Die Berliner Taxi-„Innung“ stellt seit einiger Zeit ihren Mitgliedern ein E-Taxi zum Ausprobieren als Leihtaxi zur Verfügung. In einem Webinar zog der Vorsitzende Leszek Nadolski ein erstes Fazit.
Im Webinar „Zukunftstaxi E-Fahrzeuge im Taxibetrieb – Austausch mit Unternehmern“ berichtete Nadolski als einer von fünf Referenten und unter der Moderation von Taxi-Times-Redakteur Simon Günnewig von seinem Projekt eines elektrisch angetriebenen Nissan Leaf als Testfahrzeug.
Das Fahrzeug ist seit November 2020 zugelassen, und seitdem hätten insgesamt elf Unternehmer von der Testmöglichkeit zum Selbstkostenpreis Gebrauch gemacht, berichtet Nadolski. Das Feedback sei überwiegend positiv. So habe einer der beteiligten Unternehmer nach dem Test ein Plug-in-Hybrid-Taxi angeschafft, ein weiterer ein elektrisches London-Taxi, das nun auf Berlins Straßen unterwegs ist. Nadolski freut sich, zu diesen Kaufentscheidungen mutmaßlich beigetragen zu haben.
Leider müsse man gegenüber den Unternehmern, die häufig große Vorbehalte gegenüber der Elektromobilität hätten, im Vorfeld viel Überzeugungsarbeit leisten, um dann hinterher meist zu hören zu bekommen: „Ich wusste gar nicht, dass das so einfach ist.“
Ein Problem ist laut Nadolski die unterentwickelte Ladestruktur Berlins, dem man ebenfalls im vergangenen Jahr – in Zusammenarbeit mit Taxi Berlin – durch das Aufstellen eigener Ladesäulen auf dem gemeinsamen Parkplatz begegnet ist. Dennoch müssen Fahrer laut Nadolski die Ladeanzeige auf dem Armaturenbrett im Auge behalten und aufgrund der Notwendigkeit von Schnelllademöglichkeiten von Zeit zu Zeit auf die Ladesäulen von Discountern (Ikea, Kaufland, Lidl) zurückgreifen, die dies glücklicherweise ermöglichen.
Auch gegenüber der Senatsverwaltung habe die „Innung“ den Wunsch nach mehr Schnellladesäulen geäußert, was demnächst in Zusammenarbeit mit der Agentur für Elektromobilität als Projekt an den Start gehen soll. Es tue sich also etwas in der Stadt.
Demnächst sollen die ersten zwei Schnellladesäulen an einem Taxihalteplatz oder in dessen unmittelbarer Nähe in Betrieb gehen. Dann werde sich zeigen, wie die Berliner Unternehmer darauf reagieren, so Nadolski. Die elf Testteilnehmer seien zumindest fast ausnahmslos bestens mit dem Fahrzeug klargekommen.
Der Verbrauch liege bei 17 bis 18 Kilowattstunden auf 100 Kilometern. Eine Kilowattstunde sei bei billigem (langsamem) Laden bereits für 39 Cent erhältlich, bei schnellem Laden können 59 oder sogar 79 Cent fällig werden. Das ergibt rechnerisch bei der preisgünstigen Variante Stromkosten von knapp 7 Euro, bei den teuren Varianten von 10 bzw. knapp 14 Euro für 100 Kilometer. Die Batterie des Versuchstaxis fasst in etwa 62 Kilowattstunden, was im Stadtverkehr eine Reichweite von 350 Kilometern ergebe.
Aus seiner persönlichen Erfahrung erzählte Nadolski mit Humor, für ihn als Mercedes-gewohnten Taxler sei es eine gewisse Überwindung gewesen, mit dem Nissan zu fahren, aber für etwas schlankere Personen sei der Nissan auch sicherlich ein bequemes Auto mit Platz für drei Personen auf der Rückbank, was während der Corona-Krise naheliegenderweise kaum vorkomme. Das Kofferraumvolumen biete Platz für maximal zwei Koffer. Mit einem Rollstuhl bekomme man schnell Probleme. Für Kranken- und Impffahrten dagegen sei der Nissan Leaf gut geeignet.
Insgesamt ist Nadolski mit dem Fahrzeug zufrieden. Er hofft nun auf einen zügigen Ausbau der Ladeinfrastruktur. Der nächste Wagen, den er sich anschaffen wird, sei in jedem Fall vollelektrisch. ar
Beitragsfoto: Leszek Nadolski