Ein Arbeitnehmer erscheint an seinem ersten Arbeitstag nicht zur Arbeit, sondern meldet sich krank. Ohne Arbeit keine Entgeltfortzahlungspflicht, entschied dazu ein Landessozialgericht. Ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis entstehe erst nach einer vierwöchigen Wartezeit und nicht schon mit Abschluss des Arbeitsvertrages.
Viele Taxler kennen das Problem: Man freut sich, endlich einen neuen Mitarbeiter gewonnen zu haben und dann, gleich am ersten Arbeitstag, kommt der Neue nicht zur Arbeit. Gerade aktuell, wo es oftmals schwierig ist, Mitarbeiter für das Taxi- und Mietwagengewerbe zu gewinnen, ist solch eine Erfahrung besonders ärgerlich. Die Zeichen stehen so auf Neustart bei der Mitarbeitersuche und zumindest in kleineren Betrieben müssen Chef oder Chefin parallel auch erst mal wieder selbst los, um die eigentlich für den Neuen geplanten Fahrten zu erledigen.
So weit, so doof. Was aber, wenn im Laufe des Tages auch noch ein gelber Schein ins Haus flattert bzw. die Nachricht, dass eine elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung im Krankenkassenportal vorliegt? Ist der Taxibetrieb dann auch schon lohnfortzahlungspflichtig? So geschehen bei einem Reinigungsunternehmen aus Niedersachsen, wie der dortige Gesamtverband Verkehrsgewerbe (GVN) jüngst berichtete. Ein Lagerist unterschrieb einen Arbeitsvertrag bei dem Unternehmen, trat die Arbeit jedoch nie an, da er sich schon am ersten Arbeitstag krankmeldete. Der neue Arbeitgeber war immerhin gewieft genug und kündigte das Arbeitsverhältnis, zwei Wochen später, innerhalb der Probezeit.
Wäre hier eine Entgeltzahlungspflicht entstanden, wäre allerdings nicht der Arbeitgeber, sondern zunächst nur die Krankenkasse entgeltzahlungspflichtig. Nur diese wird bei einer Erkrankung innerhalb der ersten vier Wochen nach Beschäftigungsbeginn eintrittspflichtig und zahlt das reduzierte Krankengeld. Die Lohnfortzahlungspflicht für den Arbeitgeber entsteht erst am ersten Tag nach Ablauf dieser Vierwochenfrist. Insofern richtete der Lagerist seinen Anspruch hier also zunächst gegen seine Krankenkasse.
Die Krankenkasse lehnte die Zahlung von Krankengeld in der Folge jedoch mit der Begründung ab, es habe kein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis bestanden, da der Kläger keinen einzigen Arbeitstag gearbeitet und damit kein Einkommen erzielt habe. Der Mann verklagte daraufhin das Unternehmen und verlangte die Anmeldung zur Sozialversicherung ab dem Beginn des Arbeitsvertrags. Er vertrat die Auffassung, dass bereits durch den rechtsgültigen Arbeitsvertrag, der auch eine Entgeltzahlung vorsieht, ein Beschäftigungsverhältnis zustande gekommen sei, auch wenn er die Arbeit zunächst wegen Krankheit nicht antreten konnte.
Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (LSG) bremste diesen Anspruch des Lageristen jedoch aus. Laut LSG müsse ein Arbeitgeber die Anmeldung zur Sozialversicherung erst dann vornehmen, wenn der Arbeitnehmer Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall hat. Dieser Anspruch entsteht bei neuen Arbeitsverhältnissen gemäß Paragraf 3 Absatz 3 Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) aber erst nach einer vierwöchigen Wartezeit. Diese gesetzliche Regelung solle eben die hier vorliegende Konstellation verhindern, bei der Arbeitgeber die Kosten der Lohnfortzahlung für Arbeitnehmer tragen müssen, die direkt nach der Einstellung erkranken. Der Gesetzgeber habe eine solche Pflicht als unbillig angesehen (LSG Niedersachen, 21. Januar 2025, Az. L 16 KR 61/24).
Unabhängig davon musste der Mann sich auch erst an seine Krankenkasse wenden, bevor er seinen Arbeitgeber verklagt, so das Gericht. Der Mann war in dem streitigen Zeitraum nach wie vor über seine Ehefrau familienversichert, bei einer Familienversicherung gibt es aber natürlich keine Ausgleichsleistungen im Krankheitsfall. Die Ansprüche des Arbeitsnehmers wurden so also geklärt. Wie aber muss der Arbeitgeber hier agieren, um hier nicht doch in eine gegebenenfalls teure Falle zu tappen?
Da das Taxi- und Mietwagengewerbe ja der Sofortmeldepflicht bei neuen Beschäftigungsverhältnissen unterliegt, ist einfaches Abwarten des Ablaufs der Vierwochenfrist hier keine Option. Soll also ein neuer Fahrer oder eine neue Fahrerin eingestellt werden, egal ob in Festanstellung oder zur Aushilfe, muss spätestens zu Beschäftigungsbeginn eine Sofortmeldung abgegeben werden, was dann jedoch oftmals auch schon vorher erfolgt und auch erfolgen darf.
Eine solche Sofortmeldung ist im rechtlichen Sinn letztlich jedoch nur eine Absichtserklärung, die schadlos storniert werden kann, wenn der Arbeitnehmer die vereinbarte Stelle gar nicht antritt. Ähnliches gilt für den Arbeitsvertrag, in dem zwar eine Anstellung vereinbart wird, diese aber eben nicht zustande kommt, weil der Vertragspartner seinen Teil der Vereinbarung nicht erfüllt und die Arbeitsstelle nicht antritt.
Kommt es also zu der Konstellation, dass ein Arbeitsvertrag geschlossen wird und auch die notwendige Sofortmeldung abgegeben wurde, bevor der neue Arbeitnehmer dann doch nicht zur Arbeit erscheint, ist lediglich eine schriftliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses – innerhalb der Probezeit und somit auch ohne Angabe von Gründen – sowie eine Stornierung der Sofortmeldung notwendig, um den Arbeitgeber anspruchsfrei zu stellen.
Und was hätte gegolten, wenn der Lagerist auf dem Weg zur ersten Schicht vom Fahrrad gefallen wäre und sich arbeitsunfähig verletzt hätte? Dazu schreibt das Informationsportal Arbeitgeber der Sozialversicherung: „Sollte Ihr Arbeitnehmer auf dem Weg zu seinem ersten Arbeitstag verunfallen, kann es sich um einen Wegeunfall handeln. In diesem Fall übernimmt die Berufsgenossenschaft als Unfallversicherung die Zahlung von Verletztengeld. An den Regelungen zur Entgeltfortzahlung und zum Beschäftigungsbeginn ändert dies jedoch nichts.“ Somit ist also auch diese Konstellation ordentlich geregelt.
Tritt der Arbeitnehmer allerdings die ersten Schichten noch an, nur um danach nicht mehr zu erscheinen, entstünde allerdings schon ein Lohnfortzahlungsanspruch, falls der Arbeitnehmer sich anschließend krankmeldet. Innerhalb der ersten vier Wochen des Beschäftigungsverhältnisses richtet sich dieser Anspruch jedoch nicht gegen den Arbeitgeber, sondern ausschließlich gegen die Krankenkasse.
Innerhalb der ersten vier Wochen nach Beschäftigungsbeginn ist es also vor allem wichtig, so schnell wie möglich die Probezeitkündigung auf den Weg zu bringen, um sich auch für den Zeitraum nach Ablauf der vier Wochen anspruchsfrei zu stellen. Die Kündigungsfrist beträgt dann immerhin schon zwei Wochen, bevor das Beschäftigungsverhältnis beendet werden kann. Daher ist also gegebenenfalls auch Eile bei der Entscheidung angesagt, denn Abwarten könnte schon teuer werden. Gerade durch fehlende Kündigungen machen sich viele Arbeitgeber oftmals unnötig angreifbar. Es ist zwar der Arbeitnehmer, der einfach nicht mehr zur Arbeit erscheint, trotzdem bedarf jedes Arbeitsverhältnis einer schriftlichen Kündigung, wenn es als abgeschlossen gelten soll. Fehlt diese Kündigung, kann das Unternehmen in der Zukunft noch in Teufels Küche kommen. rw
Beitragsfoto: Remmer Witte