Die Hoffnung des Taxigewerbes auf den Bundesrat hat sich zerschlagen. Ohne Änderung wurde der Gesetzentwurf des Bundestags am vergangenen Freitag auch vom Länderparlament durchgewunken. Somit bleiben eine Menge Fragen.
Es wird nun sehr spannend sein, wie die am Markt aktiven Taxameter-Hersteller diese Verordnung interpretieren, denn die Unternehmen können ja nichts einbauen, was sie nicht kaufen können. Die Hersteller wissen wiederum um den finanziellen Druck der Branche und wollen sicherlich gern Lösungen präsentieren, die in Software-Updates münden, ohne dass das Gewerbe flächendeckend neue Hardware kaufen muss.
Das rein softwarebasierte Angebot, die Schnittstellen aktueller Taxameter zu nutzen, um von dort dann die Daten vermeintlich schon jetzt verordnungskonform zu speichern oder zumindest schnell und kostengünstig darauf reagieren zu können, ist ebenfalls noch ein zweischneidiges Schwert. Denn diese Anbieter müssen sich immerhin noch die Frage gefallen lassen, ob eine solche Schnittstelle den Ansprüchen der Finanzbehörden genügen kann, wenn dieser Datenfluss taxameterseitig beliebig an- oder abgestellt werden kann. Über eine entsprechende Absolution verfügen auch sie hier nicht. Es wäre also mehr als wünschenswert, wenn hier zeitnah wieder die Klarheit für die Branche geschaffen werden könnte, die doch eigentlich schon erzielt war. Es wird wieder unklar.
Die neue Verordnung mag es gut meinen, im Ergebnis wirft sie aber mehr Fragen auf, als dass sie Antworten gibt. Und weder Prüfer noch Unternehmen sind zu beneiden, wenn sie denn in immerhin nur noch zweieinhalb Jahren vor der Aufgabe stehen, zu bewerten, ob das Unternehmen sich in der Vergangenheit rechtskonform verhalten hat oder ob eine Schätzungsnotwendigkeit besteht. Nicht nur die Justiz wird sich bedanken, wenn zwangsläufig jede Betriebsprüfung in Taxiunternehmen zwangsläufig vor Gericht endet, obwohl grundsätzlich korrekt abgerechnet wurde, dafür aber das falsche Tool genutzt wurde.
Vielleicht ist in diesem Hin und Her zwischen Eich-, Finanz- und Ordnungsbehörden, zwischen PTB und MID-Zertifizierung doch das ominöse „KSS“, das „konformitätsbewertete softwarebasierte System“, welches GPS- anstatt Fahrdaten zur Fahrpreisermittlung nutzt, die einzige zeitgemäße Lösung – gerade in Zeiten, in denen Google scheinbar eh immer den tatsächlich nächsten Weg kennt und Ortskenntnisse für Taxifahrer*innen angeblich obsolet sind. Navis und KSS basieren auf denselben GPS-Daten, warum also vertraut das PBefG dem Navi, nicht aber einem GPS-basierten Taxameter?
Natürlich entzieht sich eine GPS-basierte APP der Kontrolle einer deutschen Behörde, aber solange Eichämter teilweise noch mit Messstrecken statt geeichten Rollenprüfständen arbeiten, ohne dass vorher der exakte Reifenumfang festlegt ist (sind es 2mm oder 8mm Profil, Winter- oder Sommerreifen?), dann ist das eigentlich auch nicht das Hauptdilemma.
Das Wort „konform“ beschreibt immerhin nur die Gleichmäßigkeit verschiedener Einheiten, und die kann wahrscheinlich niemand besser als Google garantieren, solange jeweils die gleichen GPS-Daten als Datenbasis zur Verfügung stehen. Und wenn´s GPS denn mal ausfällt, denn ist das eben so, nix hält ewig. rw
Bisher erschienene Beiträge zur Reform der Kassen-Sicherungs-Verordnung (in chronologischer Reihenfolge)
01.10.18: Fiskaltaxameter: Zeitpunkt für Aufnahme ins Kassengesetz weiterhin ungewiss
07.04.21: Referentenentwurf: INSIKA wird zum Auslaufmodell
12.04.21: Manipulationssichere Taxameter: die Suche nach der eierlegenden Wollmilchsau
14.04.21: Taxameter + Kasse: Expertenkritik am Referentenentwurf
17.05.21: Nachts um 4.50 Uhr: Politik entscheidet über Taxameter als Kasse
26.05.21: Bundestag beschließt neue Taxameter-Regelung
27.06.21: Bundesrat stimmt der Kassen-Sicherungs-Verordnung zu
28.06.21: Kommentar: Es bleiben viele Fragen offen
11.07.21: Der BVTM erklärt die praktischen Konsequenzen
17.09.21: Die Einschätzung des Finanzexperten Edo Diekmann
14.10.21: Gibt es Alternativen zu INSIKA?