In einem bayerischen Landkreis wird am Sonntag ein neuer Landrat gewählt. Wie stehen die dortigen Kandidaten zu zwei wichtigen Taxithemen?
Teil 1: On-Demand-Verkehre und ÖPNV-Taxi
Im Landkreis Traunstein wird am kommenden Sonntag, 29.6.2025 ein neuer Landrat gewählt. Es ist eine vorgezogene Wahl, weil der bisherige Landrat im Februar in den Bundestag gewählt worden ist. Neun Kandidaten haben sich zur Wahl gestellt, einer davon tritt parteilos an. Traunstein ist von der Fläche her der zweitgrößte Landkreis in Bayern. Er reicht im Süden von den Chiemgauer Alpen über den Chiemsee und den Rupertiwinkel bis nach Norden zur Gemeinde Engelsberg. Weil in Engelsberg auch der Taxi-Times-Verlag seinen Sitz hat, wollte die Redaktion von den Bewerbern um das höchste politische Amt des Landkreises unter anderem wissen, wie sie sich zum Thema ÖPNV-Taxi äußern.
Was im Landkreis Traunstein vorzufinden ist, trifft für viele ländlich geprägte Regionen zu: Eine nur sehr mäßige Infrastruktur des ÖPNV und eine eher dünne Taxi-Verfügbarkeit. In Engelsberg beispielsweise (2.500 Einwohner) gibt es keinen Taxi- oder Mietwagenbetrieb. Dort, wo es Betriebe gibt, sind diese meist nur tagsüber unterwegs und machen hauptsächlich Krankenfahrten. Nachts unter der Woche und am Wochenende tagsüber lohnt es sich in Zeiten von 12,82 Euro (und künftig bald 15 Euro?) nicht mehr, sich permanent zur Verfügung zu halten.
Wer im Landkreis Traunstein außerhalb der gleichnamigen Kreisstadt wohnt, ist auf den eigene Pkw angewiesen – meist pro erwachsenes Familienmitglied ein Auto. Und das wird mangels Alternativen auch dann benutzt, wenn man es eigentlich stehen lassen sollte. Es gibt nahezu keine Ausgabe der örtlichen Tageszeitung, in der im Lokalteil nicht über mindestens eine Trunkenheitsfahrt berichtet wird.
Wie positionieren sich also die Traunsteiner Landratskandidaten zum Ausbau des ÖPNV? Sehen Sie On-Demand-Verkehre als sinnvolle Ergänzung zu schwach besetzten Buslinien? Und ist das Konzept des ÖPNV-Taxi bekannt und eine mögliche Option?
Zugegeben, die Anfrage der Taxi-Times-Redaktion kam erst sehr spät, mitten hinein in die Schlussphase des Wahlkampfes. Das führte dazu, dass manche Kandidaten gar nicht reagierten, andere höflich um Verständnis baten, dass die komplexen Fragen in der Kürze der Zeit nicht zu beantworten seien.
Andere wiederum antworteten sehr umfangreich. Martin Lackner, derzeit noch amtierender Bürgermeister von Engelsberg und als CSU-Kandidat im Rennen, verweist auf einen fertigen Nahverkehrsplan, der auf den drei Säulen „Erhalten, Stabilisieren und Ausbauen“ basiert. Auf den Achsen- und Hauptlinien sollen im Rahmen des 4-Jahres-Plans Taktungen erhöht werden und teilweise neue Linien geschaffen werden.

Parallel dazu greift seit 2022 ein „Förderprogramm für die Umsetzung flexibler Bedarfsverkehre für kreisangehörige Gemeinden des Landkreises Traunstein“, mit dem beispielsweise der Rufbus „RUPI“ ins Leben gerufen wurde.
Das Konzept des ÖPNV-Taxis ist Martin Lackner bekannt, doch der Ausbau der bestehenden Hauptachsen hat Vorrang. Lackner lässt hier jedoch eine Tür offen: „Unabhängig davon ist für mich klar, dass entsprechende Konzepte und Ideen jedoch auch in der Nahverkehrsplanung durch die Fachstellen im Landratsamt einbezogen werden sollen.“
Sepp Hohlweger, Kandidat für die Grünen, (Bild: siehe Beitragsfoto)betonte in seiner Antwort, dass ein leistungsfähiger, verlässlicher und flexibler öffentlicher Nahverkehr für die Region essenziell sei – sowohl für junge Menschen, Familien als auch ältere Mitbürgerinnen und Mitbürger. Er plädiert für den Ausbau des bestehenden Linienangebots sowie einer höheren Taktung. Im Bereich der On-Demand-Verkehre verweist Hohlweger ebenfalls auf bereits bestehende Pilotprojekte wie RUPI, TRAUDL und andere. „Ich halte es für wichtig, bestehende Erfahrungen zu evaluieren und weitere, bedarfsorientierte Angebote zu fördern“, schreibt der Grünen-Kandidat.
Das Konzept des ÖPNV-Taxis sei ihm bekannt. „Ich sehe darin ein großes Potenzial für den Landkreis Traunstein. Eine Einführung – angepasst an die lokalen Gegebenheiten – kann insbesondere für abgelegene Ortsteile eine echte Mobilitätsalternative darstellen. Hohlweger gibt aber auch zu bedenken, dass ein solches Modell finanziell gut abgesichert und sorgfältig mit den Taxi- und Mietwagenbetrieben abgestimmt werden muss. Man sei hier noch nicht einmal am Anfang einer ernsthaften Diskussion. Für den Fall einer Wahl zum Landrat wäre der Grünen-Kandidat bereit, das Thema zu vertiefen.

Auch Dr. Ute Künkele, Landratskandidatin für die Ökologisch-demokratische Partei (ÖDP) äußert sich gegenüber Taxi Times zu diesem Themenkomplex. In einem Flächenlandkreis wie Traunstein sei eine Versorgung der Bevölkerung mit einem attraktiven ÖPNV sehr anspruchsvoll. Die ÖDP-Kandidatin befürwortet Rufbus-Konzepte wie den Traunreuther Rufbus, die bereits sehr gut angenommen werden. Das ÖPNV-Taxi ist für Künkele keine Lösung, da es dafür keine Taxis gäbe, zumindest nicht Samstag und Sonntag in der Früh.

Johann Martz tritt für „Die Linken“ als Landratskandidat an. Er spricht sich ganz klar für den ÖPNV-Ausbau aus und verweist auf den fertigen Nahverkehrsplan, auch wenn der allerdings erst Ende 2029 umgesetzt werden soll. Diesen Prozess möchte der Linken-Politiker beschleunigen.
Beim ÖPNV-Taxi nennt Martz die Schwachstellen, die vor einer Einführung behoben werden müssten. „Mit dem Taxi dem Bus hinterher fahren kann keine Option sein. Auch scheint mir unklar wie die Taxi in Warteposition vergütet werden.“
Alles in Allem sei das ÖPNV-Taxi aber ein Konzept, das eine Machbarkeitstudie wert wäre. jh
Lesen Sie im zweiten Teil: Wie positionieren sich die Traunsteiner Landratskandidaten zu Mindestbeförderungsentgelten für Mietwagen als Instrument zur Vermeidung von Dumpingpreisen bei Krankenfahrten und wie stehen Sie zum gesetzlichen Mindestlohn von 15 Euro?
Beitragsfoto: Das Beitragsfoto zeigt Sepp Hohlweger als Zitatgeber der Headline