Die Bunderegierung hat über die Arbeitsagenturen angeordnet, dass bei durch das Corona-Virus verursachten Arbeitsausfällen ein Anspruch auf Kurzarbeitergeld gewährt werden kann, ausdrücklich auch für das Taxigewerbe. Wir zeigen, was dabei beachtet werden muss.
Bevor man Kurzarbeit beantragt, müssen betriebsintern folgende Dinge geklärt werden:
- Vor der Beantragung durch den Arbeitgeber bei der Agentur für Arbeit ist zunächst mit den Beschäftigten zu klären, ob ein Arbeitsausfall beispielsweise durch das Gewähren bezahlten Erholungsurlaubs verhindert werden kann. Dem dürfen allerdings vorrangige Urlaubswünsche der Arbeitnehmer nicht entgegenstehen. Bestehen noch übertragbare Urlaubsansprüche aus dem Vorjahr, sind diese grundsätzlich zur Vermeidung der Zahlung von Kurzarbeitergeld einzubringen.
- Mit jedem einzelnen Beschäftigten muss eine „Mitarbeiter-Vereinbarung zur Kurzarbeit“ getroffen werden, um die Einführung von Kurzarbeit zu ermöglichen. Auch Änderungskündigungen sind dazu eine Möglichkeit. Der Arbeitnehmer muss der Kurzarbeit nicht zustimmen. In diesem Fall bliebe nur die Möglichkeit einer Kündigung.
- Kurzarbeitergeld wird nicht gewährt an Beschäftigte, die nicht arbeitslosenversicherungspflichtig beschäftigt sind, z. B. Taxifahrer oder Call-Center-Mitarbeiter, die bereits Alters-Rentner sind, und nicht an Beschäftigte, die Krankengeld beziehen (Ausnahme: Erkrankung während des Bezuges von Kurzarbeitergeld).
Wo und wie muss Kurzarbeit angemeldet werden?
- Die Anzeige über den Arbeitsausfall ist schriftlich bei der Agentur für Arbeit zu erstatten, in deren Bezirk der Betrieb liegt. Dies ist zwischenzeitlich bei der Arbeitsagentur auch online möglich, allerdings ist das Prozedere etwas umständlich. Sie können sich zwar sofort registrieren und online gehen, können aber zunächst einmal keine Formulare ausfüllen. Erst nachdem Sie postalisch eine PIN erhalten, können Sie sich in „Mein Profil“ und dort unter „Benutzerkonto“ mit der PIN freischalten.
- Daher machen wir an dieser Stelle folgenden Alternativ-Vorschlag, wie es sofort losgehen kann: Gehen Sie auf die Website https://www.arbeitsagentur.de/unternehmen/finanziell/kurzarbeitergeld-arbeitgeber-unternehmen und laden Sie dort unter „downloads“ die wichtigsten Formulare zum Ausfüllen herunter.
- Um der Arbeitsagentur den Arbeitsausfall zu melden, müssen Sie das Formular „Anzeige über Arbeitsausfall“ ausfüllen. Danach berechnen Sie die Höhe des Kurzarbeiterentgeltes wie oben beschrieben, um dann den eigentlichen Antrag auf Kurzarbeitergeld stellen zu können. Dem Antrag, der die Summe des von Ihnen an alle Beschäftigten gezahlten Kurzarbeitergeldes anfordert, ist eine Kug-Abrechnungsliste anzufügen, in der das gezahlte Kug je Mitarbeiter aufgelistet ist.
Ab wann kann man das modifizierte Kurzarbeitergeld beantragen?
Sofort. Das Gesetz wurde am 14.03.2020 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Die Regelungen treten rückwirkend zum 1. März 2020 in Kraft. Es wird auch rückwirkend ausgezahlt. Ansprechpartner ist die Agentur für Arbeit vor Ort. Der Antrag auf Kug ist innerhalb einer Ausschlussfrist von 3 Monaten zu stellen. Die Frist beginnt mit Ablauf des Kalendermonats, für den das Kug beantragt wird.
Wie errechnet sich das Kurzarbeitergeld?
- Grundsätzliches: Die Berechnungsgrundlage sind immer Arbeitsstunden. Einerseits Stunden, in denen der Lohn normalerweise erzielt wird und andererseits die reduzierte Arbeitszeit in der Kurzarbeit. Im produzierenden Gewerbe ist das ganz einfach definiert, da stehen Bänder still. Dagegen wird Umsatz im Taxigewerbe durch den Einsatz von Arbeitszeit generiert. Doch in Zeiten des öffentlichen Stillstands ist ausreichend Umsatz in angemessenen Arbeitszeiten unmöglich. Wenn die Nachfrage in Nachtschichten nahezu nicht mehr vorhanden ist, muss sich die gesamte Belegschaft die wenigen Stunden am Tag teilen und alle müssen auf Arbeitsstunden und Umsatz verzichten.
- Den Lohn und das Kurzarbeitergeld (Kug) müssen Sie an Hand von zwei Tabellen, einer Tabelle für pflichtversichert Beschäftigte, einer Tabelle für Mini-Jobber, die keine Sozialversicherungsbeiträge zu entrichten haben, ausrechnen.
Der im Normalfall erzielte Lohn ist das Soll-Entgelt, das tatsächlich in Kurzarbeit erzielte Brutto-Arbeitsentgelt das Ist-Entgelt. Für beide finden Sie in den Tabellen eine Rechengröße, den “rechnerischen Leistungssatz“, den Sie für die Ermittlung der Höhe des Kug benötigen. Der Unterschiedsbetrag zwischen den aus dieser Tabelle abgelesenen Leistungssätzen ergibt das Kug für den jeweiligen Kalendermonat.
Das folgende Schema soll den Sachverhalt verdeutlichen:
Quelle: https://www.lohn-info.de/kurzarbeitergeld_berechnung.html
- Ein Rechenbeispiel: Nehmen wir einen Taxifahrer, Lohnsteuerklasse III, Kinderfreibetrag 1,0 der unter normalen Bedingungen monatlich 1.250,00 € verdient, sein Soll-Entgelt im Kalendermonat. Diesem Verdienst wird für die Kug-Berechnung ein rechnerischer Leistungssatz zugeordnet, den Sie der genannten Berechnungs-Tabelle entnehmen können. Einem Lohn von 1.250,00 € wird ein Leistungssatz in Höhe von 675,00 € zugeordnet.
Der Taxifahrer verdient durch sein reduziertes Taxifahren während des Bezuges von Kug allerdings nur 625,00 €, das ist dann sein Ist-Entgelt. Auch dafür gibt Ihnen die Tabelle einen Leistungssatz, bei 625,00 € Ist-Entgelt sind das 332,00 €. Die Höhe des Kug ist dann die Differenz von Rechnerischem Soll (675,00 €) und Rechnerischem Ist (332,00 €), ist gleich 343,00 €. Das tatsächliche Entgelt ist dann die Summe von Ist-Entgelt (625,00 €) und Kug (343,00 €), macht ein Gesamt-Entgelt in Höhe von 968,00 €.
Im Web finden Sie auch einen Rechner (https://www.smart-rechner.de/kurzarbeit/rechner.php), mit dem Sie das zwar nicht ganz exakt, aber doch annährend ausrechnen können.
Änderung bei der Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge
Von den Erleichterungen für den Bezug von Kurzarbeitergeld, die der Gesetzgeber beschlossen hat, ist für Arbeitgeber eine besonders wichtig: Die Sozialversicherungsbeiträge für ausgefallene Arbeitsstunden werden jetzt zu 100 Prozent erstattet. Die Beiträge für das tatsächlich erzielte beitragspflichtige Arbeitsentgelt während des Kurzarbeitergeld-Bezugs (den sog. „Kurzlohn“) tragen Arbeitgeber und Beschäftigte paritätisch wie beim regulären Arbeitsentgelt.
Forderung nach einer Erhöhung von bisher 60 auf 90 %
Aktuell fordern Gewerkschaften, das Kug nicht länger mit nur sechzig Prozent (für Kinderlose) bzw. siebenundsechzig Prozent (Beschäftigte mit Kind) des eigentlich gezahlten Lohns zu berechnen, vergleichbar der Berechnung von Arbeitslosengeld, sondern neunzig Prozent des Lohns, der durch die Kurzarbeit nicht vom Chef gezahlt wird, als Kug an die Beschäftigten auszuzahlen. Warum das gerade für den Niedriglohnsektor so wichtig wäre, erläutert beispielsweise der Taxiunternehmer Remmer Witte: „Viele Arbeitnehmer wären bei einer Netto-Einkommensreduzierung um 10- 40 % (je nach Kurzarbeitsanteil) sofort gezwungen, aufstockende Leistungen bei der Agentur für Arbeit zu beantragen, um ihren Verpflichtungen nachkommen zu können. Dieser Verwaltungsakt wird für die Arbeitsagenturen kurzfristig schlichtweg nicht zu stemmen sein und so zu unkontrollierten Reaktionen in der Bevölkerung führen.“
Hinweis der Redaktion: Falls es in Ihrem Betrieb selbst Infizierte geben sollte, hilft der Staat auf Basis des Infektionsschutzgesetzes. Taxi Times hat dazu einen gesonderten Beitrag verfasst.
Hinweis der Redaktion: Taxi Times ist als Sprachrohr der Taxibranche bemüht, seine Leser schnell über alle taxispezifischen Infos zum aktuellen Ausnahmezustand wegen des Corona-Virus zu informieren. Diesen Beitrag sowie auch weitere nützliche Links zum Thema werden wir zusätzlich auch in einer Telegram-Gruppe „Corona-Infoticker“ veröffentlichen. Darin werden rechtliche wie auch gesundheitliche und wirtschaftliche Fragen beantwortet und Tipps veröffentlicht. Um in die Gruppe aufgenommen zu werden, genügt eine kurze Telegram-Nachricht mit dem Hinweis „Aufnahme Corona-News“ an 0178 / 4906506.
Hier wird ja nur der großunternehmer mit Informationen versorgt.Wie ist es denn mit dem Solo selbständigen?
Bitte schauen Sie unter http://www.taxi-times.com, dort finden Sie sehr viele „Corona-Beiträge“, bei denen es nicht nur um Themen der Großunternehmer geht.
Was ist mit Fahrern die prozentual am
Gewinn beteiligt sind? Wird dann von den vorangegangene letzten 3 Monaten der
Brutto Durchschnitt genommen als
KUG-Berechnungsgrundlage?
>>Wird dann von den vorangegangene letzten 3 Monaten der
Brutto Durchschnitt genommen als
KUG-Berechnungsgrundlage?<<
Ich fürchte ja. Womit der Januar als umsatzschwächster Monat das ohnehin magere KUG nochmal deutlich nach unten drücken dürfte.
Tolle Arbeit, Stephan.
Sunny, du solltest einen Stundenlohn oder Festgehalt haben!
Oder wie läuft das bei euch?
Hier tun sich Abgründe auf!!!
Hallo Stephan,
laut Minijob-Zentrale (siehe Startseite) gibt es kein KUG für Minijobber.
Was stimmt den nun?
Für Beschäftigungen, für die bisher kein Arbeitslosenbeitrag abgeführt wurde – also sowohl 450,-Minijobs als auch Werkstudenten, die nur Rentversicherungsbeiträge einzahlen als auch freiwillig Versicherte, die in der gesetzlichen Krankenkassden versichert sind – kann kein Kurzarbeitergeld bezogen werden (diese Information stammt von unserem KUG-Sachbearbeiter bei der AfA).
Minjobber sind als außenvor. Gerade deshalb ist aber auch mir unklar, für welche Beschäftigungsnmodelle dann die genannte „Tabelle-Kug-Berechnung-Minijob“ genutzt werden soll. Weiß da jemand etwas?
Umfassend recherchiert und verständlich vorgertragen.
Chapeau !!
Auch hier wird wieder deutlich, wir kompliziert Rechtsprechung sein kann.
An Daniel:
Selbstverständlich darf die Entlohnung auf Provisionsbasis erfolgen. Die Arbeitszeit ist durch der maximal zulässige Stundezahl begrenzt.
Die gezahlte Provision darf nach Herunterbrechen auf eine Stunde geleistete Arbeitszeit nicht unterhalb des geltenden ML liegen.
Ist das gesamte Taxigewebe systemrelevant oder nur eine bestimmte Anzahl von Fahrzeugen, um eine Grundversorgung zu ermöglichen ? Ich habe dazu noch keine klaren Antworten bekommen.
Wie bei so vielen anderen Dingen gibt es auch hier keine einheitliche Linie. Laut Hans-Peter Kratz von der Taxivereinigung Frankfurt hat Hessen Taxis als systemrelevant eingestuft. Von anderen Bundesländern haben wir noch nichts dergleichen gehört.
Die Mehrwagenunternehmer machen es sich einfach, befreien sich von der Betriebspflicht und schicken die Fahrer in Kurzarbeit.
Die Einzelunternehmer dürfen den Rest übernehmen und die Systemrelevanz erhalten mit 3 Fahrten pro Tag. So ist es zumindest in München.
Völlig indiskutabler Zustand !
Wird der Umsarz bei Kurzarbeit nicht genauso wie beim Arbeitlosengeld aus dem Durchschnitt der letzten 12 Monaten verrechnet. 3 Monate werden doch nur bei der Berrechnung des pauschalisierten Krankengelds heran gezogen? Dann müsste der weitaus bessere Umsatz des letzten Jahres auch mit ein fliesen! Angeblich zahlt doch auch der Arbeitgeber 100 Prozent der Sozialabgaben bei geschlossenem Betrieb? Wieso wird dann aber überall nur der Netto Betrag vom Kurzarbeitergeld ausgezahlt? Alles sehr undurchsichtig diese Berrechnungen. Der Ist Lohn wird zusätzlich mit allen Zulagen verrechnet, der Soll Lohn aber nur vom Grundlohn, wodurch man nicht auf 50 Prozent Unterschied kommt und auch keinen Anspruch auf 80 Prozent Kurzarbeitergeld hat. Ist alles wenig gerecht für die Arbeitnehmer im Taxigewerbe.