Genehmigungsbehörden der Landkreise um Berlin sind mit kriminellen Mietwagenbetreibern personell überfordert und fordern Hilfe vom Infrastrukturministerium.
Aktualisierung am 9.6.25 (siehe unten)
Sie betreiben ein Geschäft, das auf Rechtsverstößen beruht, und jeder kann sie täglich auf Berlins Straßen sehen: Von Uber, Bolt oder Bliq vermittelte Mietwagen, an deren Kfz-Kennzeichen oder Ordnungsnummern abzulesen ist, dass immer mehr von ihnen nicht mehr in Berlin konzessioniert sind, sondern in einem der acht angrenzenden Landkreise, der Nachbarstadt Potsdam oder einem sonstigen Genehmigungsgebiet, etwa einer der kreisfreien Städte Brandenburg an der Havel oder Leipzig.
Dass die Fahrer dieser Mietwagen neben zahlreichen Vorschriften der Straßenverkehrsordnung permanent gegen die Rückkehrpflicht für Mietwagen nach Paragraph 49 Absatz 5 des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) verstoßen, liegt auf der Hand, denn ansonsten wäre ihr illegales Treiben nicht denkbar. Dennoch sind die Behörden seit Jahren scheinbar machtlos. Gewerbeverbände sowie Politiker, allen voran Tino Schopf, verkehrspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus von Berlin, kritisieren die Zustände seit Jahren und fordern ein rigoroses Vorgehen gegen die Kriminellen.
Nachdem beim Berliner Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten (LABO) durch Umstrukturierungen und personelle Optimierungen im Laufe des letzten Jahres eine sehr viel effektivere Kontrolle des Gelegenheitsverkehrs erzielt werden konnte und mit anderen Behörden die „AG Schwarzarbeit und Schattenwirtschaft im Mietwagengewerbe“ ins Leben gerufen wurde, flüchten die Kriminellen immer häufiger in das Umland, wo die Aufsichtsbehörden der Landkreise mit deutlich weniger Personal dem Problem gegenüberstehen. Dadurch konnten in kurzer Zeit über 1.600 Mietwagenattrappen aus dem Verkehr gezogen werden, die für ihr illegales Geschäft im Auftrag von Uber oder Bolt nicht einmal regulär als Mietwagen konzessioniert gewesen waren.

Die kriminellen Betreiber, von denen mutmaßlich ein Teil aus dem Taxigewerbe kam und seinerzeit vor der Fiskaltaxameterpflicht in das Mietwagengewerbe geflüchtet war, finden neben den angrenzenden Landkreisen noch weitere „Fluchtwege“ vor den effektiven Berliner Mietwagenkontrollen, darunter auch den zurück in das Taxigewerbe, wo das „Taxameterproblem“ sich vermeintlich mit Hilfe illegaler, also nicht regulär konzessionierter Taxis umgehen lässt – von denen die Behörden kürzlich rund 600 aus dem Verkehr zogen.
Das Hauptproblem mit den illegalen Mietwagen haben jetzt aber die an Berlin angrenzenden brandenburgischen Landkreise. Zur gebündelten Vertretung von deren Interessen existiert in Brandenburg wie in vielen anderen Bundesländern ein Landkreistag. Dieser Verein ersuchte im März das Infrastrukturministerium um Hilfe, das seit Dezember 2024 von Detlef Tabbert vom Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) geführt wird.
Als Reaktion auf den Hilferuf kündigte das Ministerium im April eine Beratung mit den Genehmigungsbehörden im Laufe des Jahres an, ohne einen konkreten Termin zu nennen. Geplant sei ein Austausch, bei dem auch Berliner Behördenvertreter von ihren Erfahrungen berichten sollten.

Wie das Online-Portal „rbb24“ am Wochenende berichtete, hat der Landkreistag darauf jetzt wiederum reagiert. Der Geschäftsführer des Vereins, Dr. Johannes Wagner, hat dem Infrastrukturministerium in einem Schreiben am 22. Mai vorgeworfen, zu zögerlich gegen die Ausbreitung der illegalen Strukturen im Mietwagengewerbe vorzugehen. Das Angebot genüge dem Landkreistag „bei weitem nicht“. Es stehe zu befürchten, dass bei einem solchen Treffen „statt der Entwicklung einer konkreten Strategie und eines entsprechenden Maßnahmenkatalogs“ nur die „hinlänglich bekannte Situation bei den Landkreisen“ abgefragt werde, schreibt Wagner.
Der Landkreistag fordert eine „kurzfristige Strategie“, um der „Ausweitung der Schattenwirtschaft im Mietwagengewerbe“ zu begegnen. Auch Brandenburg müsse wie Berlin eine gemeinsame Arbeitsgruppe von Genehmigungsbehörden, Polizei, Zoll und Finanzämtern aufstellen. Auch müssten die Länder Berlin und Brandenburg eine gemeinsame Datenbank führen, um Personen oder Unternehmen zu erfassen, denen die Konzession schon einmal entzogen wurde.
In dem Brief an Staatssekretärin Ina Bartmann (CDU) kritisiert Wagner das Vorgehen des Ministeriums als „unzureichend.“ Die „Lage vor Ort“ sei ernst und habe sich in den letzten Wochen zusehends verschärft.
Laut dem Schreiben seien in einem Landkreis kürzlich elf weitere Anträge auf Zulassung von etwa 300 Fahrzeugen gestellt worden. Ein anderer Landkreis habe „wöchentlich steigende Antragszahlen mit bis zu 85 Fahrzeugen“ gemeldet. Der Landkreistages befürchte, wie er es überaus vorsichtig formuliert, dass sich unter den Neuanmeldungen auch Firmen befinden, die – wie zuvor in Berlin – ein illegales Geschäftsmodell betreiben „könnten“. Gleichzeitig schreibe das Personenbeförderungsgesetz aber eine sehr zügige Bearbeitung von Genehmigungen vor. „Diesen Spagat zwischen erheblich steigendem Arbeitsaufkommen und dem Erfordernis, durch zügige und akribische Prüfung und intensive Kontrollen gegen illegale Personenbeförderungen vorzugehen“, könnten die Behörden der Landkreise „allein nicht bewältigen“, wird Wagner zitiert.
Der Berliner Verkehrspolitiker Tino Schopf (SPD) sieht sich durch das Schreiben in seiner Sorge bestätigt, dass es dem Infrastrukturministerium in Brandenburg an Problembewusstsein mangele. Schopf will verhindern, dass Brandenburg den gleichen Fehler macht wie Berlin, indem ermöglicht werde, dass ein System der Ausbeutung und des Sozialleistungs- und Steuerbetrugs überhaupt Fuß fassen kann. Schopf plädiert daher ebenfalls für eine gemeinsame Datenbank von Berlin und Brandenburg, mit der Mietwagenfirmen identifiziert werden könnten, die durch illegale Machenschaften aufgefallen seien. ar
Beitragsbild: auswärtige Mietwagen in Berlin; Fotos: Axel Rühle
Aktualisierung am 9.6.25: Wie einem Bericht des rbb vom 9.6.25 zu entnehmen ist, hat das brandenburgische Verkehrsministerium inzwischen reagiert. Man werde am 25. Juni gemeinsam mit Berlin und Vertretern der Landkreise darüber beraten. „Es ist insbesondere eine Herausforderung für die betroffenen Genehmigungsbehörden, die durch die vermehrte Standortverlagerung von Mietwagenunternehmen aus Berlin einer besonderen Arbeitsbelastung ausgesetzt sind“, teilte das Verkehrsministerium gegenüber dem rbb mit.
Wieso wird es nicht über einen Datenbank Deutschland weit gedacht? Ich meine es gibt doch einen Führungszeugnis der Deutschland wir ist oder kann genau so für solche Fälle auch einen Datenbank Deutschland weit geben oder ?
Schläfrig wie die Brandenburger Behörden sind hat die Fahrdienstwelle Berlin bereits komplett überschwemmt. Ist sicherlich dem Beobachter schon aufgefallen . Was für ein Interesse sollte Brandenburg auch haben, dem Treiben ein Ende zu setzen?
Es geht leider immer weiter bergab für das Berliner Taxigewerbe.
Nun, wir kennen doch alle das „Hase und Igel“-Märchen. Der Hase ist hier natürlich die Behörde. Man könnte meinen, dass war alles vor der Novelle des PBefG schon bekannt, dass das alles genauso geschehen wird. Man könnte auch meinen, dass das TSE-Verfahren, mit deren Meter breiten Schlupflöchern für Mietwagen, auch dazu beträgt. Vorschriften, Gesetze und Regeln wirken nicht gegen diese Brut, wenn die Kontrollbehörde nicht arbeitet. Warum auch immer sie das nicht macht. Die Gesetze wurden gemacht, obwohl die Behörden genau wissen, dass sie machtlos sind. Und das ist Vorsatz. Kann die Evulation der Novelle uberhaupt noch eine Hoffnung sein?
wie erklärt es sich eigentlich, daß die allermeisten Plattform“mietwagen“ Toyota-Modelle sind ? Gibt es da Querverbindungen ??
Ja, gibt es: https://taxi-times.com/kooperation-zwischen-toyota-und-uber/