Die Digitalisierung schreitet voran und auch im Taxi wird immer häufiger mit Karte gezahlt. Viele Unternehmen bitten ihre Kunden aber nach wie vor, Trinkgelder im Taxi möglichst bar zu zahlen. Ist das die bessere Lösung?
Als Ergebnis, Trinkgeld bar zu bevorzugen, klagen Fahrerinnen und Fahrer über sinkende Trinkgeldeinnahmen, denn viele Kunden haben gar kein Bargeld mehr bei sich. Wie aber lässt sich alternativ unbares Trinkgeld auf Karte in den Betriebsablauf integrieren?
Kartenzahlungen sind im rollenden Taxi- und Mietwagengewerbe oftmals unbeliebt, da damit zum einen mehr Buchhaltungsaufwand entsteht und zum anderen die Technik der mobilen Kartenlesegeräte gerade in der Anfangszeit auch nicht immer zuverlässig funktionierten – und im engen Raum des Taxis auch kaum Platz fanden. Zusätzlich ist Bargeld zumindest bei den so genannten semiprofessionellen Gewerbetreibenden nach wie vor das Zahlungsmittel der Wahl, denn ohne einen hohen Bargeldanteil funktionieren viele Geschäftsmodelle einfach nicht so gut.
Allerdings schreitet die Digitalisierung auch im Lande der Dichter und Bedenkenträger inzwischen mit Riesenschritten voran, und so kann sich auch das klassisch bargeldverliebte mobile Gewerbe der Fahrgastbeförderung seine vornehme Abstinenz zum Thema kaum noch leisten. Da, wo aber Unternehmen umdenken, hemmen oftmals die Mitarbeitenden den Fortschritt, denn sie fürchten um ihre Trinkgeldeinnahmen, die schnell ein Viertel oder auch ein Drittel ihres Nettoeinkommens ausmachen können.
Schon im vergangenen Jahr hatte sich Taxi Times mit der Kultur des Trinkgeldes auseinandergesetzt. Inzwischen haben aber zahlreiche Studien belegt, dass bei der Option, im Rahmen einer Kartenzahlung auch unbar Trinkgeld zu geben, die Befürchtungen des Absinkens des Trinkgeldschnitts unbegründet sind. Bei bargeldlosem Bezahlen werde tendenziell sogar großzügiger aufgerundet. Daher muss die Branche, wenn sie nicht auf dem Abstellgleis der Geschichte landen will, nun auch das bargeldlose Trinkgeld eher gestern als heute in ihre Abrechnungssysteme integrieren, auch um dem viel zitierten Fahrermangel offensiv zu begegnen.
Allerdings machen das Bundesfinanzministerium (BMF), aber auch die Anbieter der Kartenterminals es den Unternehmen nicht ganz leicht, hier zukunftsfest aufzutreten. Auch die offensichtlich unverzichtbare Portion des gesunden Halbwissens macht es ihnen nicht leichter, und wer möchte solche Themen dann schon im Rahmen einer Betriebsprüfung mit den Finanzbeamten diskutieren. Daher gilt es, gerade beim Umgang mit dem unbaren Trinkgeld von Anfang an ein blitzsauberes und somit unangreifbares System zu etablieren.
Es geht los mit der Definition der Steuerfreiheit beim Trinkgeld. Voraussetzung ist, dass das sogenannte „Tip“ vom Kunden freiwillig und über die normale Rechnungssumme hinaus erbracht wird, und dass der Empfänger die honorierte Leistung nicht als selbstständiger Unternehmer erbracht hat, sondern in einem Anstellungsverhältnis steht. Für selbstständige Unternehmer sind Trinkgelder dementgegen stets steuerpflichtige Einnahmen, was im Rahmen von Betriebsprüfungen auch regelmäßig überprüft wird.
Geregelt ist dies alles im Paragrafen 3 Nr. 51 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Danach stellt der Gesetzgeber solche Trinkgelder steuerfrei, die anlässlich einer Arbeitsleistung Arbeitnehmern einschließlich GmbH-Geschäftsführern von Dritten freiwillig (und ohne, dass ein Rechtsanspruch auf sie besteht) zusätzlich zu dem Betrag gegeben werden, der für diese Arbeitsleistung zu zahlen ist (BFH-Urteil vom 18.06.2015, BStBl. II 2016 S. 751). Diese Steuerfreiheit gilt seit 2002 ohne betragsmäßige Begrenzung. Die Art der Zahlung, sprich bar oder unbar, ist dabei ohne Bedeutung, und auch ein persönlicher Kontakt zum Trinkgeldgeber wird nicht zwingend gefordert.
Auch bare Trinkgelder dürfen übrigens quittiert werden, wenn sie auf der Quittung separat mit dem Umsatzsteuersatz Null ausgewiesen werden, falls es sich um angestellte Trinkgeldempfänger handelt. Andernfalls würde auch für sogenannte Kleinbetragsrechnungen die Umsatzsteuer fällig. Selbständige müssten hier natürlich eh den Regelsteuersatz von 19 Prozent ausweisen. Eine ähnliche Pflicht zur Differenzierung liegt auch bei unbaren Trinkgeldern vor. Zwingend erforderlich ist auch hier die Abgrenzung zwischen steuerpflichtigem Umsatz und steuerfreiem Trinkgeld. Diese Differenzierung offerieren viele Terminalanbieter ihren Kunden jedoch inzwischen schon über ihre Abrechnungsportale. Das Trinkgeld kann so in der Buchhaltung als „durchlaufender Posten“ erfasst und so bargeldlos mit der Lohnauszahlung an die Mitarbeiter wieder ausgekehrt werden.
Das Thema des unbaren Trinkgeldes hat dabei zwar noch keinen Einzug in die Gesetze gehalten. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat aber schon 2015 festgestellt, dass die nachgelagerte Auszahlung der Trinkgelder durch den Arbeitgeber grundsätzlich nicht deren Steuerfreiheit auf Seiten des Arbeitnehmers sperrt (BFH-Urteil vom 18.06.2015, BStBl. II 2016 S. 751). Danach kann der Unternehmer die Trinkgelder zunächst per Kreditkarte einnehmen und später steuerfrei an den konkreten Arbeitnehmern ausbezahlen, wenn denn eine ausreichende Dokumentation gewährleistet ist.
Natürlich spielt auch beim Thema Trinkgeld wieder die TSE-Pflicht eine Rolle, denn wer unbare Trinkgelder eines Arbeitnehmers über ein elektronisches Aufzeichnungssystem des Arbeitgebers verbucht, muss den Geschäftsvorfall nach Auffassung der Finanzverwaltung zwingend mittels TSE absichern. Die nachgelagerte Auszahlung der Trinkgelder durch den Arbeitgeber sperrt dabei wie gesagt jedoch grundsätzlich nicht deren Steuerfreiheit auf Seiten des Arbeitnehmers (BFH-Urteil vom 18.06.2015, BStBl. II 2016 S. 751).
Besonders eingehend hat sich die Zentrale der Handwerkskammern in einem Praxistipp mit dem Thema auseinandergesetzt, der zur vertiefenden Lektüre für interessierte Unternehmen unbedingt zu empfehlen ist: ZDH-Praxistipp: Trinkgelder und Kassenführung (August 2022). Wünschenswert wäre hier natürlich eine entsprechende gewerbegerechte Aufarbeitung durch die für Taxis und Mietwagen zuständigen Handelskammern (IHK).
Es ist also nicht schwierig, bei Kartenzahlungen auch Trinkgelder bargeldlos zu akzeptieren und bargeldlos als steuerfreie Einnahme mit der Monatsabrechnung an die Mitarbeiter weiterzuleiten. Etwas komplexer ist es wahrscheinlich, solche Trinkgelder direkt zum Feierabend bar auszuzahlen, ohne in Konflikt mit der Buchhaltungspflicht zu geraten. Aber ob so oder so, die Unternehmen tun sich hier wohl einen großen Gefallen, wenn sie diese Option für ihre Mitarbeiter zeitnah umsetzen und diesen so die Chance auf höhere Trinkgelder ermöglichen. rw
Beitragsfoto: Remmer Witte