritt dazu sei das Zusammengehen von FMS, gefos und Seibt & Straub. Mittelfristig müssen hier aber auch die Regionen ohne große Zentralen integriert werden. Unternehmen wie SAP erwarten schon jetzt ohne Ausnahme eine einheitliche Reisekostenabrechnung von ihren Lieferanten. Insofern wird es ohne die Kooperation auch mit den Akteuren in der Fläche wie taxi.de, SUE oder MPC nicht gehen.
Thomas Krause (Linne+Krause) stellte als gewerbebekannter Marktbeobachter für die Taxibranche seine Perspektive zum Wettbewerb zwischen Taxis und plattformgesteuerten Mietwagen in den Metropolen vor. Auch wenn Mindestpreisregelungen für Mietwagen dabei wohl nicht der Weisheit letzten Schluss und weitere flankierende Maßnahmen nötig und denkbar seien, habe die skeptisch betrachtete Umsetzung einer Mindestpreisregelung für Leipzig offensichtlich den Effekt gehabt, dass der Heuschreckenschwarm der Mietwagen die Stadt wieder verlassen habe.
Dirk Ritter als Vertreter der Stadt Hamburg wies in diesem Zusammenhang darauf hin, wie wichtig es für die elfenbeinfarbenen Akteure sei, eine wirklich legale Alternative zu dem Raubtierkapitalismus und der sozialen Ausbeutung seiner Mitbewerber darzustellen. Sei diese nicht gegeben, gäbe es für behördlich engagierte Protagonisten wie ihn eigentlich keinen vernünftigen Grund, das klassische Taxi gegen Plattformanbieter zu schützen. Diese Einschätzung unterstützte auch BVTM-Geschäftsführer Michael Oppermann. Er wies aber parallel darauf hin, dass eine gestaltende Stadt das enger regulierte Taxigewerbe auch einfacher gestalten könne, da sich die freieren Mietwagen deren Einfluss weitgehend entzögen. Hier profitiere eben die Legalität. Die Berliner konnten dazu berichten, dass ihr regierender Bürgermeister und seine Verkehrssenatorin inzwischen Regulierung wollen und Festpreisregelungen oder Mindestpreise forcieren.
Beim Thema ÖPNV-Taxi wurde offensichtlich, dass es zum einen noch viel Aufklärungsbedarf gibt, und zum anderen Stadt, Land und Metropolen hier sehr unterschiedliche Bedürfnisse haben und auch vertreten müssen. Ein Bild, welches zumindest zukünftig nicht mehr der Realität entsprechen kann, entwarf dabei einer der wenigen Teilnehmer vom platten Land. Er stellte sich vor, dass er beim ÖPNV-Taxi kilometerweit leer hinter einem fast ebenso leeren Bus hinterherzufahren habe, um an der Endhaltestelle dessen einzigen Fahrgast zu übernehmen, um diesen dann auf dem letzten Kilometer nach Hause zu befördern. So lässt sich natürlich keine Mobilitätsalternative sinnvoll realisieren. Könnten allerdings beispielsweise Anschlusssammelverkehre initiiert werden, wo auch ein Zug genau dort hält und umkehrt, wo seine Effizienz als Beförderungsgefäß endet und (Großraum-)Taxis übernähmen dann die Weiterbeförderung, dann sähe das schon ganz anders aus.
Bei der Mobilitätswende und der möglichen Integration des äußerst flexiblen Taxis in dessen Umsetzung geht es ja eben darum, gemeinsam mit den Kommunen in Stadt und Land herauszufiltern, wo die Beförderungslogistik im Laufe der Jahrzehnte ineffizient geworden ist und sich mit alternativen Konzepten in der Summe vielleicht sogar Geld sparen lässt, ohne dass die ausführenden Aufgabenträger unökonomisch agieren müssen. Nachdem in den vergangenen Jahren große Anteile der durchaus reichlich verfügbaren Fördergelder in aufgesetzten Konzepten versenkt wurde, die in dem Augenblick, in dem der reiche Förderquell versiegt, aufgeben müssen, muss jetzt das Taxigewerbe selbst diese einmalige Chance beim Schopfe zu fassen bekommen. rw
Das Beitragsfoto zeigt die Teilnehmer des Glückstädter Kreises, benannt nach der Stadt, wo sich die Vertreter der norddeutschen Taxiverbände alljährlich treffen. Foto: Taxi Times