Zum 1. Oktober steigt der Mainzer Taxitarif um ca. 11,5 Prozent. Die letzte Tariferhöhung ist sechs Jahre her. Entsprechend hat sich ein großer Nachholbedarf ergeben.
Als Grundgebühr gelten in der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt zukünftig 3,60 Euro, der Kurzstreckenfahrpreis (bis fünf Kilometer) steigt auf 2,60 Euro und der Langstreckenfahrpreis (ab 5 Kilometer) auf 1,80 Euro pro Kilometer. Die Wartezeit, in Mainz berechnet als verkehrsbedingte Wartezeit ohne Karenz, erhöht sich auf 30 Euro pro Stunde.
Die jetzige Tariferhöhung basiert auf einer Forderung der Allgemeinen Funktaxizentrale Mainz e. G. (AFT), der die Stadt Mainz nachkommt. Für die Preisanpassungen wurden mehrere Gründe genannt. Zum einen habe es seit 2015 keine Anpassung der Tarife gegeben. Zum anderen hätte die Corona-Pandemie der Branche zu schaffen gemacht. Vertreter sprächen bundesweit von einem Kundenrückgang von rund 45 Prozent im Jahr 2020.
„Im Zuge von Homeoffice, Lockdowns und dem Ausfall vieler Feste und Veranstaltungen entfielen auch zahllose Taxifahrten – daher hat auch diese Branche dürre Zeiten durchlebt“, wird Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD) vomNachrichtenportal merkurist.de zitiert. Aufgrund gestiegener Betriebs- und Personalkosten bei massiv eingebrochenen Umsatzerlösen habe die AFT schließlich die Anpassung der Tarife gefordert. „Den verständlichen Forderungen der AFT kommt die Stadt Mainz umfänglich mit einer spürbaren Anhebung der Tarife nach, um die Branche in Mainz zukunftsfähig zu halten“.
Unterstützung bei der Festlegung des neuen Tarifs holte sich die Stadt Mainz dabei von einem Gutachterbüro, welches auch einen Blick auf die Verhältnisse der bundesweiten Taxibranche habe. Das von der Stadt Mainz beauftragte Gutachten hatte detailliert ausgeführt, dass die Gesamtkosten der Branche von 2015 bis Mitte 2021 um rund 12,8 Prozent gestiegen seien und somit die anstehende Tariferhöhung vorgeschlagen.
Die rheinland-pfälzische Hauptstadt hat 216.000 Einwohner und es sind hier etwas mehr als 200 Taxis konzessioniert. Nach Angaben der Stadt sind die meisten Taxibetriebe in der Funktaxizentrale Mainz eG organisiert. Im regionalen wie auch im bundesweiten Städtevergleich liegt der neue Mainzer Tarif ab Oktober im guten Durchschnitt. Allerdings macht die aktuelle Mindestlohndynamik mit den vier schnell aufeinanderfolgenden Erhöhungen eine diesbezügliche Einordnung schwer. Es ist derzeit davon auszugehen, dass der Prozess der Tarifanpassung an diese Mindestlöhne in vielen Kommunen schon angestoßen wurde und sich im Realisierungsprozess befindet – und sich somit ein vermeintlich auskömmlicher Durchschnittstarif von heute schon morgen im Bundesvergleich im hinteren Drittel wiederfinden kann.
Die aktuelle Mainzer Tarifanpassung ist insofern sicherlich richtig und wichtig, und es wird auch für die Landeshauptstadt in Rheinland-Pfalz empfehlenswert sein, zukünftig nicht erst sechs Jahre vergehen zu lassen, bevor dort die nächste Tarifanpassung angestrebt wird. Tarifanpassungen von 5 Prozent oder mehr wirken gegenüber der Öffentlichkeit oder der Politik und Verwaltung unseriös, während jährlich 1 oder 2 Prozent, je nachdem, wie sich die Kosten entwickeln, stets als unproblematisch akzeptiert werden, obwohl so im Ergebnis oft noch kräftigere Anpassungen realisiert werden. rw
Anmerkung der Redaktion: Bedenklich erscheint die vom Mainzer Bürgermeister veröffentlichte Begründung, die Tariferhöhung sei auch durch den coronabedingten Kundenrückgang bedingt. Es ist zu hoffen, dass diese Einschätzung nicht auf der Argumentation der lokalen Branche beruht, denn als Reaktion auf Auftragsrückgänge höhere Fahrpreise zu fordern, könnte sich ansonsten sehr schnell zu einem Bumerang entwickeln. Ergibt sich ein langfristiger Auftragsrückgang, muss das Angebot entsprechend reduziert werden, ergeben sich kurz- oder mittelfristige Durststrecken, muss vielleicht Kurzarbeit das Mittel der Wahl sein. Steht das Taxi aber an neun von zehn Stunden herum, darf das Gewerbe nicht erwarten, dass die Kunden in der einen Stunde die Kosten der gesamten Schicht auffangen. Und zum Bumerang wird die Geschichte, wenn Mitbewerber mit Konzessionen nach Paragraf 49 (Mietwagen) und 50 (gebündelter Bedarfsverkehr) das entstehende Vakuum nutzen und so Gewinne erwirtschaften können.
Verwunderlich erscheint im Übrigen auch, dass eine seriöse Recherche über aktuelle Taxitarife, die nicht nur auf dem Hörensagen basiert, bis heute und trotz Internet ein recht aufwändiges Geschäft ist. Ein Gewerbe, welches derzeit sogar über den Luxus zweier Bundesverbände verfügt, sollte diese Verbände im ureigensten Interesse verpflichten, stets aktuelle Tarifübersichten der ca. 350 Kommunen bereitzuhalten. Auch wenn vor ein paar Jahren ein Gewerbeenthusiast auf der Seite www.derInnenspiegel.de eine solche Übersicht erstellt hat und sie bis heute auch möglichst regelmäßig aktualisiert, sollte es doch eigentlich die Aufgabe der Verbände sein, ihre Mitglieder bei der Umsetzung auskömmlicher Tarife zu unterstützen, und es sollte Aufgabe der Mitglieder sein, den Verbänden regelmäßig die aktuellsten Tarife in Form eine Kopie der jeweiligen Verordnung zukommen zu lassen.
Beitragsfoto: Allgemeine Funktaxizentrale Mainz eG
Uber, Free now und Konsorten werden sich ins Fäustchen lachen. Mit dieser Aktion wird man den Kundenrückgang nur noch beschleunigen.
Natürlich.